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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Schnitten in den Ohren sowie an den Verzierungen an seinem Schwertgriff konnte man erkennen, dass er zu Vargs ausgedehnter Blutlinie gehörte.
    »Ich bitte um Verzeihung, älterer Bruder«, erwiderte Tavi und sprach ebenso wie Gradash auf Canisch. »Meine Gedanken sind abgeschweift. Ich habe keine Entschuldigung vorzubringen.«
    »Er ist so krank, er schafft es kaum aus der Koje«, sagte Kitai, deren Canisch deutlich besser klang als Tavis, »wenn das keine Entschuldigung ist.«
    »Wenn man überleben will, kann man auf Krankheiten keine Rücksicht nehmen«, knurrte Gradash ernst. Dann fügte er in einem Aleranisch mit starkem Akzent hinzu: »Allerdings will ich zugeben, dass er sich nicht mehr schämen muss, wenn er unsere Zunge spricht. Es war ein guter Gedanke, die Sprache zu tauschen.«
    Aus Gradashs Mund war diese Bemerkung ein großes Lob. »Jedenfalls ist es sinnvoll«, antwortete Tavi. »Zumindest für mein Volk. Legionares , die zwei Monate nichts zu tun haben, werden von Langeweile gepeinigt. Falls es je wieder zu Zwist zwischen unseren Völkern kommt, sollte es dafür schwerwiegende Gründe geben und nicht nur den, dass wir unsere Sprachen gegenseitig nicht verstehen.«
    Gradash fletschte kurz die Zähne. Einige waren abgebrochen, die meisten jedoch weiß und scharf. »Alles Wissen über einen Feind ist wertvoll.«
    Tavi erwiderte die Geste. »Das kommt noch dazu. Läuft es auf den anderen Schiffen gut mit dem Unterricht?«
    »Ja«, antwortete Gradash. »Ohne ernsthafte Zwischenfälle.«
    Tavi runzelte leicht die Stirn. Aleranische Maßstäbe unterschieden sich in dieser Hinsicht deutlich von denen der Canim. Für einen Cane bedeutete ohne ernsthafte Zwischenfälle letztlich nur, dass niemand zu Tode gekommen war. Es lohnte sich allerdings nicht, der Sache weiter nachzugehen. »Sehr schön.«
    Der Cane nickte und erhob sich. »Dann würde ich mit deiner Zustimmung auf das Schiff meines Rudelmeisters zurückkehren.«
    Tavi zog eine Augenbraue hoch. Das war ungewöhnlich. »Willst du nicht vorher mit uns zu Abend essen?«
    Gradash zuckte zur Verneinung mit den Ohren und erinnerte sich eine Sekunde später daran, die Antwort mit dem aleranischen Gegenstück dieser Geste zu beantworten: Er schüttelte den Kopf. »Ich möchte zurückkehren, ehe der Sturm beginnt, kleiner Bruder.«
    Tavi sah Kitai an. »Welcher Sturm?«
    Kitai zuckte mit den Schultern. »Demos hat nichts erwähnt.«
    Gradash knurrte: Das Lachen der Canim. »Ich weiß, wann es Sturm gibt. Das spüre ich im Schwanz.«
    »Dann bis zum nächsten Unterricht«, sagte Tavi. Er neigte den Kopf nach Art der Canim ein wenig zur Seite, und Gradash antwortete entsprechend. Dann tappte der alte Cane hinaus. Er musste sich ducken, um durch die kleine Tür zu passen.
    Tavi blickte Kitai an, doch die Marat schwang sich bereits aus der Hängematte. Sie strich ihm mit den Fingerspitzen durch das Haar, als sie an seiner Koje vorbeiging, lächelte ihn kurz an und verließ die Kabine ebenfalls. Einen Augenblick später kehrte sie mit Magnus zurück, dem obersten Burschen der Legion.
    Magnus war für einen Mann seines Alters in hervorragender Verfassung, allerdings fand Tavi, dass er mit dem Kurzhaarschnitt der Legion seltsam aussah. Als die beiden die antiken Ruinen des romanischen Appia erkundet hatten, hatte er sich an Magnus’ weißen Haarschopf gewöhnt. Der alte Mann hatte sehnige, kräftige Hände, einen ansehnlichen Bauch und triefende Augen. Nach all den Jahren, in denen er verblasste Schriften bei schlechtem Licht entziffert hatte, litt er unter Kurzsichtigkeit. Außerdem war Magnus nicht nur ein Gelehrter mit beachtlichem Wissen, sondern auch Kursor Callidus, einer der ranghöchsten Spione der Krone, und in dieser Eigenschaft war er gewissermaßen Tavis Lehrmeister geworden.
    »Kitai hat Demos berichtet, was Gradash gesagt hat«, begann Magnus ohne Vorrede. »Und der gute Kapitän wird das Wetter im Auge behalten.«
    Tavi schüttelte den Kopf. »Das genügt nicht«, sagte er. »Kitai, bitte Demos, er möge Nachsicht mit mir haben. Er soll sich auf einen ausgewachsenen Sturm vorbereiten und den anderen Schiffen Signal geben, es ebenso zu tun. Wenn ich es recht verstanden habe, hatten wir bis jetzt für die späte Jahreszeit sehr mildes Wetter. Gradash ist nicht so alt geworden, weil er dumm ist. Im günstigsten Fall ist es einfach nur eine Übung.«
    »Er wird das schon hinkriegen«, sagte Kitai voller Zuversicht.
    »Sei bitte so höflich, ja?«, bat

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