Die Bedrohung
Armeeeinheiten wimmelt.«
Ashani spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte. Mukhtar war ein brutaler Killer. »Hat er gesagt, wo er sie festhält?«
»Nein.« Amatullah schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gefragt, aber er wollte darüber nicht am Telefon sprechen.« Er reichte Ashani ein Mobiltelefon. »Wenn es einen Notfall gibt, wird er Sie an diesem Telefon anrufen.«
»Gibt es sonst noch etwas?«
»Ja. Wenn es irgendeinen Weg gibt, sie über die Grenze zu bringen, ohne geschnappt zu werden, dann will ich, dass Sie es tun.«
Ashani nickte pflichtschuldig. »Ich werde mich sofort darum kümmern.«
55 MOSUL, IRAK
Irene Kennedy lag nackt auf dem Boden. Salzige Tränen liefen ihr übers Gesicht und vermischten sich mit den Urinpfützen auf dem Lehmboden. Ihr Slip und ihr BH lagen zerfetzt zwei Meter entfernt. Die modrige Decke, die ihr ein klein wenig Sicherheit vermittelt hatte, hatte man ihr aus den Händen gerissen und in die gegenüberliegende Ecke geworfen. Die beiden Wächter hatten gelacht und ihr in allen Details beschrieben, wie sie sie vergewaltigen würden. Das war so ziemlich die einzige Schmach, die ihr bislang erspart geblieben war.
Dabei hatte sie nur gefragt, ob sie auf die Toilette gehen dürfe. Etwas, das ihr ganzes Leben lang etwas völlig Selbstverständliches gewesen war. Der Mann, der sich Muhammad nannte, hatte angedeutet, dass das kein Problem sein würde. Doch die Wächter hatten sie nicht auf die Toilette geführt, sondern ihr einen rostigen Eimer hingestellt und sie aus zwei Metern Entfernung mit einem lüsternen Grinsen beobachtet. Kennedy hockte sich über den Eimer und benutzte die Decke, um sich einen Hauch von Intimsphäre zu bewahren. Als sie gerade dabei war, sich zu erleichtern, gab ihr einer der Männer einen wuchtigen Tritt, der sie zu Boden schickte. Der zweite Mann zog ihr die Decke weg und riss ihr die Unterwäsche vom Leib. Die Männer betatschten sie überall, sie begannen sie zu schlagen und zu treten. Kennedy machte einen schwachen Versuch, sich zu wehren, doch sie waren zu stark und zu bösartig.
Am Ende konnte sie nichts anderes tun, als sich am Boden zusammenzurollen und zu hoffen, dass sie irgendwann von ihr ablassen würden. Als sie schließlich aufhörten, zogen sie sich die Hosen herunter und urinierten auf sie. Dabei beschrieben sie ihr in allen furchtbaren Details, wie sie sie vergewaltigen würden. Kennedy weinte nicht laut; sie lag einfach nur da und ließ die Tränen fließen. Sie dachte an ihren Sohn Tommy, an ihre Mutter, an ihr Leben, das sie ihrem Land gewidmet hatte. Sie fragte nicht: »Warum gerade ich?«, und sie versank nicht in Selbstmitleid. Sie akzeptierte ihr Schicksal vielmehr so, wie es war – als das äußerst unschöne Ende eines ansonsten wunderbaren Lebens.
Sie hatte sich mit dem Gedanken abgefunden, dass es besser war zu sterben, als die bestgehüteten Geheimnisse ihres Landes preiszugeben. Das war sie den Männern und Frauen der CIA schuldig, den Agenten, die sie zum Teil selbst rekrutiert hatte. Sie wusste, dass sie es nicht viel öfter ertragen würde, so verprügelt zu werden, und so begann sie nach einem Weg zu suchen, wie sie das Ganze beenden konnte. Die Tränen hörten auf zu fließen, und der Gedanke, dass sie sich das Leben nehmen würde, gab ihr seltsamerweise neue Kraft.
Das laute Scheppern des Türschlosses und das Quietschen der Scharniere verrieten ihr, dass sie Besuch bekam. Sie blickte an den Füßen ihrer Peiniger vorbei auf die Decke, die in der Ecke lag, so als könnte sie sie mit der Kraft ihrer Gedanken herholen.
»Im Namen Allahs, was habt ihr gemacht?«
Kennedy erkannte die Stimme wieder – es war der Mann, der sich Muhammad nannte.
»Ihr Narren!«, schrie er.
Kennedy sah, wie er an den beiden Männern vorbeieilte, um die Decke von der anderen Seite des Raumes zu holen. Er kam zu ihr und breitete die Decke über ihren nackten Körper, dann wandte er sich wütend den beiden Wächtern zu. Er schrie sie an und befahl ihnen hinauszugehen. Als sie draußen waren, kam er zu Kennedy zurück und hockte sich zu ihr. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und bemerkte, dass sie feucht von Urin war. Er stand abrupt auf und stürmte auf den Gang hinaus.
Kennedy hörte, wie er die Wächter anbrüllte und ihnen befahl, frisches Wasser und einen Erste-Hilfe-Koffer zu holen. Sie fühlte sich völlig benommen und hörte auf, ihm zuzuhören. Der Mann kam mehrmals zu ihr in den Raum, um nach ihr zu sehen,
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