Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
erschien wieder im Zimmer.
„ Die Flughäfen werden informiert und kontrolliert“, sagte er knapp und nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz.
„ Das Gartengrundstück“, brachte Anke sich wieder ein, „erinnern Sie sich? Ich hatte sie das letzte Mal danach gefragt. Vielleicht ist er ja dort.“
„ Wir wissen nach wie vor von keinem Gartengrundstück“, maulte Albrecht. Er schien verärgert, ob nun über sich selbst oder über seine Bonner Kollegen, konnte Anke nicht einschätzen. Sie ignorierte seine Gemütsverfassung.
„ Es gibt eines.“
Sie breitete den Lageplan vor ihm auf dem Schreibtisch aus und tippte mit dem Zeigefinger auf die markierte Parzelle.
„Es läuft auf den Namen von Viktor Vronhoffs Frau, Petra Zellmeiser. Sie ist seit Jahren verschwunden, aber vielleicht finden Sie ja ihre Knochenteile dort, wie die all der anderen Opfer.“
Albrecht sah sie an, als höre er nicht recht.
„Was sagen Sie da? Knochenteile?“
Anke berichtete ihm, nicht ohne sichtbaren Stolz, was sie herausgefunden hatte und von Dr. Brettschneider in Bonn bestätigt wurde.
„Hier ist seine Telefonnummer.“
Albrecht wählte unverzüglich die ihm überreichte Nummer und lauschte schweigend mit unbeweglicher Miene. Anke hatte es vorgezogen, bisher zu stehen, aber nun ließ sie sich ein wenig abgespannt auf einem der Stühle vor Albrechts Schreibtisch nieder. Wie konnte sie Cara finden?, überlegte sie während Albrecht telefonierte.
Nach Beendigung des Gespräches stand Albrecht wortlos auf und ging zur Tür. Anke nahm aus den Augenwinkeln seine Handbewegung wahr und sofort erschienen zwei weitere Beamte. Albrecht übergab ihnen den Lageplan und ordnete eine gründliche Untersuchung des Gartengrundstücks an. Anke zog hörbar die Luft ein. Sie schloss für einen Moment die Augen. Diesmal brauchte er wohl seinen Vorgesetzten nicht mehr zu fragen, dachte sie.
„ Frau Journalistin“, drang es bestimmt an ihr Ohr.
Anke riss sogleich die Augen wieder auf.
„Was Sie da auf eigene Faust veranstaltet haben, war gefährlich, aber meine Hochachtung und meine Verärgerung darüber ist Ihnen gewiss.“
Er nickte einige Male zur Bestätigung seiner Worte. Aber Anke berührte nur das Wort Hochachtung. Sie wusste aus Erfahrung, dass journalistische Recherchen im kriminalistischen Bereich den involvierten Ermittlern oftmals ein Dorn im Auge sind.
„Ja, dann“, sie stand auf, übergab Albrecht ihre Visitenkarte und reichte ihm die Hand.
„ Wenn Sie mich brauchen, stehen alle Telefonnummern drauf und viel Erfolg. Auf Wiedersehen.“
Schon fast aus der Tür hörte sie Albrecht ihre letzten zwei Worte brummen.
„ Und?“, fragten Holger und Wolf gleichzeitig, die im Auto auf sie gewartet hatten. Anke grinste. „Wie sagte Callisto Chaos, Panik und Verwüstung, meine Arbeit ist hier getan. “
„ Übertreibst du nicht ein bisschen“, fragte Wolf sie mit einem offen taxierenden Blick.
„ Was hast du gegen ein bisschen Humor?“, antwortete Anke bissig.
Wolf holte Luft. „Also ...“
„Wohin jetzt?“, unterbrach Holger.
„ Ins Hotel, dann bist du erst mal entlassen.“
Sie war in Gedanken schon bei ihrem Artikel. Von Berlin aus stand sie, sowohl über Handy als auch über Email in ständigem Kontakt mit der Bonner Redaktion.
Mit glühenden Wagen saß sie an dem kleinen runden Hoteltisch vor ihrem Notebook, flankiert im Rücken von Wolf mit einem leisen, verständnislosen Grunzen in der Kehle.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass er sie opfert? Das ist doch vollkommen unmoralisch. Er ist immerhin ihr Vater.“
Anke sah auf.
„Satanisten akzeptieren keinerlei Moral oder Grenzen. Außer den selbst gestrickten, egal, wie dunkel und böse sie der Umwelt auch erscheinen mögen. Und verwandtschaftliche Bande, also jegliche menschlichen Gefühle als auch Ethik lösen sich unter der strengen Form des Satanismus auf. Das heißt also im Klartext, die sozialen und familiären Bindungen verschwinden völlig.“
„ Du kennst dich wirklich mehr als gut aus.“
„ Hab ich auch nur in einem Fachartikel über Sekten gelesen.“
Sie wandte sich wieder ihrem Artikel zu. Mit Hochgeschwindigkeit rasten ihre Finger über die Tastatur und bildeten auf dem Bildschirm eine endlose Schlange von Wörtern. Wieder einmal war sie ihren Eltern dankbar, die sie als junges Mädchen ungnädig in einen Schreibmaschinenkurs der Volkshochschule geschickt hatten und sie nicht ein Zweifingerlangsamschreiber war wie
Weitere Kostenlose Bücher