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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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meinerseits gegenüber meinen Mitarbeitern und der Siedlungskundschaft, mit welcher ich von allem Anfang an in bestem Einvernehmen gewesen war und in gegenseitigem
Einverständnis
. Ich hatte nicht die geringste Schwierigkeit in der Unterhaltung und im Umgang mit den Einwohnern der Scherzhauserfeldsiedlung. Bald war mir der Schauplatz, auf welchem ich jetzt tagsüber existierte und arbeitete, vertraut. Nach und nach lernte ich fast alle Bewohner kennen, naturgemäß zuerst die Frauen der Fabrik- und Kohlen- und Straßen- und Eisenbahnarbeiter und deren Kinder. Ich kam, zuerst, weil ich ihnen beim Nachhausetragen zu schwer gewordener Einkäufe half, in ihre Behausungen. Ich lernte die Innenwelt der Scherzhauserfeldsiedlung kennen, indem ich volle Einkaufstaschen oder ganze Fünfzigkiloerdäpfelsäcke in die verschiedenen Blöcke schleppte, nicht ohne während der vielen Unterhaltungen meine Beobachtungen zu machen. Ich lernte über die in den Keller gekommenen Frauen und Kinder die zuhause auf sie wartenden Männer kennen, die zuhause wartenden Neugeborenen oder Greise, und es war mir bald jeder Block, den ich längst von außen kannte, auch von innen bekannt. Und ich lernte die Sprache, die in der Scherzhauserfeldsiedlung gesprochen wurde, kennen, eine ganz andere Sprache als die Sprache, die ich von zuhause oder die ich aus der Stadt kannte, ja eine ganz andere Sprache in der Scherzhauserfeldsiedlung als im übrigen Lehen, die in der Scherzhauserfeldsiedlung haben eine intensivere, deutlichere Sprache gesprochen als die in Lehen, und bald war ich in der Lage, mit den Leuten aus der Scherzhauserfeldsiedlung
ihre
Sprache zu sprechen, weil ich in der Lage gewesen war,
ihre
Gedanken zu denken. Hier waren alle in Wartestellung, und das Denken in der Scherzhauserfeldsiedlung war ein Denken in Wartestellung. Die Scherzhauserfeldsiedlung war der tagtägliche fürchterliche Schönheitsfehler in dieser Stadt, und die Stadtväter waren sich dieses Schönheitsfehlers vollkommen bewußt, immer wieder tauchte die Scherzhauserfeldsiedlung als dieser Schönheitsfehler Salzburgs in den Spalten der Tageszeitungen auf in Form von Gerichtsberichten oder in Form von Landesregierungsbeschwichtigungen. Und die Bewohner dieses Salzburger Schönheitsfehlers waren sich der Tatsache, daß sie insgesamt den Schönheitsfehler Salzburgs darstellten, bewußt. Immer mehr waren sie zu diesem Schönheitsfehler geworden, hier war alles zu finden, was die Stadt zu verschweigen oder zu vertuschen versuchte, alles, was der normale Mensch flieht, wenn er in der Lage ist, es zu fliehen, hier war der Schmutzfleck Salzburgs, und auch heute noch ist die Scherzhauserfeldsiedlung dieser Salzburger Schmutzfleck, dessen sich die ganze Stadt schämt, wenn sie daran erinnert wird, ein einziger Schmutzfleck aus Armut und also ein Schmutzfleck, zusammengesetzt aus Hunger, Verbrechen und Dreck. Diese Leute aber hatten sich längst mit ihrem Schmutzfleck abgefunden, sie waren in Wartestellung, aber im Grunde erwarteten sie nichts mehr, sie waren aufgegeben, vergessen, immer wieder beschwichtigt worden und wieder vergessen worden, man redete immer nur vor den politischen Wahlen von der Scherzhauserfeldsiedlung, von dem Salzburger Schmutzfleck, aber nach den Wahlen war der Schmutzfleck mit der Regelmäßigkeit der Wahlen wieder vergessen, die Bewohner der Scherzhauserfeldsiedlung hatten in jahrzehntelanger Leidensgemeinschaft und unter dem tödlichen Druck der Verachtung aller übrigen Salzburger, für die allein die Erwähnung des Begriffes Scherzhauserfeldsiedlung einen bösartigen Schmerz in der Magengrube bedeutete, ihren eigenen Stolz entwickelt, sie waren stolz auf ihr Schicksal und auf ihre Herkunft, und sie waren, wenn es darauf ankam, stolz auf ihren Salzburger Schmutzfleck, der gleichzeitig
der größte Schandfleck der Stadt
(Salzburger Volksblatt) gewesen ist. In der Scherzhauserfeldsiedlung zu wohnen, bedeutete, mitten in einem Schmutz- und Schandfleck zu wohnen, hier, so die Meinung der ganzen Stadt, existierten die Aussätzigen, und von der Scherzhauserfeldsiedlung zu sprechen, bedeutete nichts anderes, als von Verbrechern, genauer, von Zuchthäuslern und von Trunksüchtigen und tatsächlich von trunksüchtigen Zuchthäuslern zu sprechen. Die ganze Stadt machte einen Bogen um die Scherzhauserfeldsiedlung, aus der Scherzhauserfeldsiedlung zu kommen und etwas zu wollen, bedeutete das Todesurteil. Als Verbrecherghetto bezeichnet, war die

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