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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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langgeht«, sagte sie dabei. Diesmal sicherte Brandon sich den Ball; er war ungeübt und unerfahren, besaß aber für einen Jungen in seinem Alter erstaunlich gute Körperbeherrschung. Er schien ihre Haltung zu studieren, wenn sie Körbe warf, und imitierte ihre Bewegungen. Mit jedem Wurf kam er etwas näher. Als sie ins Haus zurückgingen – Andrea bestand auf den vereinbarten fünf Minuten –, hatten sie beide
Farbe im Gesicht. Andrea zog sich wieder um und kehrte ins Wohnzimmer mit den Ledermöbeln zurück.
    Das Abendessen war einfach, aber köstlich zubereitet – Sauerampfersuppe, gegrillte Scholle mit pikantem Wildreis, Feldsalat. Paul Bancroft brachte das Gespräch wieder auf die zuvor angesprochenen Themen, ohne den Eindruck zu erwecken, als doziere er.
    »Du bist eine vielseitig begabte Frau«, sagte er augenzwinkernd. »Du hast … wie sagt man gleich wieder? ›Ballkontrolle‹  – genau die hast du, würde ich behaupten. Etwas, das bei Diskussionen so wichtig ist wie im Profisport.«
    »Es kommt nur darauf an, den Ball im Auge zu behalten«, sagte Andrea. »Man muss sehen, was man vor Augen hat.«
    Paul Bancroft legte den Kopf schief. »War es Huxley, der gesagt hat, gesunder Menschenverstand bestehe lediglich darin, das zu sehen, was man vor Augen hat. Aber das stimmt nicht ganz, oder? Geisteskranke sehen, was sie vor Augen zu haben glauben. Gesunder Menschenverstand ist die Gabe, das zu sehen, was anderen vor Augen steht. So gelangt man zu einem gemeinsamen Nenner. Und genau deshalb ist diese Gabe so ungewöhnlich.« Sein Gesichtsausdruck wurde wieder ernst. »Denkt man über die Geschichte unserer Spezies nach, staunt man darüber, dass schlimme Einrichtungen und Gebräuche, die wir alle als unerträglich erkennen, über Jahrhunderte hinweg geduldet worden sind. Sklaverei. Die Unterdrückung der Frau. Harte Strafen für einvernehmliche Aktivitäten, bei denen es keine Opfer gibt. Insgesamt kein sehr erhebendes Schauspiel. Dabei hat Jeremy Bentham schon vor zweihundert Jahren den Nagel auf den Kopf getroffen. Er war einer der wenigen Männer seiner Generation, die wirklich unserer moralischen Moderne angehören. Tatsächlich war er sogar ihr Begründer. Und alles hat mit einer schlichten utilitären Einsicht begonnen: Minimiere menschliches Leid – und vergiss nie, dass jeder Mensch als Einzelperson zählt.«
    »Dads Vorstellung von Wohltätigkeit«, warf Brandon ein. »Aber was ist mit der Vorstellung, wir sollten Mitmenschen als Zweck , niemals als Mittel betrachten?«
    Paul blinzelte Andrea zu. »Er hat Kant gelesen. Deutscher Mystizismus, wenn man’s recht betrachtet. Führt zu Gehirnerweichung, das kannst du mir glauben. Schlimmer als jedes Computerspiel. Wir mussten uns darauf einigen, uneinig zu bleiben.«
    »Du hast also auch Probleme mit der Jugendrebellion, was?«, fragte Andrea lächelnd.
    Brandon sah von seinem Teller auf und erwiderte ihr Lächeln. »Wie kommst du darauf, dass das ein ›Problem‹ ist?«
    Plötzlich war draußen der ferne Ruf einer Eule zu hören. Paul Bancroft sah aus dem Fenster, wo die hohen Bäume sich schwarz vor dem Abendhimmel abzeichneten. »Die Eule Minervas, hat Hegel einmal gesagt, fliegt nur in der Abenddämmerung.«
    »Dann kommt die Weisheit zu spät«, stellte Brandon fest. »Ich weiß sowieso nicht, wie die Eule in den Ruf besonderer Weisheit gekommen ist. Im Prinzip ist sie nur eine effiziente Tötungsmaschine. Darauf versteht sie sich wirklich. Sie fliegt fast lautlos. Ihr Gehör ersetzt fast ein Radar. Habt ihr schon mal eine fliegen gesehen? Man sieht, wie ihre großen Schwingen sich auf und ab bewegen, und hat den Eindruck, jemand habe den Ton abgestellt. Das kommt daher, dass die Schwungfedern ausgefranst sind, um das Geräusch der vorbeiströmenden Luft zu minimieren.«
    Andrea legte den Kopf schief. »Man hört sie also erst, wenn’s zu spät ist.«
    »So ungefähr. Und dann wird an ihren Krallenspitzen ein Druck von zweihundert Kilogramm ausgeübt, der einem den Garaus macht.«
    Sie nahm einen Schluck von dem unprätentiösen und erfrischenden Riesling, den Nuala kredenzt hatte. »Also gar nicht weise. Nur tödlich.«
    »Höchst effizient, wenn’s um Zweck-Mittel-Rationalität geht«, warf Paul Bancroft ein. »Manche würden behaupten, darin liege eine Art Weisheit.«
    »Gehörst du dazu?«
    »Nein, aber Effizienz hat ihren Platz. Über solche Dinge zu reden gilt oft als herzlos, selbst wenn es aus reiner Herzensgüte geschieht. Du

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