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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Über dem zerbrochenen Ruder und der fehlenden Schraube verläuft senkrecht zum Meeresgrund der Schriftzug Mon Dieu II – Les Cayes, Haiti. Auch wenn es auf der Seite liegt, dies hier ist zweifellos ein gesunkenes Schiff.
    Als ich es sehe, atme ich wieder schneller. Mir kommt es so vor, als ständen wir vor einem verlassenen Haus. Es ist verrückt und cool, aber das ist trotzdem kein Grund, in das Innere zu schwimmen. Natürlich sieht Gillian das anders. Sie verschwendet keine Zeit, gleitet zum hinteren Deck und läßt mich in einer Säule aus Luftblasen zurück. Als ich sie eingeholt habe, hat sie sich bereits an die Untersuchung gemacht und läßt den Lichtstrahl über das kaum verrottete Deck gleiten. Es gibt etwas grünbraunes Moos, aber noch nicht viel. Das Schiff liegt noch nicht lange hier unten.
    Ein silbernes Blitzen über uns erregt meine Aufmerksamkeit. Zuerst vermute ich, es sei die Metallreling, die um das ganze Deck führt, aber als Gillian die Taschenlampe darauf richtet, sehe ich, daß es nur ein Teil davon ist. Auf dem Deck festgeschraubt und parallel zum Boden schwankt ein rotweißer Cola-Automat über unseren Köpfen. Die Tür ist offen, und alle Dosen sind weg. Zweifellos ist das Schiff auf einen Felsen aufgelaufen und wurde total ausgeräumt.
    Ich drehe mich zu Gillian um, aber zu meiner Überraschung ist nur noch die Taschenlampe da. Sie liegt auf dem Meeresboden und ist auf den Cola-Automaten gerichtet. Verwirrt schaue ich um das Schiff herum. Da ist niemand. Und über meinem Kopf schwankt die Tür des Automaten sacht in der Dünung.
    »Gillian …?« flüstere ich durch das Mundstück, auch wenn ich weiß, daß sie mich nicht hören kann. Ich drehe mich um mich selbst und wende den Kopf in alle Richtungen. Eine Welle kaltes Wasser trifft mich an der Brust. Ich verstehe das nicht. Gillian ist verschwunden.
    Ich greife nach der Lampe und richte sie über die horizontale Fläche. Vor mir führt eine Spur aus Luftblasen in die zweistöckige Kabine des Bootes. Die Tür fehlt, und das Glas aus den Bullaugen ist ausgebaut worden, aber selbst von draußen kann ich sehen, wie dunkel es im Innern ist. Ich schüttle den Kopf. Da gehe ich nie und nimmer hinein.
    Eine Minute später ist auch die Spur aus Luftblasen weg. Und von Gillian ist immer noch nichts zu sehen. Ich richte das Licht auf den Türrahmen zur Kabine. Nichts rührt sich, keine Luftblasen. Langsam schwimme ich dichter heran und gehe im Geist jeden Horrorfilm durch, den ich gesehen habe. An der Tür hämmere ich mit der Taschenlampe gegen den Metallrumpf. Ein dumpfes Vibrieren ist zu vernehmen. Das muß sie mitbekommen haben. Es sei denn, sie steckt fest … oder braucht Hilfe.
    Ich gleite durch die Türe. Das Licht zuckt überall herum, aber es fällt mir trotzdem schwer, mich zu orientieren. Es ist eine kleine Kombüse, sie bietet Platz für höchstens drei oder vier Leute. Spüle, Ofen und selbst die Schränke liegen alle auf der Seite. Die Leiter in der Ecke, die normalerweise in den ersten Stock führt, verläuft nun horizontal. Dasselbe gilt für die Treppe, die zum Frachtraum hinuntergeht. Die Decke liegt zu meiner Rechten, und der Boden ist links von mir. Als ich hochblicke, schwanken die Türen zweier leerer Holzschränke sacht in der Dünung wie vorher der Cola-Automat. Dazwischen liegt ein offenes Bullauge. Die Schwerelosigkeit schlägt zu, und der Raum beginnt sich zu drehen.
    Ich versuche den Luftblasen zu folgen, aber der enge Raum setzt mir zu sehr zu. Die Wände wellen sich, als wären sie aus Quecksilber. Es sieht aus, als blickte man durch schmelzendes Glas. Mein Magen dreht sich um, und ich schmecke Erbrochenes. Großer Gott, wenn ich jetzt in den Luftschlauch kotzen würde! Hastig drehe ich mich links zur Tür, befinde mich jedoch statt dessen direkt vor dem Linoleumboden. Das ergibt keinen Sinn. Nichts ist vertraut. Die Welt dreht sich wie ein Kaleidoskop, als mir plötzlich schwindlig wird. Ich greife mir an die Brust und keuche wie ein tollwütiger Hund. Ich könnte schwören, daß der Raum kleiner und dunkler wird.
    Ein scharfer Schlag landet auf meinem Rücken, und zwei Arme schlingen sich um meine Brust. Wir schnellen nach links, und ich weiß nicht genau, wo es nach oben geht. Der Aufprall schlägt mir die Lampe aus der Hand, die in Zeitlupe zu Boden sinkt. Dabei flackert der ganze Raum wie eine Disco. Ich befreie mich, wirbele herum und sehe Gillian vor mir. Ich kann sie durch den Schleier aus Luftblasen kaum

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