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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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Furchtbares und etwas Entsetzliches und etwas Unmenschliches und etwas ganz und gar Grauenhaftes mitteilt, glaubten sie es nicht, sie wollten es nicht hören und bezeichneten, wie sie das immer getan hatten, die entsetzliche Wahrheit als Lüge. Aber man darf nicht aufhören, ihnen die Wahrheit zu sagen, und die furchtbaren und die entsetzlichen Wahrnehmungen, die man macht, dürfen unter keinen Umständen verschwiegen oder auch nur verfälscht werden. Meine Aufgabe kann nur sein, meine Wahrnehmungen mitzuteilen, gleichgültig, wie die Wirkung ausfällt, immer die Wahrnehmungen, die mir mitteilenswert erscheinen, zu berichten, was ich sehe oder was ich, in der Erinnerung, noch heute sehe, wenn ich, wie jetzt, dreißig Jahre zurückschaue, vieles ist nicht mehr klar, anderes
über
deutlich, als ob es gestern gewesen wäre. Um sich zu retten, glauben die Angesprochenen nicht, und sie glauben oft nicht das Natürlichste. Der Mensch verweigert sich der Störung durch den Störenfried. Ein solcher Störenfried bin ich zeitlebens gewesen, und ich werde immer der Störenfried sein und bleiben, als welcher ich immer von meinen Verwandten bezeichnet worden bin, schon meine Mutter hatte mich, soweit ich zurückdenken kann, einen Störenfried genannt, mein Vormund, meine Geschwister, ich bin immer der Störenfried geblieben, in jedem Atemzug, in jeder Zeile, die ich schreibe. Meine Existenz hat zeitlebens immer gestört. Ich habe immer gestört, und ich habe immer irritiert. Alles, was ich schreibe, alles, was ich tue, ist Störung und Irritierung. Mein ganzes Leben als Existenz ist nichts anderes als ununterbrochenes Stören und Irritieren. Indem ich aufmerksam mache auf Tatsachen, die stören und die irritieren. Die einen lassen die Menschen in Ruhe und die andern, zu diesen andern gehöre ich, stören und irritieren. Ich bin kein Mensch, der in Ruhe läßt, und ich will kein solcher Charakter sein. Heute über die Scherzhauserfeldsiedlung zu schreiben, ist eine Störung der Stadtverwaltung von Salzburg, und ich irritiere, wenn ich mich der Scherzhauserfeldsiedlung erinnere. Ich erinnere mich meiner Lehrzeit, der wichtigsten Zeit meines Lebens, wie ich glaube, und naturgemäß erinnere ich mich der Menschenvorhölle, als welche ich für mich die Scherzhauserfeldsiedlung immer bezeichnet habe. Ich habe nicht gesagt, ich gehe in die Scherzhauserfeldsiedlung, wenn ich in die Scherzhauserfeldsiedlung gegangen bin, sondern ich habe gesagt, ich gehe in die
Vorhölle
. Jeden Tag trat ich in die Vorhölle ein, die von der Salzburger Stadtverwaltung für ihre Ausgestoßenen gebaut worden ist. Wenn es die Vorhölle gibt, habe ich mir damals gesagt, so sieht sie aus wie die Scherzhauserfeldsiedlung. Damals habe ich noch an die Hölle geglaubt, da ich heute nicht mehr an die Hölle glaube, war die Scherzhauserfeldsiedlung die Hölle, etwas Schlimmeres konnte es für die Bewohner der Scherzhauserfeldsiedlung nicht geben. Für alle diese Menschen gab es keine Rettung, und ich sah sie tagtäglich zugrunde gehen, Alte und Junge, sie hatten Krankheiten, von welchen ich niemals gehört hatte und die alle tödliche Krankheiten gewesen waren, und sie hatten Verbrechen begangen, die die furchtbarsten Verbrechen sind. Die meisten wurden in Fetzen hineingeboren und starben in Fetzen. Ihre lebenslängliche Kleidung war der Schlosseranzug. Sie machten in ihrem Wahnsinn Kinder und töteten diese Kinder in ihrer fortgeschrittenen Verblödung als Folge ihrer latenten Verzweiflung. An manchen Tagen atmete ich nichts als den Geruch all derer ein, die in der Scherzhauserfeldsiedlung bei lebendigem Leibe verfaulten. Ein Zufall, so dachte ich, hat mich in die Vorhölle (die Hölle) geführt. Wer die Vorhölle (die Hölle) nicht kennt, ist ein Ahnungsloser, ein Inkompetenter. Die Wahrheit, denke ich, kennt nur der Betroffene, will er sie mitteilen, wird er automatisch zum Lügner. Alles Mitgeteilte kann nur Fälschung und Verfälschung sein, also sind immer nur Fälschungen und
Ver
fälschungen mitgeteilt worden. Der Wille zur Wahrheit ist, wie jeder andere, der rascheste Weg zur Fälschung und zur
Ver
fälschung eines Sachverhalts. Und eine Zeit, eine Lebens-, eine Existenzperiode aufzuschreiben, gleich, wie weit sie zurückliegt, und gleich, wie lang oder kurz sie gewesen ist, ist eine Ansammlung von Hunderten und von Tausenden und von Millionen von Fälschungen und
Ver
fälschungen, die dem Beschreibenden und Schreibenden alle als Wahrheiten und als nichts

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