Die Ballonfahrerin des Königs
recht. Marie-Provence wurde klar, dass sie dem Ballon zu viel Gas entzogen hatte. Sie überquerten gerade ein größeres
Waldstück.
André deutete nach vorne. «Dort drüben, das Weideland hinter dem Wald. Bis dahin müssen wir es schaffen.»
«Soll ich Ballast abwerfen?», fragte sie.
«Ja, beeil dich.»
Der Abwurf bremste die Abwärtsfahrt des Ballons, stoppte sie aber nicht. Bald streiften sie die ersten Baumkronen. Kaum dass
sich das Gewicht des Korbes auf ein paar stärkere Ästen verteilte, hob der entlastete Ballon wieder ab, nur um ein paar Schritte
weiter wieder zu sinken. Immer wieder schoben Marie-Provence und André Zweige und Blattwerk zurück, und schließlich gelang
es ihnen, den Korb freizuhalten, sodass sie irgendwann, getrieben von einer leichten Brise und immer wieder auf- und absteigend,
die Wiese erreichten. Als sie endlich die letzte Laubkrone hinter sich hatten, öffnete Marie-Provence erneut das Ventil.
Ihre Ankunft verbreitete Entsetzen: Ein Dutzend Schafe galoppierte laut blökend davon. Drei Männer, die in der Nähe rasteten,
griffen zu ihren Forken und sprangen auf ihre Beine, um kurz darauf im Wald zu verschwinden. Endlich streifte der Korb den
Boden. Als der
Intrépide
auf der Wiese aufsetzte, schoss ein Gefühl unglaublicher Erleichterung durch Marie-Provence’ Adern. Egal, was jetzt kommen
würde – schlimmer als die letzten zwei Stunden konnte es kaum noch werden.
Die Zeit sollte sie allerdings eines Besseren belehren.
Eine halbe Stunde später wurden sie abgeholt. Fünfzehn bis an die Zähne bewaffnete Reiter sprengten direkt auf |407| den in der Abendsonne leuchtenden Ballon zu. André trat vorsichtshalber zurück, in dessen Schatten. Er hatte keine Ahnung,
wie diese Royalisten auf seine unerwartete Anwesenheit reagieren würden – sein Abenteuer in Maisons hatte ihn Vorsicht gelehrt.
«Marie!» Guy de Serdaines gebräuntes Gesicht strahlte, als er die Arme öffnete. Seine Tochter warf sich hinein. «Ich kann
es nicht fassen! Du hast es geschafft!» Er sah sich um. «Wo ist er?»
Marie-Provence deutete wortlos zur Seite, auf das am Boden hockende Kind, das trotz der Wärme noch immer in seine Decke eingewickelt
war und den Taubenkäfig an sich presste.
Guy de Serdaine riss sich den Hut vom Kopf. Seine Begleiter machten es ihm nach. Mit einer Eleganz, die André wider Willen
bewunderte und den Soldaten zwanzig Jahre jünger erscheinen ließ, legte Serdaine ein Knie zu Boden und senkte den Kopf. Die
anderen Männer taten es ihm gleich.
«Sire! Meine Lippen vermögen nicht die Freude zum Ausdruck zu bringen, die mein Herz empfindet. Es ist heute ein Jubeltag,
der erste Tag einer neuen Ära.» Er hob eine Faust und rief: «Denn Frankreich hat wieder einen König!» Hochrufe trugen seine
Worte fort. Serdaine sah das Kind eindringlich an. «Sire, hinter diesem Wäldchen steht eine Kutsche verborgen, für die Weiterfahrt.
Wenn Sie es erlauben, würde ich Sie jetzt gerne bis dahin auf meinem Pferd mitnehmen.»
«Haben Sie auch ein Pferd für mich?», fragte André und trat hervor.
Serdaines Augen verengten sich. «Was macht dieser Mann hier?», fragte er scharf.
Marie-Provence hielt seinem Blick stand. «Es gab einen Vorfall bei der Befreiung, Vater. André wurde dabei verletzt und der
Fallschirm beschädigt. Ich musste ihn mitnehmen!»
André lächelte zynisch. So schnell wurde man vom vielumjubelten Helden zum lästigen Anhängsel. «Es tut mir außerordentlich
leid, dass ich mich nicht an Ihre Pläne gehalten |408| habe, Chevalier. Doch vielleicht lag es daran, dass ich nicht in sie eingeweiht war.»
«Sie wollten nicht eingeweiht werden», gab Serdaine knapp zurück. «Meine Tochter hat nichts unversucht gelassen, um Sie zu
gewinnen.»
«Das hat sie in der Tat», stieß André bitter aus. «Ich hätte nie gedacht, dass eine Frau so weit gehen würde.»
Marie-Provence erbleichte, doch sie presste die Lippen aufeinander und schwieg.
«Seid ihr bei der Landung gesehen worden?», fragte Serdaine, während er das Kind in den Sattel hievte und hinter ihm aufstieg.
«Ein paar Bauern sind geflohen», antwortete Marie-Provence.
«Dann müssen wir uns beeilen», sagte Serdaine. «Sie werden in ihr Dorf gerannt sein, und bald wird die ganze Gegend Bescheid
wissen, wo der Ballon gelandet ist. Lasst uns losreiten – en selle!» André herrschte er an: «Na, was ist, wollen Sie von einem
der Männer mitgenommen werden?»
«Habe
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