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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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unbekannter Gerätschaften stutzte
     sie. Auf welche würde der Arzt wohl während seiner Visite nicht verzichten können? Sie griff hinein und holte ein handlanges
     röhrenförmiges Gerät heraus, an dessen beiden Enden Linsen eingebaut waren. Es war mit drei Beinen an einem Sockel befestigt,
     an den es dank eines Gewindes mehr oder weniger nah herangeschraubt werden konnte. Sie wog das schwere Gerät in ihrer Hand.
     Nun gut, es sah imposant genug aus, um als Ausrede herzuhalten. Kurz entschlossen klappte sie die Tasche des Arztes wieder
     zu und stellte sie an ihren Platz zurück.
    «Oh, ein Mikroskop.»
    Marie-Provence drehte sich um. André Levallois lächelte ihr aus einigen Schritten Entfernung zu. Sie fühlte, dass sie errötete
     wie ein Kind, das beim Naschen erwischt wurde, und ärgerte sich darüber. «Guten Morgen, citoyen», sagte sie frostig. «Verzeih,
     wenn ich dich nicht vorher begrüßt habe, dein Kommen habe ich nicht gehört.»
    «Du warst ganz versunken.» André Levallois stellte einen gewichtig aussehenden Koffer ab und kam näher. Er deutete auf die
     metallene Röhre in ihren Händen. «Ein spannendes Gerät. Kennst du dich damit aus?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Du gestattest?» Er nahm ihr das Mikroskop aus den Händen, und einen Herzschlag lang streifte sie seine warme Haut. Schnell
     zog sie ihre Finger zurück. André Levallois stellte das Gerät auf den Tisch und beugte sich darüber. «Diese Linsen hier vergrößern
     selbst kleinste Teile derart, |76| dass du deren Strukturen erkennen kannst. Dazu brauchst du nur noch eine gute Lichtquelle wie einen kleinen Spiegel oder eine
     Öllampe – und natürlich ein Forschungsobjekt.»
    Sie war ihm gefolgt, interessiert wider Willen. Als er sich aufrichtete, war er ihr plötzlich sehr nahe.
    «Zum Beispiel eines deiner Haare. Oder ein Tropfen deines Blutes. Dann könnten wir eine Theorie von einem gewissen Gallini
     überprüfen. Dieser Mensch behauptet nämlich, dass unsere Körper nichts sind als eine Ansammlung von Zellen, die Membranen
     voneinander trennen.» Er lächelte. «Ich kann mir vorstellen, dass deine Zellen sehr reizvoll anzusehen wären.»
    Marie-Provence’ Haut prickelte. Gleichzeitig fragte sie sich, wie ein Tapetenhändler dazu kam, sich für die Zusammensetzung
     des menschlichen Körpers zu interessieren. Schnell rief sie sich zur Ordnung. «Ich fürchte, dafür haben weder du noch ich
     die Muße», erwiderte sie betont kühl und ergriff das Mikroskop. Jomart konnte jeden Augenblick kommen und seine Tasche abholen,
     es war höchste Zeit, das Gerät verschwinden zu lassen. Sie öffnete eine Schublade des Schreibtisches und legte das Mikroskop
     sorgfältig hinein.
    Levallois hatte sich derweil über seinen Koffer gebeugt und ihn aufgeschlagen. Er trug die dunklen Haare im Nacken kurz, so
     wie es der Mode entsprach. Sein Deckhaar aber war dicht und lockig und verlieh seinem Gesicht etwas Feinsinniges. Die Fülle
     seines Schopfes bildete einen reizvollen Kontrast, fand Marie-Provence, zu den markanten Zügen und dem klaren, intelligenten
     Blick der dunklen Augen.
    Er sah auf, und sie errötete, als hätte er ihre Gedanken erraten. «Ob du mir beim Ausmessen assistieren würdest?», fragte
     er. Er streckte ihr eine mit Markierungen versehene Latte hin.
    Es machte sie nervös, wenn er sie so wie jetzt direkt ansah – gewiss die Nachwehen ihrer ersten Begegnung. Als sie daran dachte,
     wie er sie damals in Panik versetzt hatte, stieg noch immer Ärger in ihr hoch. Spitz fragte sie: «Spannst du für gewöhnlich
     deine Kunden als Gehilfen ein?»
    |77| «Nein, wir haben genug Angestellte.» Er lächelte sie an. «Aber hätte ich einen unserer Gehilfen mitgenommen, wäre ich nicht
     mit dir ins Gespräch gekommen.»
    Ihre Wangen fingen Feuer. Brüsk hielt sie ihm die Latte hin. «Citoyen, ich glaube nicht   …»
    «Verzeih», unterbrach er sie schnell. «Ich wollte dir nicht zu nahetreten. Ich bin wohl nach wie vor recht ungeschickt in
     meiner Art, mich dir zu nähern.» Er sah sie offen an. «Ich habe nicht viel Übung in diesen Dingen.»
    Sie verbarg ihre Verunsicherung, indem sie den Blick auf die Holzlatte senkte. Schließlich antwortete sie steif: «Du wirst
     mich unterweisen müssen, citoyen. Der Gebrauch dieses Objektes ist mir nicht bekannt.»
    Er antwortete sachlich. «Was du hier in Händen hältst, citoyenne, ist eine der außergewöhnlichsten Errungenschaften unserer
     Zeit und ein Gewinn für die

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