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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Dämmmaterial war eigens bei einer niederländischen Firma bestellt worden. Die Schallisolierung wurde durch Dichte und räumliche Trennung erreicht: Der Vernehmungsraum war durch eine
dicke Polymerschicht aus Sand und PVC vom Rest des Gebäudes getrennt; mehrfache Gummidichtungen versiegelten seine massive Stahltür. Dahinter konnte ein Mann gellend laut schreien, ohne dass jemand, der vor der Tür stand, auch nur einen Ton hörte. Das garantierten die umfangreichen Schallschutzmaßnahmen.
    Die Einrichtung dieses Kellerraums garantierte, dass dort gellend laut geschrien wurde.
    Wer Böses tat, war immer bestrebt, die Spuren und Geräusche seiner Untaten zu verbergen; das wusste Belknap, seit er vor zwei Jahrzehnten in Ostberlin gewesen war. Unter Kennern, die sich auf Grausamkeiten verstanden, war Geheimhaltung eine unverzichtbare Parole; sie tarnte ihre Barbarei inmitten einer zivilisierten Gesellschaft.
    Aber Belknap wusste noch etwas anderes. Ließ er zu, dass er in die stanza per gli interrogatori gebracht wurde, war alles aus. Alles aus für das Unternehmen, alles aus für ihn. Von dort würde es kein Entkommen mehr geben. Jede Form des Widerstands, und sei sie noch so gefährlich, war besser, als sich dorthin verschleppen zu lassen. Belknap hatte nur einen Vorteil auf seiner Seite: die Tatsache, dass er das wusste – und dass die anderen nicht wussten, dass er sich dessen bewusst war. Verzweifelter zu sein, als die Kerle ahnten, die ihn gefangen genommen hatten – kaum mehr als ein Strohhalm. Aber Belknap musste das Beste daraus machen.
    Jetzt sorgte er dafür, dass auf seinem Gesicht ein Ausdruck dumpfer Dankbarkeit erschien. »Gut«, sagte er. »Einverstanden. Tun Sie, was Sie tun müssen. Ich weiß, dass dies eine Hochsicherheitseinrichtung ist. Ich rede gern mit Ihnen – wo immer Sie wollen. Aber … Sorry, wie heißen Sie?«
    »Nennen Sie mich Jussuf«, sagte der Mann, der ihn am Arm festhielt. Sogar in dieser fast freundlichen Antwort lag etwas Unversöhnliches.
    »Aber Sie machen einen Fehler, Jussuf. Ich habe nichts Unrechtes getan.« Er ließ seinen Körper leicht schlaff werden und machte die Schultern rund, um so auf subtile Weise körperlich weniger bedrohlich zu wirken. Die beiden glaubten seinen Versicherungen natürlich nicht. Jetzt kam es darauf an, ihnen zu verheimlichen, dass er sich dieser Tatsache bewusst war.
    Seine Chance kam, als sie beschlossen, Zeit zu sparen, indem sie ihn die Haupttreppe hinunterführten – eine breite, elegant geschwungene Konstruktion aus Travertin, die mit einem Läufer mit Orientmuster belegt war –, statt die Hintertreppe aus Stahlbeton zu benützen. Belknap sah den schwachen Lichtschein der Straßenbeleuchtung hinter den Milchglasscheiben auf beiden Seiten der massiven Haustür und fasste im Stillen einen raschen Entschluss. Eine Treppenstufe, die zweite Stufe, die dritte Stufe … Mit einer Geste, aus der verwundeter Stolz sprach, machte er seinen Arm aus dem Griff des Wachmanns frei, der sich nicht die Mühe machte, darauf zu reagieren. Dies war das hilflose Flattern eines eingesperrten Vogels.
    Er drehte sich halb nach seinen Bewachern um, als versuche er wieder, Konversation zu machen, und schien nicht darauf zu achten, wohin er trat. Der von Messingstäben gehaltene Treppenläufer ruhte auf einer weichen Unterlage; das war nützlich. Die vierte Stufe, fünfte Stufe, sechste Stufe: Belknap stolperte so überzeugend wie nur möglich, indem er vorgab, die nächste Stufe verfehlt zu haben. Jetzt fiel er in Zeitlupe nach vorn, rollte sich über die schlaffe linke Schulter ab, während er seinen Sturz heimlich mit der rechten Hand abfing. »Scheiße!«, rief Belknap laut und spielte den Erschrockenen, als er noch ein paar Stufen mehr hinunterrollte.
    »Vigilanza fuori!«, befahl der erfahrene Wachmann, der sich Jussuf genannt hatte, halblaut seinem Partner. Die beiden hatten nur wenige Sekunden Zeit, um sich zu entscheiden, wie sie reagieren sollten: Ein Gefangener war wertvoll – so wertvoll wie die
Informationen, die er unter Umständen liefern konnte. Ihn jetzt vorschnell zu erschießen konnte später sehr unangenehme Konsequenzen haben. Aber ein Schuss, der nicht tödlich sein sollte, musste sorgfältig gezielt abgegeben werden – vor allem, wenn die Zielperson sich rasch bewegte.
    Und Belknap befand sich in rascher Bewegung, als er sich jetzt nach seinem gespielten Sturz aufrappelte, eine Treppenstufe wie einen Startblock benützte, den Rest

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