Die Bedrohung
in der Stadt herrschte.
Rapp tippte Stilwell auf die Schulter. »Bilde ich mir das ein, oder sieht es wirklich so aus, als wollten die Polizisten und diese Typen mit den Kapuzen am liebsten aufeinander das Feuer eröffnen?«
»Nein«, antwortete Stilwell, ohne vom Bildschirm aufzublicken, »das bildest du dir nicht ein. Es ist immer die gleiche Geschichte. Die meisten Bullen sind Sunniten, und diese Typen mit den Kapuzen sind Schiiten. Sie sind wie die Fans der Yankees und der Red Sox, nur dass sie sich schon viel länger hassen.«
»Die Fans der Yankees und der Red Sox bringen sich nicht gegenseitig um.«
»Sie würden es vielleicht … wenn sie in derselben Stadt leben müssten.«
Rapp gefiel die Sache nicht. Das Letzte, was sie gebrauchen konnten, war, dass Irene Kennedy ins Kreuzfeuer zweier verfeindeter Gruppen geriet. »Können wir diesen Milizionären trauen?«
»Wie meinst du das?«
»Wie können wir wissen, dass sie nicht eine Schießerei anfangen?«
»Das können wir nicht.«
»Großartig.«
»Mitch, die Einzigen, denen ich in dieser Stadt vertraue, das sind meine Kurden.«
Rapp blickte auf all die Bewaffneten hinunter. »Nicht einmal der Polizei?«
»Der am allerwenigsten.«
»Das ist jetzt nicht dein Ernst.«
»Ich meine es sogar verdammt ernst. Es gibt nicht viele in dieser verdammten Stadt, die so korrupt sind wie die Bullen. Wenn Schüsse fallen, dann stehen die Chancen höher als fünfzig Prozent, dass sie abhauen.«
»Warum setzen wir sie dann ein?«
»Weil uns kaum etwas anderes übrig bleibt.«
»Scheiße.«
»Mitch, es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Diese Kerle haben keine Ahnung, wen sie beschützen. Sie wissen nur, dass sie eine fette Prämie von uns bekommen, wenn diese Sache reibungslos über die Bühne geht.«
Rapp blickte mit wachsender Sorge auf den Sicherheitsmonitor. »Jetzt sieh dir mal diese beiden Idioten an«, sagte er und zeigte auf den Bildschirm. »Sie richten ihre MGs in die falsche Richtung.«
Stilwell warf einen Blick auf den Monitor und schüttelte den Kopf. »Es gibt hier keinerlei Disziplin im Umgang mit Waffen. Es vergeht kein Tag, wo ich nicht irgendeinem Idioten sagen muss, dass er die Knarre runternehmen soll. Und sie laufen immer mit einer Kugel in der Kammer und mit entsicherter Waffe herum, den Finger ständig am Abzug. Dass irgendwo versehentlich ein Schuss losgeht, passiert genauso oft wie ein Verkehrsunfall … und sie sind keine guten Autofahrer.«
Rapp stieß einen Fluch aus. Wenn in einer Situation wie dieser ein Schuss losging, konnte das zur Folge haben, dass tausend Kugeln in allen Richtungen durch die Luft pfiffen. Er ging zum Fenster hinüber und spähte durch einen Spalt zwischen den Vorhängen auf die Straße hinunter. Rapp trug ein abhörsicheres Funkgerät am Gürtel und hatte einen drahtlosen Ohrhörer im linken Ohr. Er berührte den Sendeknopf und sagte: »Mac, wie sieht's bei dir aus?« Rapp blickte zu Kennedys Sicherheitschef hinunter, der vor dem Eingang zum Café stand.
»Wunderbar«, antwortete er sarkastisch. »Ich bin umgeben von maskierten Männern mit Waffen, die größer sind als meine, die nichts lieber täten, als unsere Chefin umzubringen. Aber sonst ist es ein wunderschöner Morgen. Die Sonne scheint, es hat schon an die zwanzig Grad. Ich fühle mich wie im Urlaub.«
»Ich weiß. Hier hört es sich so an, als wären sie gleich fertig. Irene hat ihre wichtigsten Punkte vorgebracht. Es kann nicht mehr lange dauern, dann könnt ihr mit ihr abhauen und sie auf dem schnellsten Weg zum Flughafen bringen.«
»Ich zähle die Sekunden.«
»Halte durch.«
Rapp beendete das Gespräch und spähte zum anderen Ende der Straße hinüber. Einige der Polizisten liefen nun mit raketengetriebenen Granatwerfern russischer Bauart herum.
»Diese Stadt ist total verrückt«, murmelte Rapp vor sich hin.
Da waren einfach viel zu viele Waffen in den falschen Händen. Instinktiv griff er an die Glock-Pistole an der linken Hüfte. Unter seinem weiten grauen Hemd trug er eine Schutzweste mit Keramikplatte über dem Herzen. Die Glock steckte in einem Halfter mit zwei Ersatzmagazinen am Gürtel. Rapp wandte sich für einen Augenblick von der Straße ab und betrachtete das kleine Arsenal, das Stilwell auf der anderen Seite des Zimmers vorbereitet hatte. Auf dem Fußboden stand ein großer schwarzer Koffer mit zwei Verschlüssen.
Rapp ging hinüber, kniete sich hin und öffnete die Verschlüsse. Er hob den Deckel und begutachtete sein
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