Die Bedrohung
würden darin vor allem die Ermordung einer Frau und Mutter sehen, weniger der Leiterin des führenden amerikanischen Geheimdiensts. Ein so barbarischer Akt würde den Terroristen auf lange Sicht mehr schaden als nützen.
So grausam es klingen mochte – Kennedy wusste zu viel. Eine längere Gefangenschaft würde den Entführern Gelegenheit geben, den amerikanischen Sicherheitsinteressen unermesslichen Schaden zuzufügen. Allein der Gedanke, dass er den Präsidenten in einer solchen Angelegenheit beraten musste, verursachte England ein flaues Gefühl im Magen. Er war ein viel zu positiv denkender Mensch, um sich von Anfang an mit einem so schlimmen Ausgang der Krise abzufinden. Es musste einfach irgendeinen Weg geben, wie man die Sache zu einem besseren Ende bringen konnte.
Als Englands Suburban den Checkpoint des Secret Service am West Executive Drive passierte, klingelte sein abhörsicheres Telefon. Die Offizierin im Pentagon teilte ihm mit, dass sie General Gifford in der Leitung hatte. England war Gifford schon zweimal begegnet, als er die Region besuchte.
»Tom«, sagte England, »ich bin gerade auf dem Weg zur Sitzung mit POTUS. Können Sie mir in einer Kurzfassung schildern, was passiert ist?«
England hörte zu, während Gifford ihm die Zusammenfassung einer Zusammenfassung mitteilte, die Gifford selbst vom befehlshabenden Offizier der schnellen Eingreiftruppe erhalten hatte. Als der General fertig war, bedankte sich England und bat ihn, in der Nähe des Telefons zu bleiben. Es konnte leicht sein, dass auch der Präsident mit ihm sprechen wollte. England betrat den Westflügel des Weißen Hauses und begab sich geradewegs in den Situation Room, in dem bereits drei Männer anwesend waren – Präsident Alexander, der Nationale Sicherheitsberater Frank Ozark und Justizminister Pete Webber. Sie saßen alle an einem Ende des Konferenztisches aus massivem glänzendem Holz. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, starrten sie auf eine graue sternförmige Freisprechanlage.
»Mr. President, ich fürchte, er ist außer Kontrolle.«
England knöpfte sein Anzugjackett auf und setzte sich auf den Ledersessel neben Ozark. Er erkannte die Stimme aus der Freisprechanlage – es war der stellvertretende Direktor der CIA Chuck O'Brien.
Der Präsident seufzte und lehnte sich auf seinem Sessel zurück. »Chuck, in Anbetracht der Situation ist seine Wut, glaube ich, verständlich.«
»Sir, ich weiß Rapps Fähigkeiten sehr zu schätzen. Ich meine nur, dass sein Urteilsvermögen im Moment getrübt ist. Er hat einfach zu wenig Abstand zu der Sache.«
England räusperte sich und sagte: »Chuck, Brad England hier. Was hat er getan, das Sie so beunruhigt?«
»Offenbar blieben einige der Angreifer am Tatort zurück und wurden gefangen genommen. Einer der Männer, vermutlich ein Polizist, wurde verwundet. Als der Angriff vorbei war, schoss Rapp den Mann in den Hintern, als er am Boden lag.«
»Dem Polizisten?«, fragte der Justizminister erstaunt.
»Ja. Wir nehmen an, dass die lokale Polizei die Angreifer unterstützt hat. Rapp beschloss, einen der anderen Männer gleich am Ort des Geschehens zu verhören. Angeblich zog er ein Messer und stieß es dem Mann in die Schulter.«
Der Justizminister machte ein beunruhigtes Gesicht. »Hat es Zeugen gegeben?«
»Das alles ist in einer Wohngegend passiert«, antwortete O'Brien. »Es ist anzunehmen, dass es viele Leute gesehen haben.«
»O Gott«, stöhnte der Justizminister. »Waren auch Reporter dort?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Noch einmal«, warf England ein, »korrigieren Sie mich, wenn ich da etwas falsch verstanden habe, aber warum machen wir uns solche Sorgen darüber, wie Rapp diese Gefangenen behandelt? Ich habe vorhin mit dem Stützpunktkommandanten in Mosul telefoniert. Er sagt, dass die lokale Polizei bei dem Angriff nicht einfach nur weggesehen hat. Er sagt, dass Polizisten auf Direktor Kennedys Konvoi geschossen haben.«
»Das stimmt«, tönte O'Briens Stimme aus der Freisprechanlage.
»Also, lassen Sie mich zusammenfassen. Die Direktorin der CIA wurde entführt, ihre Sicherheitsleute wurden alle hingerichtet, und wir machen uns Sorgen, weil Rapp ein paar Gefangene auf mischt?«
»Mir persönlich sind diese Leute auch egal, Brad, aber glauben Sie mir, wenn sich der Staub gelegt hat, wird es eine Menge Fragen geben. Sie werden Anhörungen veranstalten, um zu erfahren, was genau abgelaufen ist und wie wir uns nach dem Angriff verhalten haben. Und im Moment
Weitere Kostenlose Bücher