Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
Vom Netzwerk:
aber das Geräusch in seinem Rücken |192| machte ihm eines klar: Er musste hier raus! Und zwar schnell, bevor das Pulver nass wurde. Mit ungeschickter Hand senkte er
     die Flamme seines Öllämpchens. Das Pulver fing Feuer.
    Das Wasser leckte schon an seinen Schuhsohlen. André schluckte. Wenn er an der Mauer blieb, um das Pulver vor Nässe zu schützen,
     konnte die Explosion ihn zerfetzen. Wenn er in Deckung ging, würde das Wasser das Flämmchen vielleicht löschen, und er würde
     ertrinken.
    Das kostbare Lämpchen fest umklammert, sprang André von der Mauer zurück, um sich in Sicherheit zu bringen. Er hatte noch
     nicht die gegenüberliegende Wand erreicht, als ein gequälter Laut ihn entsetzt den Kopf nach oben reißen ließ.
    Die Falltür brach. Wasserfluten brausten tosend in das Loch.
    Zuerst klatschte Wasser auf seine Stirn. Dann erlosch das Lämpchen in seiner Hand. Sein Atem stockte, als die Finsternis ihn
     verschlang.
    Nein, dort drüben war noch etwas zu sehen – ein kleiner roter Punkt. Das Pulver!
    Das Wasser stieß schon an seine Knöchel, das Brausen und Spritzen war ohrenbetäubend. André sandte ein Stoßgebet zum Himmel,
     während seine weitaufgerissenen Augen aus der Ferne den glimmenden Punkt fixierten.
    André stieß einen heiseren Schrei aus.
    Die Flamme war verschwunden!
    ***
    Marie-Provence brauchte all ihre Selbstbeherrschung, um nicht kopflos um sich zu schlagen. Sie wurde ein Stück abgetrieben,
     stieß an eine Kante. Die Türzarge. Hier war der Strom nicht so stark, und es gelang ihr, sich hinzuknien. Schon reichte ihr
     das Wasser bis an den Schoß. Sie rappelte sich auf, kam auf die Füße.
    «Sind Sie alle noch da?», schrie Vezon irgendwo hinter ihr. Der abbé antwortete, Clément gurgelte fluchend.
    |193| «Versuchen Sie, sich an den Händen zu halten!», rief ihr Vater in die Finsternis. «Bilden Sie eine Kette, damit jeder den
     anderen unterstützen kann, falls er ausrutscht, und gehen Sie an der Wand entlang, um die Orientierung nicht zu verlieren!
     Ich halte meine Tochter fest!»
    Der Strom drückte mit enormer Kraft gegen Marie-Provence’ ausladenden Rock, wickelte ihr den nassen Stoff um die Beine und
     drohte immer wieder, sie zu Fall zu bringen. Sie robbte an der Wand entlang, geführt von der Hand ihres Vaters, riss sich
     die Haut an scharfen Kanten auf.
    «Nur Mut, Marie! Du schaffst das!»
    «Natürlich schaffe ich das!», keuchte sie verbissen. Das Wasser reichte ihr inzwischen zur Hüfte − wenigstens drückte es sie
     in die richtige Richtung! Verzweifelt versuchte sie, nicht daran zu denken, was passieren würde, wenn sie über einen Stein
     stolpern sollte. Schließlich konnte sie nicht schwimmen. Sie zählte die Türen bis zur Treppe. Noch zwei, noch eine   …
    Etwas traf mit Wucht ihr Schienbein. Sie schrie auf, ließ vor Schreck die Hand ihres Vaters fahren und fiel der Länge nach
     ins Wasser.
    ***
    In der Dunkelheit hastete André unbeholfen in die Richtung der Stelle, wo gerade noch das Flämmchen gebrannt hatte. Was hatte
     er falsch gemacht? War das Wasser schneller gewesen? Seine Hände suchten das Mauerwerk ab. Das Wasser hatte bereits die Höhe
     der gesuchten Stelle. Nichts. Oder doch?
    Er stieß einen heiseren Laut aus.
    Ein Loch! Ein Loch war in der Wand, an der Stelle, wo er das Schwarzpulver angebracht hatte! Es war also explodiert, nur hatte
     das tosende Wasser das Geräusch der Detonation verschluckt. Er steckte die Hand in das Loch – und griff ins Leere.
    Triumph stieg in ihm hoch. Tatsächlich befand sich ein |194| Gang auf der anderen Seite! Er fasste erneut in das Loch und tastete die Ränder ab   …
    Das Loch war zu klein, um einen Menschen durchzulassen.
    ***
    Marie-Provence schluckte modrig schmeckendes Wasser. Ihre Arme ruderten unkontrolliert hin und her, bis ihre Hände etwas zu
     fassen bekamen. Die Treppe!
    «Marie!»
    Sie würgte, hustete, während sie panisch nach dem Geländer tastete − und sich festklammerte.
    «Ich bin da, Vater!»
    «Gott sei Dank!» Er griff nach ihr, packte sie an den Hüften. Sie kroch die Stufen hoch, bis sie auf halber Höhe war. Dort
     ließ sie sich fallen, erschrocken und zu erschöpft, um noch einen einzigen weiteren Schritt zu machen.
    Ihr Vater stolperte nach oben und stieß die Tür zur Küche auf. Licht fiel von oben auf die Stufen herab. Vezon tauchte aus
     der Finsternis auf, dann der abbé, der bleich und mit blutunterlaufenen Augen zu ihnen hochstarrte, bevor er sich zu

Weitere Kostenlose Bücher