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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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ließ. Es gab zu viele Leute im Nahen und Mittleren Osten und darüber hinaus, die ohnehin vermuteten, dass es so war. Wenn sie eine solche Erklärung abgab, würde man das über Jahrzehnte hinweg als Beweis für die imperialistischen Motive der Vereinigten Staaten betrachten. »Ich kann das nicht lesen.«
    »Sie müssen, sonst werden sie Sie töten.«
    Da war etwas in der Art, wie der Mann das Wort ›töten‹ aussprach, das Kennedy beunruhigte. Ihr kam der Gedanke, dass es ohnehin der logische Schritt der Entführer wäre, sie zu töten, nachdem sie die Erklärung abgegeben hatte. Wenn sie es nicht mehr richtigstellen konnte, würde man es als Tatsache ansehen. »Es tut mir leid, aber ich kann diese Erklärung nicht lesen.« Kennedy setzte sich auf den Sessel und faltete die Hände im Schoß.
    Der Mann trat blitzschnell hinter der Kamera hervor. Er schlug Kennedy dreimal ins Gesicht, dass der Hijab herunterfiel. Er packte sie an den Haaren und riss ihren Kopf zurück. Dann sah er auf sie hinunter und schrie: »Sie haben genau eine Stunde Zeit, um es sich zu überlegen, und wenn Sie immer noch nein sagen, dann werde ich Sie Ihrem Schicksal überlassen. Wollen Sie das?«
    »Nein«, antwortete Kennedy.
    »Zwanzig Männer!«, schrie er. »Sie werden sich anstellen und Sie eine Woche lang ununterbrochen vergewaltigen. Ist es das, was Sie wollen?«
    »Nein.«
    »Dann verlesen Sie die Erklärung.« Der Mann ließ sie los und reichte ihr erneut den Zettel.
    Kennedy nahm ihn, sah auf die Worte hinunter und dachte daran, wie man die Aufnahme gegen ihr Land verwenden würde. Man würde sie als Verräterin betrachten. Damit könnte sie niemals leben. Ohne weiter darüber nachdenken zu müssen, öffnete sie die Hände und ließ das Papier zu Boden fallen.
    Der Mann ging von der Kamera weg und hielt einen Finger hoch. »Sie haben genau eine Stunde, um es sich zu überlegen, und wenn Sie bei Ihrem Nein bleiben, dann kann ich nichts mehr für Sie tun.«

56 IM WEISSEN HAUS
    Ted Byrne ging neben dem Präsidenten her und bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten, was nicht einfach war, nachdem er etwa zwanzig Zentimeter kleiner war. Die Debatte war hitziger verlaufen als alles, was Byrne in seinen fast fünfundzwanzig Jahren in der Politik erlebt hatte. Er hatte Josh Alexander schon als kleinen Jungen gekannt. Byrne hatte unter Alexanders Vater im High-School-Footballteam gespielt und war nach dem College für den Vater als Coach tätig gewesen. Als ihn Alexander jedoch mit diesem festen, ernsten Blick fixierte, mit dem ihn auch sein Dad ansah, wenn er ihm besonders hartnäckig widersprochen hatte, war Byrne klar, dass er verloren hatte. Es machte die Sache nicht einfacher, dass die Mehrheit des Nationalen Sicherheitsrats sowie die Vereinigten Stabschefs gegen ihn waren.
    Dennoch hatte Byrne das deutliche Gefühl, dass der Präsident im Begriff war, einen Fehler zu machen, und so nahm er noch einen letzten Anlauf, um ihn zu überzeugen. »Josh«, flüsterte er so leise, dass niemand sonst es hören konnte. »Ich glaube wirklich, dass du das noch einmal überdenken musst. Nimm dir wenigstens einen Nachmittag Zeit, noch besser einen Tag, um in Ruhe zu überlegen.«
    »Zu spät, Ted. Sie warten alle schon auf mich.«
    »Dann gib eine kurze Erklärung ab, wie ich es dir gesagt habe. Weise einfach alles zurück. Dann können wir andere losschicken, um die Details auszuhandeln. Du darfst dich nicht auf das Niveau dieses Typen hinunterbegeben.«
    Der Präsident stieg die Stufen hinauf, die vom Keller ins Erdgeschoss des Westflügels führten. »Mein Entschluss steht fest.«
    »Das weiß ich, und darum versuche ich ja auch, dich davon abzubringen. Das ist mein Job. Wenn du auf einen Abgrund zuläufst, dann bin ich dafür da, dir ein Bein zu stellen, damit du nicht ins Verderben rennst.«
    »Ich bin jetzt nicht in der Stimmung für deine Witze.«
    »Es schadet nie, einmal in Ruhe durchzuatmen und sich zu sammeln.«
    »Aber manchmal rächt es sich bitter, wenn man zögert.« Sie kamen im Erdgeschoss an, und der Präsident blieb stehen. Sein Gefolge aus Assistenten und Beratern kam hinter ihm zum Stillstand. »Wenn ich die Zeit dafür hätte, könnten wir den ganzen Nachmittag hier sitzen und kluge Sprichwörter austauschen, aber letzten Endes läuft es immer auf das Gleiche hinaus, Ted. Wenn du dich gegen eine Lüge nicht zur Wehr setzt, dann werden die Leute sie glauben. Das ist alles, was ich zu diesem Thema zu sagen habe. Bist du auch

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