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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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eine dräuende Gewitterwolke, und ein einziger Kristallisationskern könnte einen Hagelsturm über uns hereinbrechen lassen.« Er nickte zu dem Dossier über den Senator aus Indiana hinüber, das einer seiner Kollegen studierte.
    »Ja, ich weiß«, antwortete Paul Bancroft gelassen, »und ich gestehe Ihnen zu, dass ich mich vielleicht irre. Aber ich bin hoffnungsvoll.«
    »Sicher aus gutem Grund.« Collingwood ließ ein trübseliges Lächeln aufblitzen.
    Eine stämmige Frau, deren Gelfrisur ihre schwarzen Haare nach allen Seiten abstehen ließ, drückte auf mehrere Knöpfe einer Konsole. Mit leisem Summen stieg ein schmaler Metallbehälter aus dem Fußboden und machte in Tischhöhe vor ihr
halt. Sie hieß Gina Tracy und war die jüngste Angehörige des Teams. Jetzt legte sie ihre Hand auf die in den Behälter eingelassene Glasscheibe, bis der Scanner zur Bio-Identifizierung ihren Handabdruck überprüft hatte. Dann öffnete sich die vordere Tür des Aktenbehälters, und sie nahm einen Satz Dossiers heraus. Die Dokumente waren auf Papier gedruckt, das bereits durch Licht mit dem geringsten UV-Anteil, wie es normale Glühbirnen und Leuchtstoffröhren abstrahlten, geschwärzt wurde. In den von der Gruppe Theta genutzten Gebäuden wurde alles Licht sorgsam gefiltert, sodass es keine Wellenlängen enthielt, die kürzer als Indigo waren. Wie ein nicht entwickeltes Filmnegativ wären etwa gestohlene Akten bei Tageslicht sofort unbrauchbar geworden.
    »Wir haben bereits ein Team nach La Paz entsandt«, sagte sie, während sie das Dossier über ein Projekt zur Landrückgabe in Bolivien verteilte. »Dort gibt’s einen angeblichen Aktivisten, der wilde Streiks angezettelt und auch sonst für Unruhe gesorgt hat. Wie sich herausgestellt hat, bekommt er regelmäßig Geld von dem dortigen Repräsentanten des französischen Konzerns.«
    »Das überrascht mich nicht«, sagte Paul Bancroft nickend.
    »Wir werden ihm das Handwerk legen – Fotokopien von Bankauszügen verbreiten, die genau zeigen, welche Beträge auf sein Konto überwiesen wurden. Das Ganze ist unglaublich naiv aufgezogen worden. Sein Name steht auf allem. So ist er augenblicklich diskreditiert.« Die Schwarzhaarige lächelte. »GNGA, Arschloch.« GNGA – ihr Kürzel für das oberste Ziel der Gruppe Theta: Handle so, dass du den größten Nutzen für die größte Anzahl von Menschen erzielst.
    »Das ist ausgezeichnet«, meinte Bancroft mit Vorfreude in der Stimme.
    »Die Sache mit dem Schuldenerlass für die ärmsten afrikanischen Staaten ist etwas komplizierter, weil die EU-Bürokratie so unübersichtlich ist. Wir haben uns allerdings auf einen obskuren
belgischen Beamten eingeschossen. Obwohl er in der Hackordnung ziemlich weit unten steht, hat er ungewöhnlich viel Einfluss in höheren Kreisen. Er hat ihr Vertrauen gewonnen, weil er intelligent, zuvorkommend und fleißig ist. Und er ist entschieden gegen einen Schuldenerlass für die Dritte Welt. Ein richtiger Ideologe. Burgess hat die Angaben zu seiner Person.« Sie nickte einem Kollegen zu – einem Mann mit scharfen Gesichtszügen und fast weißblondem Haar.
    John Burgess war zehn Jahre lang Investmentmanager bei Kroll Associates gewesen, bevor er in die Gruppe Theta eingetreten war. »Er ist nicht nur ein Ideologe, sondern auch Junggeselle«, sagte er. »Natürlich kinderlos. Pflegt seine Mutter, die Alzheimer hat. Wir haben verschiedene Modelle durchgerechnet und sind zu dem Schluss gekommen, ihn von seinem Elend zu erlösen – oder die Welt von dem Elend, das er bewirkt.«
    »Keine abweichende Meinung?«, erkundigte sich Bancroft.
    »Beide Teams haben eigene Berechnungen angestellt«, sagte Collingwood, »und beide Teams sind zum selben Ergebnis gelangt. Wacht er morgen nicht auf, ist die Welt besser dran. GNGA, richtig?«
    »Na gut«, sagte Bancroft ernst.
    »Sie erinnern sich an den Bankdirektor in Indonesien?«, fragte Collingwood. »Dort haben wir Erfolg gehabt. Gestern Abend ist der Anruf gekommen, dass er von seinem Posten zurückgetreten ist.«
    »Eine Sorge weniger«, meinte Bancroft.
    In der folgenden halben Stunde wurden weitere Dossiers durchgesehen. Ein widerspenstiger Bergwerksdirektor in Südafrika, ein religiöser Fanatiker im indischen Gujarat, ein Lebensmittelfabrikant in Thailand: Sie alle brachten großes, vermeidbares Leid über ihre Mitmenschen. Manche von ihnen würden gezwungen werden, ihren Posten aufzugeben oder ihr Verhalten zu ändern; wo Erpressung jedoch wirkungslos blieb,

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