Die Bank
Zündschlüssel um und fuhr los. Am oberen Rand des Bildschirms hielt sich das blaue Dreieck ganz zielstrebig darauf zu. Auf das beliebteste Fünf-Uhr-morgens-Ziel von Queens. Den Flughafen LaGuardia.
48. Kapitel
Ich sinke unter die Oberfläche und schwebe wie ein Astronaut, während ich ins Dunkle hinabgleite. Überall um mich herum steigen Luftblasen empor und stoßen gegen meine Maske. Ich lege den Kopf in den Nacken und halte Ausschau nach der einzigen Lichtquelle, aber je tiefer ich sinke, desto mehr verblaßt sie. Aus Seegrün wird ein dunkles Blau, das sich allmählich zu einer pechschwarzen Wolke entwickelt. Atmen, sage ich mir, während ich einen heftigen Zug durch das Mundstück nehme. Ich hole erneut Luft, und es klingt wie ein Beatmungsgerät. Es gibt keine Wellen, keinen Wind und keine Hintergrundgeräusche. Nur das gurgelnde Echo meines eigenen Atems. Und Gillian, wie sie meinen Namen ausspricht.
Aber ich will nicht weiter darüber nachdenken. Dennoch kann ich einige Dinge nicht einfach ignorieren. Sie hat ihn vermutlich von Charlie gehört. Er hat ihn in der Garage mindestens ein dutzendmal gesagt. Ich bemühe mich, ruhig zu bleiben, und sehe mich hilfesuchend um, aber alles ist stockfinster, und zwar in jeder Richtung. Ich fasse mir an die Nase, reguliere den Druck auf meinen Ohren, und ein Schwarm winziger Fische schwimmt an meinem Gesicht vorbei. Ich ducke mich links weg, und sie sind fort. Wieder ist alles schwarz. Es ist, als würde man durch Tinte schwimmen. Und dann schneidet ein weißer Lichtsäbel durch die Finsternis. Es ist Gillians Taschenlampe. Sie richtet den Strahl auf mich und dann auf sich selbst. Sie war die ganze Zeit direkt neben mir.
Sie bedeutet mir mit einem Zeichen, ihr zu folgen. Ich zögere, aber mir wird sofort klar, daß sie ja das einzige Licht hat. Außerdem ärgert es mich, was sie da über Charlie gesagt hat … Sie soll auf keinen Fall recht behalten.
Sie tritt mit den Füßen, und ihre Flossen zischen durch das Wasser. Wie sie sich bewegt und die Arme elegant ausstreckt … Es ist wie fliegen. Ich versuche mit ihr Schritt zu halten und mache heftige Brustschwimmbewegungen. Es ist schwieriger, als ich dachte. Kaum habe ich ein paar Zentimeter gewonnen, scheint die Strömung mich auch schon wieder zurückzutreiben. Gillian wirft einen Blick über ihre Schulter, um sich zu überzeugen, daß ich folge, und wird dann schneller.
Ihr Lichtstrahl trifft vor uns auf eine braune Wand. Dann sehe ich, wie ihre Luftblasen ihren Rücken entlang aufsteigen. Das ist keine Wand. Das ist der Boden. Wir sind auf dem Meeresgrund.
Instinktiv drehe ich mich nach oben. Mein Atem geht schneller, ohne daß ich weiß, warum.
Ich sehe nach rechts, doch die Maske beeinträchtigt mein Gesichtsfeld. Ich drehe rasch den Kopf nach beiden Seiten; es gibt nichts zu sehen. Niemand ist da. Bis etwas die linke Seite meines Halses berührt.
Ich zucke wild herum, drehe mich um mich selbst und packe es an der Gurgel. Plötzlich richtet Gillian den Strahl der Lampe auf mich. Da ist er. Mein Angreifer: Der leblose Schlauch der Rettungsweste, die neben mir schweben soll, während ich schwimme. Ich bin von meiner eigenen Krake angegriffen worden.
Alles klar bei dir? Gillian stemmt die Hand auf die Hüfte.
Ich schwebe hilflos im Wasser und nicke einfach nur.
Erneut taucht sie ins Dunkel hinunter. Und erneut folge ich ihr.
Sie leuchtet mit dem Lichtstrahl den Meeresboden ab, aber alles, was wir sehen, sind grüne Pflanzen, Muscheln und etwas, das wie eine vergessene rostige Hummerfalle aussieht. Gillian dreht sich mit der rechten Seite nach oben, tritt einmal kräftig mit den Flossen und wirbelte eine Schneekugel aus Sand auf.
Es ist nicht mehr weit, bedeutet sie mir, indem sie den Zeigefinger nur ein winziges Stück vom Daumen entfernt hält. Sie stößt einen großen Atemzug aus, und die Blase steigt zwischen uns empor. Sie folgt der Neigung des Boden und schwimmt noch tiefer. Während ich ihr wie ein Brustschwimmer folge, entfernt sie sich von mir. Sie hält die Taschenlampe an ihrer Brust, und von meiner Position aus wirkt es, als wäre ihr Körper von einem Heiligenschein umgeben.
Eine gewölbte schwarze Wand taucht aus dem Sand auf und reicht bis zu einem Punkt über unseren Köpfen. Nach links geht sie weiter, als das Licht der Lampe es uns zeigt. Gillian fährt mit der Hand über die angeschlagene Metalloberfläche eines Wracks, schwimmt nach rechts und verschwindet aus meinem Blickfeld.
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