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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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kein Mann, der unserer Sache zugetan ist. Ein falsches Wort von ihm, und wir sind verloren. Ich hoffe, du weißt, was
     für eine Verantwortung du da übernimmst. Aber gut. Wir können es uns nicht leisten, zimperlich oder ängstlich zu sein. Jede
     noch so kleine Chance, das Kind glücklich aus seiner Zelle zu holen, muss ergriffen werden. Wir lassen Levallois schwören,
     kein Wort über das zu verlieren, was er hier im Schloss gesehen hat. Dann hast du zwei Wochen Zeit, ihn auf unsere Seite zu
     bringen. Wenn dir das nicht gelingt   …»
    Guy de Serdaine wurde leiser. Kalt und mit einem Ausdruck in den Augen, den Marie-Provence noch nie bei ihm gesehen hatte,
     sagte er: «Wenn dir das nicht gelingt, werde ich dafür sorgen müssen, dass er schweigt.»
    ***
    André legte seinen Löffelstiel beiseite und musterte die entstandene Mischung. Auf einmal überkamen ihn Zweifel. Für einen
     Wissenschaftler war der Erfolg eines Unternehmens von einer Unmenge von Variablen abhängig. Der Salpeter |190| war nicht gereinigt worden, die Kohle vielleicht feucht, die Mischungsverhältnisse waren unklar. Es konnte sein, dass gar
     nichts passierte und er seine Zeit vergeudet hatte – vielleicht war er aber auch dabei, sich sein eigenes Grab zu schaufeln.
    Er stand auf. Diese Überlegungen waren überflüssig. In Lebensgefahr schwebte er ohnehin. Er begab sich zu dem Gerümpelhaufen,
     der sich für ihn bisher als so hilfreich erwiesen hatte, und zog einen Metalldorn hervor. Dann machte er sich erneut an dem
     Mauerstück zu schaffen. Er setzte das Metallstück wie einen Meißel an, während er mit einem Stein draufhieb. Schon flogen
     die ersten Mörtelbrocken davon.
    ***
    «Chevalier, ob Sie sich das vielleicht einmal anschauen könnten?», rief Vezon.
    Er klang dringlich. Mit ein paar Schritten waren Marie-Provence und ihr Vater zurück im Keller. Vezon, If und Clément starrten
     in das Loch, das sie inzwischen beträchtlich vergrößert hatten.
    «Was ist los?», fragte Guy de Serdaine.
    «Da kommt Wasser raus.» Clément hatte die Augen zu Schlitzen verengt. «Nicht mehr von unten, sondern aus der Seite.»
    «Ja, und zwar nicht wenig.» Vezon beugte sich in das Loch, aus dem ein leises Plätschern drang.
    Marie-Provence trat vor, um sich die Stelle genauer anzusehen.
    Ihr Vater runzelte die Stirn. «Das gefällt mir ganz und gar nicht. Ich fürchte, wir müssen abbrechen.»
    «Was?» Clément riss die Augen auf. «Nach der ganzen Mühe, die wir uns gemacht haben? Die Grube ist doch schon fast fertig!»
    «Es ist zu gefährlich. Der Untergrund hier wimmelt von Gängen und Kellern. Es regnet seit Wochen, und der Fluss hat Hochwasser.
     Dieses Rinnsal zeigt, dass der Druck auf |191| diese Wand erheblich ist, und wenn wir sie weiter schwächen, könnte   …»
    «Ah, foutaises!», unterbrach ihn Clément barsch. Er packte seine Schaufel und stieß sie tief in die Wand. «Das ist doch Unsinn!
     Noch ein oder zwei Minuten Arbeit, dann   …» Er drückte und zog, das Erdreich um die Schaufel spaltete sich   … «Zum Teufel, was ist denn das?», schrie er.
    In dem Moment platzte die Wand auf. Machtvolle Fluten schlugen mit Getöse herein. Marie-Provence wurde umgerissen, noch bevor
     sie verstanden hatte, was passiert war. Im selben Augenblick erlosch das Licht. Sie schrie auf. Eine Hand griff nach ihr,
     sie klammerte sich an ihr fest, doch die Wucht des hereinbrausenden Wassers warf sie gegen eine Wand.
    «Raus! Alle raus hier!», brüllte die Stimme ihres Vaters. «Halt dich fest, Marie! Wir müssen ans Ende des Flures zurück! Zur
     Treppe!»
    ***
    Zum letzten Mal prüfte André seine Vorbereitungen. In das Ende des langen, schmalen Lochs, das er zwischen die Mauersteine
     gebohrt hatte, hatte er die Mischung gefüllt. Dann hatte er es mit der Apothekertüte verstöpselt und den Rest des Lochs mit
     vorsichtig festgestampfter Erde verschlossen. Aus dem Ganzen führte eine schmale Pulverspur bis zu ihm. Na dann, dachte er
     und griff zu dem Öllämpchen, um das Gemisch anzuzünden.
    Im selben Augenblick vernahm er das Gurgeln.
    Mehr überrascht als erschrocken sah er sich um. Er hob den Kopf. Wasserfäden drangen durch die morschen Fugen der Klappe über
     ihm. Er stellte das Lämpchen zurück. Was zum Teufel   …? Die Wasserfäden schwollen zu Fontänen an, platschten auf den Boden. Als die Falltür laut ächzte, ergriff André die Angst.
    Er kniete vor dem Loch nieder. Er hatte keine Ahnung, was da oben los war,

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