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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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weiter.«
    Marcus spitzte die Lippen und dachte kurz darüber nach. Sehr klug. Ein Spion, der sich einfach an den Gedanken des Feindes bedienen konnte, war ein Traum oder ein Albtraum, ganz abhängig davon, auf wessen Seite er stand: Aber ein solcher Spion konnte nur das erfahren, was jemand im Kopf hatte. Es war eine einfache, schlaue Gegenmaßnahme, um die Fähigkeiten der Vord zu unterlaufen.
    Jedenfalls in der Theorie. Auf dem Schlachtfeld hatte wenig Bestand, und alles war im Fluss. Wer auch immer Octavians Befehle ausführte, tat dies gewissermaßen blindlings, da er an die Befehlskette gebunden war und nicht aus eigenem Antrieb handeln konnte. Das war eine Anleitung zum Anrichten von Chaos. Octavian besaß sicherlich eine natürliche Begabung für die Vorausschau, aber auch ein Abkömmling des Hauses Gaius konnte die Zukunft nicht mit der notwendigen Genauigkeit sehen. Mit jeder Stunde, die verstrich, wurde es wahrscheinlicher, dass seine Pläne und Befehle sich überholt hätten.
    »Wie der Princeps sehr wohl weiß«, sagte Magnus, »ist das Schauspiel eines Krieges keine Veranstaltung, die nach einem fertigen Manuskript abläuft.«
    »Ja, Herr«, sagte Carleus. Er nahm sich eine schwere Tasche von der Schulter und ließ sie auf einen Tisch plumpsen. »Er hat sein Bestes getan, um die wahrscheinlichsten Abläufe vorauszusehen.« Carleus errötete leicht. »Deshalb hat er jeweils verschiedene Folgebefehle für jeden Ablauf aufgeschrieben, und für die Folgebefehle ebenfalls verschiedene Folgebefehle und so weiter, eingeschlossen die Möglichkeit, dass ihr von seinen vorgegebenen Abläufen vollkommen abweichen müsst. Es war ganz schön viel Schreibkram.«
    Marcus brummte. »Das ist doch schon mal etwas«, sagte er und sah hinüber zu Nasaug. »Und du? Wirst du diese Befehle befolgen?«
    »Im Augenblick«, antwortete Nasaug, »vertraue ich der Einschätzung meines Erzeugers.«
    Der alte Kursor schüttelte den Kopf. »Mit seiner Schlauheit wird er uns alle ins Grab bringen.« Er streckte Carleus die Hand entgegen. »Wenn es denn schon sein muss, dann möchte ich wenigstens nicht länger warten. Meine Befehle, bitte.«
    Der junge Ritter reichte jedem ein Päckchen zusammengefalteter und versiegelter Befehle. Marcus betrachtete seinen Papierstapel. Alle waren mit deutlichen Nummern und auf die großen Pergamentblätter der Canim geschrieben. Eines war mit »Befehl Nr. 1« beschriftet, und diesen las er.
    Marcus,
    du musst unbedingt so schnell wie möglich zusammen mit allen Legionares sowie Nasaugs Kriegern und der Freien Aleranischen nach Westen aufbrechen. Versuche nicht, deinen Marsch zu verbergen. Stimme dich mit Nasaug und Perennius ab.
    Lass die Pioniere und alle Ritter zurück, auch die der Freien Legion. Maestro Magnus hat Aufgaben für sie.
    Nimm so viele Vorräte mit, wie du kannst. Öffne den nächsten Befehl erst, wenn du mindestens zwanzig Kilometer weit marschiert bist. Octavian
    Marcus las das Schreiben erneut, nur um sicher zu gehen, dann schüttelte er den Kopf. »Das ist mir schleierhaft.« Er sah den alten Kursor an. »Und deins?«
    Maestro Magnus betrachtete finster seinen Befehl und zog eine Miene, als hätte er an Essig genippt. »Knapp und vernunftwidrig.«
    Nasaug schnaubte und faltete seinen Befehl zusammen. »Der Princeps hat Schwächen, die man ausnutzen kann«, sagte der Cane. »Vorhersagbarkeit gehört allerdings nicht dazu. Und Dummheit auch nicht.«
    Perennius sagte nichts, kniff nur die Augen zusammen und schob stur das Kinn vor. Eine Weile lang sagte niemand mehr etwas.
    »Die Frage ist«, begann Marcus schließlich, »was tun wir?«
    Er spürte ihre Blicke schwer auf sich lasten. Dann sah er in die Runde. Nasaug nickte unverzüglich. Perennius folgte seinem Beispiel. Magnus seufzte und nickte dem Ersten Speer ebenfalls zu.
    »Also gut«, meinte Marcus und nickte ebenfalls. »Der Princeps hat kundgegeben, was er möchte. Gehen wir an die Arbeit.«

27

    Eine Stunde vor Sonnenuntergang gingen Amara und Bernard das nächste große Risiko ein.
    Sie hatten sich vor ein paar eidechsengroßen Vord versteckt, die vor einem einstmals wohl gedeihenden Wehrhof herumlungerten. Das Verhalten war ungewöhnlich, denn alle anderen, die sie bisher gesehen hatten, schienen emsig auf der Jagd zu sein. Amara und Bernard waren an den Wachen vorbei in den Wehrhof geschlichen, den die Vord eingenommen und in dem sie eine Art Stützpunkt eingerichtet hatten.
    Ein Vord-Ritter kauerte reglos wie eine

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