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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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Brust?
    «Also, es handelt sich um diesen Raum hier», erklärte Jomart. Als Levallois sich nicht rührte, grinste Jomart. «Monsieur Levallois,
     ich gebe zu, dass die Farbe dieser Mauern abstoßend ist. Dennoch wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn es Ihnen gelänge, sich
     ein paar Sekunden loszureißen von dem sehr viel reizenderen Anblick, der Ihnen gerade geboten wird.»
    ***
    Als André die île de la Cité verließ und den Weg nach Hause antrat, war die Welt eine andere. Die Bäume waren grüner als noch
     vor einer Stunde, die Luft war erfüllt von köstlichen Düften, die Menschen lächelten ihm zu. Was für eine herrliche Stadt
     – was für ein wundervolles Land! Er wollte die Leute umarmen, die Kinder beschenken. Aus lauter Übermut lief er ein paar Schritte,
     und als ein bellender Hund sich ihm an die Fersen heftete, warf er ihm lachend einen Stock zu, den dieser mit drolligen Sprüngen
     apportierte. Er strahlte eine Limonadenverkäuferin an, die über ihren mit Amberwasser gefüllten Bechern errötete, warf einem
     runzeligen Mütterchen seine sämtlichen Münzen in den Bettelbecher. Mit ausladenden Bewegungen schwang er das schwere Musterbuch
     hin und her. Er hatte sie wiedergefunden! Tagelang hatte er nach ihr gesucht, immer wieder gehofft und es schließlich aufgegeben
     – und jetzt hatte sie plötzlich vor ihm gestanden!
    Im Geiste vergegenwärtigte er sich die Einzelheiten ihres Treffens. Er erinnerte sich an jede ihrer Gesten. Und an ihre geweiteten
     Augen, als sie sich selbst auf dem Papier erkannte. Grüngraue Augen! Die Farbe des Meeres nach dem Sturm, wenn das aufgewühlte
     Wasser den Blick auf seinen hellen |69| Grund verwehrt. Nächtelang hatte er versucht, sich die Farbe dieser Augen auszumalen. Er war damals nicht nahe genug gekommen,
     um sie zu erkennen. Er hatte sich mit Vorwürfen überschüttet, sie in die Flucht geschlagen zu haben. Warum auch hatte er sich
     damals nicht besser beherrschen können? Und als sie plötzlich losgelaufen war, hatte ihn eine solche Angst überfallen, er
     könne sie verlieren, ohne sich ihr vorgestellt zu haben, dass ihm nichts anders übriggeblieben war, als ihr hinterherzujagen.
    André wirbelte seine Mappe herum. Egal! Gott oder das Schicksal oder das Oberste Wesen, wie Robespierre es nannte, oder wer
     auch immer ihr Leben hier ordnete, hatte ihm eine zweite Chance gegeben. Und die würde er nutzen! Er würde sie wiedersehen,
     morgen schon! Er würde mit ihr reden und sie beraten, Tag für Tag! Für sie würde er dieses düstere Loch von einem Zimmer in
     ein Paradies verwandeln! Und ausnahmsweise würde sein Vater zufrieden sein mit seiner Arbeit! André lachte. Ja, weder Vater
     noch sein Bruder Arthur würden diesmal behaupten können, er hätte kein Interesse für die Fabrik und denke nur an seine Spielereien,
     wie die beiden seine Experimente zu nennen pflegten.
    Mit schnellen Schritten bog er in die rue des Feuillades ein. Als er die Ladentür aufriss, über der der Name Levallois in
     goldener Schrift prangte, bimmelte energisch das Glöckchen, das an der Decke baumelte.
    Angus Levallois, der gerade mit drei Tapetenrollen im Arm auf einer hohen Leiter vor dem Regal balancierte, spähte hinunter.
     «Ah, te voilà, mein Junge!», rief er, nachdem er seine Brille zurechtgerückt hatte. «Wie war’s im Waisenheim? Was hat Jomart
     gesagt?»
    «Er lässt dir seine Hochachtung aussprechen, Vater. Es hat ihn gefreut, dass du dich an ihn erinnert hast.»
    «Hast du den Auftrag bekommen?»
    «Ja, Vater. Er hat die Muster sehr gelobt.»
    «Um wie viele Räume handelt es sich denn?»
    «Nur um einen einzigen», antwortete André. «Aber er hat sich für die beste Qualität entschieden: Die Allegorie der |70| fünf Sinne. Dazwischen das Marmor-Papier und über und um die Fenster Säulen in trompe-l’œil.»
    «Das hast du gut gemacht!», lächelte seine Mutter, die gerade Rollen auf der Stirnseite mit Nummern versah, damit ihr Mann
     sie anschließend in dem riesigen, bis an die hohe Decke reichenden Regal verstauen konnte.
    Während er sich gefährlich tief hinunterbeugte, um die Rollen in Empfang zu nehmen, fragte Angus mit gerunzelter Stirn: «Ein
     Raum nur? Hättest du nicht noch mehr verkaufen können? Die maison de la couche ist doch riesig!»
    André bugsierte die Mappe hinter den Tresen. «Docteur Jomart trägt selber die Kosten. Es handelt sich um sein Arbeitszimmer.
     Für die anderen Räume müsste das Heim aufkommen.»
    Seine

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