Die Baeren entdecken das Feuer
Wo-Wann-Band.«
»Was bist du?«
»Kein Was. Ein Wo-Wann-Punkt.«
»Wann wird die Kommunikation stattfinden?« fragte Hvarlgen.
»Bald.« Er wiederholte sich. Wir alle wiederholten uns. War das nur meine Einbildung, oder sah der Schatten wirklich müde aus?
Hvarlgen, die sehr demokratisch war, drehte ihren Rollstuhl den Lunies entgegen, die sich an der Tür und auf dem zweiten Bett versammelt hatten. »Hat jemand von Ihnen eine Frage?«
Das war nicht der Fall.
Es trat ein langes Schweigen ein, und der Schatten begann zu verblassen. Ich hatte den Eindruck, als sehe ich ihn zum letzten Mal, und ich empfand ein Gefühl des Verlustes. Schließlich war es mein Bild, das dort verblaßte…
›Warte!‹ wollte ich rufen. ›Rede!‹ Doch ich sagte nichts. Bald war der Schatten zurück in seiner Schüssel.
»Ich brauche ein wenig Schlaf«, bat Dr. Kim und nahm einen Schuß FriedFind.
»Kommen Sie, Major«, sagte Hvarlgen. Zusammen mit den Lunies verließen wir den Raum.
Ich machte mir selbst ein Mittagessen und sah danach mit den Lunies ein bißchen Bonnie und Clyde. Genau wie sie hatte ich genug vom Mond. Ich hatte genug von dem Schatten und war des Wartens sowohl auf die Kommunikation als auch auf die Diana überdrüssig – beides waren Ereignisse, auf die wir keinen Einfluß hatten.
Ich machte einen Spaziergang durch den wenig benutzten Randtunnel, der von Süd über West nach Nord führte. Hier war es kalt, und es roch muffig. Über mir sah ich ein neues, unvertrautes Licht. Ich eilte nach West und hatte eine bestimmte Vermutung, was es war. In einer Entfernung von vierzig Kilometern wurde der zerklüftete Rand des Korolev-Kraters, dessen 17.000 Fuß hohe Gipfel an seinem westlichen Ende, vom Sonnenlicht berührt.
Die Morgendämmerung war noch einige Stunden entfernt, doch sie hatte bereits die Spitzen der namenlosen Berge getroffen, die vor dem Himmel so hell wie ein neuer Mond strahlten, wie der Mond des Mondes, und sie warfen vorübergehend Schatten auf den Grund des Kraters zurück. Alles schien auf den Kopf gestellt.
Ich stand dort stundenlang, wie mir schien, und beobachtete dieses Schauspiel. Die Dämmerung kam so langsam herauf wie der Stundenzeiger einer Uhr, und mir wurde kalt.
Von West nahm ich die Abkürzung durch Ost, obwohl ich nicht dorthin eingeladen worden war. Hvarlgen telefonierte noch immer. Ich wollte unbedingt mit jemandem reden. Vielleicht war Dr. Kim wach.
Die Krankenstation roch wie ein Heufeld in Tennessee und brachte plötzlich Erinnerungen an Kindheit und Sommer zurück. Der Schatten stand in den Schatten unter der Magnolie und sah erschöpft aus. Es kam mir so vor, als vergehe er langsam, genauso wie ein alter Mensch.
Dr. Kim starrte hinauf zu den Sternen. Die Sprühflasche war seinen Fingern entglitten und lag auf dem Boden. Er war tot.
Dr. Kim hatte vier Telefonnummern in einem Umschlag hinterlassen, der die Aufschrift ›Sunda‹ trug, zusammen mit einigen Anweisungen. Eine davon lautete, daß die betreffenden Personen sofort nach seinem Tod benachrichtigt werden sollten, obwohl sie in vier verschiedenen Zeitzonen über die Erde verstreut lebten. Es waren seine Kinder. Die meisten von ihnen wurden aus dem Schlaf gerissen, doch sie waren nicht überrascht; Dr. Kim hatte ihnen schon Lebewohl gesagt.
Als ich Hvarlgen dabei beobachtete, wie sie die Anrufe erledigte, spürte ich zum ersten Mal seit vielen Jahren die Sehnsucht nach einer Familie, die mir versagt geblieben war. Ich ging vom Grand Central zurück nach Ost. Dr. Kims Körper war in die Luftschleuse gebracht worden, damit der Druck langsam verringert werden konnte, und das Zimmer in der Krankenstation war leer, mit Ausnahme des Schattens, der still wie ein Trauernder am Fußende des Bettes stand. Ich legte mich auf Dr. Kims Bett, schaute durch die Blätter der Magnolie hoch und versuchte mir vorzustellen, was seine Augen als letztes gesehen hatten. Das Licht der Morgendämmerung hatte die Kuppel noch nicht berührt, und die Galaxien hingen im Himmel wie Funken aus einer brennenden Stadt.
Hvarlgen kam, um mich abzuholen, und wir hielten einen kurzen Gottesdienst im Grand Central. Dr. Kims Leichnam befand sich noch in der Luftschleuse, doch die Taschenbuchausgabe von Dantes Werken und die Sprühflasche auf dem Tisch repräsentierten ihn. Die Lunies nahmen in Schichten teil, denn sie bereiteten die Station für unseren Besuch vor. Hvarlgen las etwas in Altnordisch vor, dann etwas in Koreanisch, dann ein
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