Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
ausländisches Risikokapital vor einheimischen Geschäftsleuten, deren Geldhunger
weit größer war als irgendwelche Skrupel, die sie vielleicht wegen der Herkunft dieses Kapitals hegten.
»Mr. Jorum«, sagte McKibbin lebhaft, indem er sich an einen Mann wandte, der noch nicht gesprochen hatte. »Sie sind Bankier, nicht wahr? Wo sehen Sie persönlich die besten Gelegenheiten für mich?«
»Sie werden hier lauter bereitwillige Partner finden, denke ich«, antwortete der Mann, dessen breites Gesicht mit winzigen Nasenlöchern ihm ein froschartiges Aussehen verlieh.
»Ich hoffe, dass Sie Mansur Enterprises wohlwollend berücksichtigen werden«, warf einer der Männer ein. »Wir haben in der Vergangenheit immer sehr hohe Renditen erwirtschaftet.« Er machte eine Pause, weil er die missbilligenden Blicke der anderen für Skeptizismus hielt. »Ehrlich! Unsere Bücher werden jedes Jahr sorgfältig geprüft.«
McKibbin bedachte den Mann von Mansur Enterprises mit einem kalten Blick. »Geprüft? Die Investoren, die ich vertrete, bevorzugen weniger formelle Buchhaltungsmethoden.« Unten auf der Straße quietschten Autoreifen. Aber nur wenige achteten darauf.
Der Angesprochene wurde rot. »Oh, gewiss, gewiss. Wir sind andererseits auch sehr flexibel, kann ich Ihnen versichern.«
Niemand sprach das Wort »Geldwäsche« aus; das war auch nicht nötig. Ebenso bestand kein Anlass, den Zweck dieser Besprechung zu erwähnen. Ausländische Investoren mit reichlich Schwarzgeld suchten Unternehmen auf kaum überwachten Märkten wie dem Libanon als Tarnfirmen, durch die unrechtmäßig erworbene Gelder geschleust werden konnten, um dann als legitime Gewinne ausgewiesen zu werden. Den Löwenanteil würden die stillen Teilhaber zurückerhalten; einen weit kleineren Teil würden die einheimischen Partner behalten dürfen. Geldgier und unbestimmte Befürchtungen lagen fast greifbar in der Luft.
»Ich frage mich allerdings, ob ich hier meine Zeit vergeude«, fuhr McKibbin in gelangweiltem Tonfall fort. »Wir reden über Abmachungen, die auf Vertrauen beruhen. Aber ohne Freimütigkeit kann es kein Vertrauen geben.«
Der Bankier gestattete sich träge blinzelnd ein amphibienartiges halbes Lächeln.
Das bedeutungsschwere Schweigen wurde durch das Getrampel von Männern unterbrochen, die die breite Terrazzotreppe heraufgestürmt kamen. Eine kleine Gruppe, die es eilig hatte, zu einer anderen Besprechung zu kommen? Oder … doch etwas anderes?
Das hämmernde Rattern von Schnellfeuerwaffen beendete alle bloßen Spekulationen. Anfangs klang es, als würden Knallkörper abgebrannt, aber dafür war der Feuerstoß zu laut und dauerte zu lange. Gleichzeitig ertönten Schreie – Männer, die Mühe hatten, durch zusammengeschnürte Kehlen Luft zu bekommen, stießen im Chor klagende Angstlaute aus. Und dann brach der Schrecken wie eine tobende Furie in den Besprechungsraum ein. Mit Kaffijahs getarnte Männer stürmten herein und zielten mit ihren Kalaschnikows auf die libanesischen Geschäftsleute.
Binnen weniger Augenblicke verwandelte sich der Raum in ein Schlachthaus. Man hätte glauben können, ein wütender Maler habe die Wände mit hochroter Farbe bespritzt; überall lagen Männer wie rot getränkte Gliederpuppen.
Die Besprechung war zu Ende.
ROM
Todd Belknap hastete zur Tür des Arbeitszimmers und ging mit seinem Schreibbrett in der Hand den langen Korridor hinunter. Er würde versuchen müssen, mit Frechheit durchzukommen. Der geplante Fluchtweg – auf den Innenhof hinunter und durch
den Lieferanteneingang hinaus – war nicht mehr gangbar: Er hätte mehr Zeit erfordert, als ihm noch blieb. Belknap musste eine direkte Route nehmen.
Am Ende des Korridors blieb er stehen; auf dem Treppenabsatz unter sich konnte er zwei Wachposten auf Streife sehen. In die Nische der offenen Tür eines Gästezimmers gepresst, wartete er mehrere Minuten lang darauf, dass die Posten weitergehen würden. Verhallende Schritte, eine ins Schloss gezogene Tür, das Klirren von Schlüsseln an einer Kette: die abklingenden Geräusche eines Rückzugs.
Er ging lautlos die Treppe hinunter, rief sich dabei die Baupläne, die er studiert hatte, ins Gedächtnis zurück und öffnete eine schmale Tür gleich rechts neben dem Treppenabsatz. Sie führte zu einer Hintertreppe, auf der er die Eingangshalle der Villa umgehen und so die Gefahr, ertappt zu werden, verringern konnte. Aber schon als er durch die Tür trat, konnte er spüren, dass etwas nicht stimmte.
Eine
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