Die Bedrohung
Golfs von Oman einfuhr. Mit ihren 115 Metern war die U.S.S. Virginia um fünf Meter länger, als die Hauptfahrrinne tief war. Es gab außer ihren Schwesterbooten kein U-Boot auf der Welt, das auch nur in die Nähe ihrer Möglichkeiten kam, doch auch dieses Wunderfahrzeug hatte seine Grenzen. Halberg und seine Mannschaft hatten einen kollektiven Seufzer der Erleichterung ausgestoßen, als sie die tieferen Gewässer des Golfs von Oman erreichten. Die Stärken der Virginia lagen in ihrer guten Tarnung, ihrer Feuerkraft und Geschwindigkeit. Um diese Stärken ausspielen zu können, brauchte sie jedoch Platz zum Manövrieren. Wenn man den Persischen Golf mit einem sechsspurigen Highway an einem sonnigen Tag vergleichen wollte, so war die Straße von Hormus eine dunkle enge Gasse in einer verregneten Nacht. Sie war an der engsten Stelle 43 Kilometer breit und voll mit Inseln und Schiffsverkehr. Die meisten Supertanker waren fast dreihundert Meter lang. Es gab starke Strömungen, und wenn man sich einmal außerhalb der Hauptfahrrinne befand, bekam man es mit zahllosen Wracks zu tun.
Aufgrund der Informationen, die sie von CTF 54 bekommen hatten, stimmten er und sein Erster Offizier Dennis Strilzuk in ihrer Einschätzung überein, wo sich das Kilo-Boot wahrscheinlich befand. Sie legten eine Patrouillenroute fest, dann übergab Halberg das Kommando an seinen Ersten Offizier, um ein paar Stunden zu schlafen. Vier Stunden später erwachte er erfrischt und kehrte auf die Brücke zurück. Sie waren mit fünf Knoten in östlicher Richtung unterwegs, als das Wide-Aperture-Array-Sonarsystem das Kilo-U-Boot aufschnappte, das mit der gleichen Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung lief, parallel zur iranischen Küste.
Es war ein vorhersehbares Manöver, das die Iraner schon Dutzende Male durchgeführt hatten. Sie verließen mit ihren U-Booten den Stützpunkt von Bandar Abbas am helllichten Tag, sodass die ganze Welt es mitbekam, und durchfuhren an der Oberfläche die Meeresstraße. Dann tauchten sie ab und drückten richtig auf die Tube. Für gewöhnlich wurden sie nördlich von Maskat, Oman, wieder langsamer und zogen ein paar gemächliche Achterschleifen, um sicherzugehen, dass ihnen keine amerikanischen U-Boote folgten. Dann liefen sie knapp innerhalb ihrer Hoheitsgewässer langsam die iranische Küste entlang nach Norden, auf der Suche nach einem amerikanischen Kriegsschiff, das sie auf dem Weg durch die Straße verfolgen konnten.
Als Halberg das Kommando wieder übernahm, erläuterte ihm Strilzuk die Situation.
»Vor etwa einer halben Stunde wechselte er hier in internationale Gewässer und begann ziemlich auffällig durch die Gegend zu brausen.« Strilzuk zeigte auf der Karte auf eine Stelle, wo der Golf von Oman nur noch etwa hundert Meter tief war. Dieser Punkt lag direkt an der Schwelle zur Straße von Hormus.
Halberg nahm einen Schluck von seinem Kaffee. »Das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
»Nein. Warum verschwindet man erst, wenn man sich dann überhaupt keine Mühe mehr gibt, unentdeckt zu bleiben?«
»Vielleicht weil man gesehen werden will«, überlegte Halberg laut.
»Das habe ich mir auch gedacht.« Strilzuk reichte dem Skipper eine Botschaft von CTF 54. »Das hier ist vor etwa einer Stunde hereingekommen.«
Halberg überflog die Nachricht, ohne eine Brille zu Hilfe nehmen zu müssen. Immerhin war Halbergs ältestes Kind schon auf dem College, und so war er stolz auf die Tatsache, dass er noch keine Lesebrille brauchte. Laut dieser Botschaft ging es auf dem iranischen Stützpunkt von Bandar Abbas zu wie in einem Bienenstock. Die beiden anderen U-Boote der Kilo-Klasse, die Tareq und die Noor, waren mitten in der Nacht zusammen mit vier Mini-U-Booten ausgelaufen.
Strilzuk zeigte auf einen der Farbmonitore. »Diese Satellitenfotos wurden um vier Uhr gemacht. Jede Fregatte im Hafen ist klar zum Auslaufen. Sie bereiten sich darauf vor, ihre gesamte Marine einzusetzen.«
Halberg sah auf den Plottertisch hinunter. Die alten Papierkarten waren durch Flachbildschirme ersetzt worden, die taktische Informationen in Echtzeit lieferten. Mit Hilfe eines komplexen Navigationssystems zeigte das Display die exakten Standorte der Virginia, des iranischen U-Bootes, das sie beschatteten, und von so gut wie jedem anderen Schiff im Golf von Oman. Halberg drückte eine Taste, und der Bildschirm änderte den Vergrößerungsmaßstab und zeigte die taktische Situation im Persischen Golf. Zwei der sechs iranischen U-Boote
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