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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Keine Glocken läuteten. Nirgendwo hörte man das Klappern von Pferdehufen. Es gab keine Stimmen, keinen Gesang in den Weinschenken, keine Mütter, die ihre Kinder heimriefen, während der Himmel vom Zwielicht ins Dunkle wechselte.
    Sehr, sehr leise konnte man das Murmeln der Brunnen in der Stadt vernehmen, die den Vord zum Trotz weiter Wasser spendeten. Und immer wieder hallte der unheimliche, trällernde Schrei eines Vord durch die Straßen oder von einem Dach.
    Amara schauderte.
    Sie schob sich nahe genug an Bernard heran, damit er sie deutlich sehen konnte, und gab ihm ein Zeichen. Wohin?
    Bernard zeigte hinauf zur Zitadelle des Hohen Fürsten in der Mitte der Stadt und machte das Zeichen für vielleicht.
    Amara verzog das Gesicht. Sie hatte sich schon dasselbe gedacht. Die Zitadelle war der sicherste Ort in Ceres. Wenn sie ein Aleraner inmitten einer Horde Vord wäre, würde sie die dicksten Mauern und die mächtigsten Verteidigungswerke um sich herum haben wollen, wenn sie schlief. Einverstanden. Weiter?
    Bernard gab seine Zustimmung zu erkennen. Wo anfangen?
    Richtig. Sie brauchten nicht durch die Haupttore hineinzugehen, wo sie sich auf die elementargewirkten Tarnungen verlassen mussten. Amara kannte, wie die meisten Kursoren, ein Dutzend verschiedener Wege, um die Stadt jedes Hohen Fürsten unentdeckt zu betreten. In einer größeren Stadt war das sogar noch leichter als in den kleineren.
    Sie winkte Bernard mit sich und machte sich zum Sklavenhändlertunnel auf, der unter der Westmauer der Stadt hindurchführte.
    Die Tunnel hatte man zwar vor dem Angriff der Vord verschlossen, wie sie es erwartet hatte, doch waren sie dann von der panischen Bevölkerung auf der Flucht wieder geöffnet worden. Die Eingänge zeigten die nach außen gerichteten Kräuselungen, wie man sie oft in Stein fand, der hastig von Erdwirkern mit mittelmäßiger Begabung entfernt worden war, und waren gerade breit genug, um einem Erwachsenen mit schwerem Gepäck Durchlass zu gewähren. Glücklicherweise war an keinem der drei Eingänge in ihrer Nähe irgendeine Spur der Vord zu sehen, weder auf dem Boden davor noch in den Tunneln selbst. Sie sahen lediglich die Abdrücke von Schuhen.
    Das war ein gutes Zeichen. Der Hauptteil der Vord-Truppen hatte den Ersten Fürsten und die Legionen nach Norden verfolgt. Dementsprechend war die Stadt nur von wenigen Vord besetzt worden, und es würde nicht vor Feinden wimmeln. Möglicherweise konnten sie sich schneller bewegen, sobald sie im Inneren waren.
    Amara schlich in den dunklen Eingang des ersten Tunnels. In dem Gang brannten noch die Elementarlampen, wenn auch nur schwach und in weiten Abständen.
    Sie schob sich näher an ihren Gemahl und erzeugte eine Sphäre stiller Luft um ihre Köpfe und Schultern, die verhinderte, dass ihre Worte durch den Tunnel hallten. »Glück gehabt«, flüsterte sie heiser, weil sie ihre Stimme so lange nicht benutzt hatte. »Wir haben genug Licht.«
    Ihr Gemahl zog sie zu sich heran und knurrte tief in der Kehle. »Ich würde denken, es käme uns zu gelegen, wenn ich diese letzte Woche nicht erlebt hätte.«
    »Sie können nicht überall stark sein«, erwiderte Amara. »Wenn es so viele wären, bräuchten sie den Ersten Fürsten nicht so gnadenlos zu verfolgen.«
    Bernard runzelte die Stirn und nickte langsam. »Er ist immer noch eine Bedrohung für sie.« Er sah sich im Tunnel um, und seine Augen strahlten zwar noch Wachsamkeit, aber auch Zuversicht aus. »Was ist das für ein Ort?«
    »Die Sklavenhändler in Ceres hatten ein Problem«, sagte Amara. »Es gab zwar einen großen Markt, jedoch auch jede Menge Gegner der Sklaverei, die versuchten, die Beförderung von Sklaven zu unterbinden oder Sklavenhändler zu ermorden. Die Händler haben deshalb diese Tunnel gebaut, um die Stadt sicher betreten und verlassen zu können.«
    »Irgendwie«, sagte Bernard mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen, »hat sich dieses Problem für alle Zeiten erledigt, gleichgültig, wie die Sache ausgehen sollte.«
    Amara musste sich zusammenreißen, um nicht hysterisch zu kichern. »Ja, so sieht es aus.«
    Bernard deutete mit dem Kopf in den Tunnel. »Grässlicher Gestank. Wo führt der Gang hin?«
    »Zum Versteigerungshaus am Markt im Westen. Der liegt keine fünfhundert Schritt von der Zitadelle entfernt.«
    »Hervorragend«, sagte Bernard. Er suchte ihren Blick. »Wie geht es dir?«
    Vermutlich war es, so dachte Amara, die schlichte Menschlichkeit dieser Frage im Angesicht dieses

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