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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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es steht weder Männer noch Frauen darauf. Es ist nur eine einfache, unauffällige Tür.
    Der Teenager wirft noch einen Blick in die Runde, damit ja kein Nachzügler hinsieht. Wir blicken schnell zur Seite. Als er glaubt, daß sie unbeobachtet sind, öffnet er die Tür und eskortiert Schneewittchen hindurch.
    »Sesam öffne dich«, sagt Charlie.
    »Glaubst du, das ist es?« fragt Gillian.
    »Das ist die Frage, stimmt’s?« Ich stürme vor.
    »Warte!« ruft Gillian und hält mich am Hemd fest. »Was hast du vor?«
    »Ich hole mir ein paar Antworten.«
    »Aber wenn da ein Wächter ist …«
    »… sagen wir: ›Hoppla, falsche Tür‹, und gehen wieder.« Ich mache mich frei und marschiere auf die Tür zu.
    »Machst du dir jetzt plötzlich Sorgen um unsere Sicherheit?« fragt Charlie sie.
    Gillian antwortet nicht. Sie ist völlig auf mich konzentriert. »Oliver, du solltest nicht einfach so da hineingehen«, meint sie.
    Ich höre ihr gar nicht zu. Ich bin drei Stunden für das bloße Versprechen gefahren, daß ich mein altes Leben zurückbekomme. Und das ist gewissermaßen auf den Bändern. Ohne die Datenbänder gehe ich hier nicht weg. Ich packe den Türknauf und sehe mich noch einmal um. Die Menge konzentriert sich auf Pu. Jetzt oder nie.
    Ich öffne die Tür. Charlie und Gillian zögern noch, aber sie wissen beide, daß sie keine Alternative haben. Sobald Gillian sich in Bewegung setzt, folgt auch Charlie. Ich weiß nicht, ob er mißtrauisch ist oder nur Angst hat. Auf jeden Fall schlüpfen wir alle drei hinein.
    In dem Zementkorridor ist es dämmrig und leer. Niemand ist zu sehen, weder Wachen noch Schneewittchen. Ich mustere die Decke und die Wände. Es gibt auch keine Videokameras. Das ist durchaus verständlich. Schließlich ist das hier Disney World, nicht Fort Knox.
    »Schau dir das mal an«, flüstert Charlie und starrt über das Metallgeländer links von uns.
    Ich drücke mich zwischen ihn und Gillian. Gepflasterte Stufen, die sich vier Stockwerke nach unten winden. Der Eingang zur Unterwelt.
    »Weißt du, was für Alpträume das einem Sechsjährigen bescheren würde?« meint Charlie.
    Ich gehe ohne ein Wort die Treppe hinunter. Sehr viel weiter kann es nicht mehr sein.
    »Immer schön langsam«, warnt Gillian, als wir tiefer in den Abgrund hinabsteigen.
    Unten stehen wir vor einer arideren Tür, aber im Gegensatz zu der Holztür oben paßt diese hier keineswegs zu dem mittelalterlichen Stil von Schneewittchens Schloß. Es ist einfach eine ganz normale Tür. Ich öffne sie und stecke meinen Kopf in den Flur dahinter. Rechts von mir wimmeln Dutzende von Leuten in einem noch größeren Korridor hin und her. Helle Kostüme blitzen vorbei. Echos der Stimmen werden von dem Beton zurückgeworfen. Hier ist die Action. Zeit, sich hineinzustürzen.
    Ich trete aus dem Treppenhaus, laufe unseren Flur entlang und biege dann nach links in den Hauptkorridor ab, wo ich beinahe mit einem dünnen Mädchen in einem Pinocchio-Kostüm zusammenstoße. Allerdings hat sie keinen Pinocchio-Kopf.
    »Paß doch auf!« sagt sie, als ich auf ihre übergroßen Pinocchio-Schuhe aus Schaumstoff trete.
    »Entschuldigung!« Ich ringe um mein Gleichgewicht, mache einen Bogen um sie und bemerke Schneewittchen neben ihr. Diesmal ist es ein anderes Schneewittchen, mit braunem Haar, die schwarze Perücke in der Hand und Kaugummi im Mund.
    »Kristen, machst du heute abend die Parade?« fragt Schneewittchen.
    »Nein, ich bin für heute fertig«, erwidert Pinocchio.
    Ich drehe mich herum, als sie vorbeigehen, sehe aber, wie mich Charlie und Gillian anstarren.
    Laß es langsam angehen, bitte! fleht mein Bruder mich an. Er ist sichtlich eingeschüchtert.
    Ich nicke und gehe weiter durch den Korridor. Sie sind ein paar Schritte hinter mir, aber beide wissen, wie man unsichtbar bleibt. Gehe zügig, und bleib immer in Bewegung. So haben Charlie und ich uns immer in Filme geschmuggelt, die nur für Erwachsene waren. Wenn du so aussiehst, als gehörtest du dort nicht hin, ist das der Moment, in dem du nicht dort hingehörst.
    Anscheinend befinden wir uns hier in einem unterirdischen Fußgängertunnel. Ich schaue nach vorn. Der Betonflur hat etwa die Breite von zwei Autos. Wir treiben mitten in einem bunten Gedränge aus Disney-Mitarbeitern, die so ziemlich alle denkbaren Kostüme tragen, von Cowboystiefeln und Hüten des Wilden Westens bis zum silbrigen, futuristischen Stil der Zukunft und den einfachen T-Shirts der Hausmeister. Ich nehme meine Krawatte

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