Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
Vom Netzwerk:
auf sie herniederschwebt. Das Glück
     eines Winters.
    «Er ist schön, nicht wahr, citoyenne?» Ein Offizier lächelte sie an. Auf den Knöpfen seiner Uniformjacke prangten goldene
     Montgolfieren. Weitere Männer machten sich, nachdem sie Marie-Provence neugierig beäugt hatten, an den Seilen zu schaffen.
    «Sie tun recht daran, die letzte Gelegenheit zu nutzen, ihn sich anzusehen.» Der Offizier verbeugte sich. «Gestatten Sie,
     dass ich mich vorstelle: Capitaine Justin. Ich befehlige diese Kompanie.»
    «Marie Duchesne», antwortete Marie-Provence vorsichtig. Sie runzelte die Stirn. «Die letzte Gelegenheit, sagten Sie? Was haben
     Sie vor mit dem Ballon?»
    «Es ist das Los der Armee, weiterzuziehen. Wir werden gebraucht: Es heißt, es gebe einen letzten Tross von Chouans, der im
     Hinterland herumirrt, angeführt von ihrem gewieftesten Führer, Georges Cadoudal. General Hoche hat sich auf den Weg in Richtung
     Saint Brieuc gemacht, und die Kompanie der Luftfahrer folgt ihm. Gleich morgen brechen wir in aller Frühe auf. Ich bin sicher,
     unser Ballon wird von unschätzbarem Wert sein, wenn es darum geht, die Rebellen auszumachen. All ihre Geheimwege werden ihnen
     nichts nutzen, wenn wir sie von oben im Blick behalten.»
    Marie-Provence verspürte einen Stich. War der
Intrépide
|558| wirklich dazu verdammt, Tod und Unglück über die Königstreuen zu bringen? «Ich bin wirklich froh, ihn noch einmal gesehen
     zu haben, bevor Sie ihn einpacken», sagte sie bedrückt.
    «Wir packen ihn nicht ein. Wir führen ihn mit uns, an Leinen. Das Befüllen vor Ort ist zu umständlich, und viel langsamer
     als die Infanterie werden wir auch nicht sein, obwohl wir natürlich nicht alle Wege benutzen können, die die Armee einschlägt.
     Schluchten und Wälder sind nichts für uns.» Er zwirbelte seinen Schnurrbart. «Leider habe ich jetzt keine Zeit mehr, aber
     wenn Sie das Thema interessiert – heute Abend feiern wir ein Abschiedsfest. Ich würde mich freuen, Sie dort zu sehen. Dann
     könnte ich all Ihre Fragen beantworten.»
    «Darf ich näher ran?», fragte Marie-Provence.
    «Wenn Sie möchten», antwortete Justin überrascht.
    Marie-Provence trat zwischen die Soldaten der
compagnie d’aérostiers
, die damit beschäftigt waren, eine Vielzahl von Halteseilen strahlenförmig an die zwei Stränge zu knüpfen, die an der Netzkappe
     des Ballons hingen. Sie achtete nicht auf die Männer, sondern ließ ihre Finger über den Korb gleiten.
    «Das, was Sie da sehen, ist die Ventilklappe. Sie funktioniert wie   …»
    Doch Marie-Provence hörte Justins Erklärungen nicht zu. Sie dachte an Charles’ Flucht, an die Angst und Verstörtheit des Jungen,
     an Andrés Wut, als er blutüberströmt in diesen Korb gestiegen war. Sie hob den Blick. Die Seide wölbte sich über ihrem Kopf,
     der Ballon zog an den Seilen. Er strebte fort, sie spürte seine Anspannung, seinen Unwillen, gefesselt und gebändigt der Willkür
     dieser Menschen ausgeliefert zu sein. «Adieu. Ich wünsche dir nur das Beste. Auf dass Wind und Götter dir zur Seite stehen
     und Sturm und Wolken vertreiben», flüsterte sie. «Auf sanfte Landungen und dass deine Ziele dich nicht enttäuschen.»
    «Was sagen Sie da?», fragte Justin.
    Statt zu antworten, drehte sie sich um, ging zu ihrem mageren |559| Maultier und saß auf. Auf dem Heimweg wischte sie sich immer wieder über die Wangen und ärgerte sich über sich selbst. Sie
     hatte sich Trost von diesem Ausflug erhofft, hatte darauf vertraut, dass der Anblick des
Intrépide
ihr Kraft schenken würde. Stattdessen hockte sie nun auf ihrem Reittier, überwältigt von Erinnerungen und ratloser als zuvor.
    Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie in sich versunken dahingetrottet war, als ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit erregte.
     Das Schlagen von Hufen und das unverkennbare Poltern einer Kutsche in voller Fahrt wurden lauter. Marie-Provence lenkte ihr
     Maultier an den Wegrand, und schon hüllte ein Reisewagen sie in eine dichte Staubwolke. Vier Pferde waren ihm vorgespannt,
     ein Luxus bei der herrschenden Knappheit an Zugtieren. Marie-Provence wollte gerade ihren Weg fortsetzen, als der Wagen, der
     sie überholt hatte, unter lautem Rufen des Kutschers hielt. Überrascht sah sie sich um.
    Der Schlag öffnete sich, und eine herrische Stimme rief: «He, du da, komm mal her!»
    Marie-Provence zögerte.
    Da sprang ein Mann aus dem Wagen. «Sie ist es, Herr», rief er. «Die Frau würde ich überall

Weitere Kostenlose Bücher