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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Garage nehmen.
    »Auf drei …« sagt er. »Zwei aus drei gewinnt.«
    Diesmal grinse ich auch und lege meine rechte Hand hinter den Rücken.
    »Eins, zwei, drei, los …« Sein Stein schlägt meine Schere.
    »Los …« Meine Schere schneidet sein Papier.
    »Los …« Stein schlägt Papier. Schon wieder.
    »Mist!« Ich bin genervt.
    »Ich sag ja, du hängst einfach zu sehr an diesen Scheren.«
    Ich verwandle meine Schere in einen geraden Mittelfinger und stürme in die Garage.
    Er grinst über das ganze Gesicht, dreht sich herum und geht den Flur entlang.
    Als ich gerade um die Ecke biegen will, bleibe ich stehen, weil ich ihm ein »Doppelt oder nichts« anbieten will, und kehre um. Charlie sollte längst in den Schränken wühlen. Statt dessen steht er vor der geschlossenen Tür am Ende des Flurs. Duckworths Schlafzimmer. Es ist der einzige Raum, den wir uns nicht vorgenommen haben. Das sollte eigentlich nichts ausmachen, denn Gillian hat uns ja erklärt, sie hätte ihn schon durchsucht. Aber ich kenne meinen Bruder zu gut. Ich erkenne seinen lauernden Schritt. Er starrt die Tür an, als hätte er Röntgenaugen. Nach neun Stunden Herumsuchen in dem Leben eines toten Mannes will er endlich wissen, was sich da drin verbirgt.
    »Wohin gehst du?« frage ich.
    Er dreht sich um, hebt seine Augenbraue und sieht mich herausfordernd an. Dann dreht er kurz am Türknopf und verschwindet in Duckworths Schlafzimmer. Ich bleibe auf der Stelle stehen. Mir ist völlig klar, was er da für ein Spielchen spielt. Das hat vielleicht gewirkt, als ich zehn war. Ich drehe mich um und gehe zur Garage. Die Schlafzimmertür fällt hinter mir ins Schloß. Ich schaffe drei Schritte, bevor ich wieder stehen bleiben. Wen will ich da eigentlich veralbern? Also haste ich zum Schlafzimmer und bleibe vor der geschlossenen Tür stehen.
    »Charlie?« Ich flüstere und weiß, daß er nicht antworten wird.
    Ich werfe einen kurzen Blick über die Schulter. Die Luft ist rein. Ich versuche, kein Geräusch zu machen, öffne die Tür und betrete das Zimmer. Im Innern sind die Lampen gelöscht, aber dank der Schlitze in den billigen Jalousien herrscht ein diffuses Licht.
    »Ziemlich unheimlich, was?« fragt Charlie. »Willkommen im Allerheiligsten …«
    Ich brauche etwa vier Sekunden, bis sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt haben. Dann wird mir klar, warum Gillian dieses Zimmer selbst durchsucht hat. Wie schon das Wohnzimmer und das Büro weist auch Duckworths Schlafzimmer dasselbe seltsame Flair auf: ein einfaches Bett, das an die schmutzigweiße Wand geschoben ist, und ein unlackierter Nachttisch, auf dem ein schäbiger alter Wecker steht. Eine Resopalkommode sieht aus, als wäre sie direkt aus einem Lastwagen heraus verkauft worden. Doch als ich genauer hinsehe, fällt mir auch das andere auf: eine cremefarbene Tagesdecke auf dem Bett, eine Vase mit roten Eukalyptusblumen auf der Kommode und in der Ecke ein Bild im Stile Mondrians, das an der Wand lehnt und darauf wartet, aufgehängt zu werden. Dieser Raum mag vielleicht einmal Duckworth gehört haben, nun aber ist er Gillians Reich. Hier wohnt sie also. Mich plagen Gewissensbisse. Immerhin ist das ihre Privatsphäre.
    »Komm, Charlie … gehen wir …«
    »Nein«, erwidert er. »Wir vertrauen ihr schließlich nur unser Leben an. Warum sollten wir da wohl mehr über sie herausfinden wollen?«
    Ich will seinen Arm packen, doch wie gewöhnlich ist er zu schnell. »Es ist mir ernst, Charlie.«
    »Mir auch.« Er weicht mir aus und sucht weiter. Er nimmt sich den Boden vor, das Bett, die anderen Möbel, er sucht nach einem Zusammenhang, einem Hinweis. Nach zehn Schritten bleibt er plötzlich verwirrt stehen.
    »Was hast du?« frage ich.
    »Das frage ich dich. Wo ist ihr Leben?«
    »Was meinst du damit?«
    »Ihr Leben, Ollie. Kleidung, Fotos, Bücher, Magazine … Sieh dich doch mal um. Außer den Blumen und dem Bild gibt es hier nichts.«
    »Vielleicht hat sie es ja gern ordentlich.«
    »Vielleicht ist sie aber auch …«
    Mit einem lauten Knall fällt eine Tür hinter uns zu. Ich wirbele herum, als mir klar wird, daß das Geräusch aus dem Flur kam. Trotzdem wissen wir, wann wir die Gastfreundschaft überstrapazieren. Ich werfe einen Blick auf den alten Radiowecker, um die Zeit zu vergleichen, und lege den Kopf schief. Das ist kein Radiowecker. Das ist ein altes …
    »Ein altes Tonband mit acht Spuren!« ruft Charlie überrascht aus. Ihm fällt auf den ersten Blick auf, daß der Schlitz, in dem sich

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