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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Schreckens, die ihr einen solchen Stich in der Brust versetzte. Sie war müde. Ihr tat jeder Knochen im Leibe weh. Sie hatte Hunger, sie war wackelig auf den Beinen, und sie hatte seit langer Zeit solche Angst, dass sie beinahe schon zu Gleichgültigkeit abgestumpft war. Die Erinnerung an eine freundlichere Welt, an Zeiten, in denen sie sich unterhalten oder nebeneinander geschlafen hatten, in denen sie sich der Liebe hingaben, flammte als heimtückisches Feuer in ihr auf.
    Sie wandte sich von ihm ab und antwortete mit zitternder Stimme. »Ich … ich kann nicht. Noch nicht. Wir haben noch Arbeit zu erledigen.«
    Er legte ihr sanft die Hand auf die Schulter und sagte warm, ruhig und fest: »Ist schon in Ordnung, Liebste. Lassen wir es dabei. Wir müssen überleben – runter!«
    Sie erstarrte überrascht für einen Moment, obwohl Bernard sie nach unten auf die Knie drückte. Dann verlor sie das Gleichgewicht und wäre gestürzt, hätte er sie nicht gehalten.
    Auf ein knappes Zeichen seinerseits beendete sie das Windwirken, und sofort hörten sie, was ihnen zuvor verborgen geblieben war.
    Stimmen hallten durch den Tunnel. Schritte stampften sorglos dahin. Irgendjemand, vielleicht sogar die Gesuchten, hielten sich ebenfalls hier im Tunnel auf, und Amara und Bernard hockten in einem schmalen Gang wie die Narren in Vollendung. Elementarkräfte konnten ihnen nicht helfen, wenn die Freunde der Vord regelrecht mit ihnen zusammenstießen.
    Die Stimmen wurden lauter. Im Tunnel waren sie unverständlich, doch der Ton ließ keinen anderen Schluss zu: Es wurde gestritten. Dann traten einige schemenhafte Gestalten aus einem Quergang ins Licht der Elementarlampen und bogen in Richtung des Versteigerungshauses ab, entfernten sich also von Bernard und Amara.
    Sie wechselte einen Blick mit ihrem Gemahl. Dann erhoben sie sich und schlichen den beiden Gestalten hinterher.
    Der Tunnel wurde nach wenigen Schritten höher und breiter, die Wände waren glatter, und es ging sanft bergauf, während sie weiter in die Stadt kamen. Auf dem Boden konnte man sehr gut gehen, besser als sie es seit Tagen erlebt hatten, und ihre Füße, die an leise Schritte gewöhnt waren, erzeugten nicht mehr Geräusche als draußen auf der weichen Erde. In Amara machte sich Hochstimmung breit, die Erschöpfung schwand, und sie erwischte sich dabei, wie sie die Hand aufs Schwert legte. Diese Männer mussten bestraft werden, wer immer sie auch sein mochten, denn sie hatten sich gegen ihr Volk gewandt und Angehörige ihrer eigenen Art gnadenlos getötet. Sie wollte gegen diesen Schrecken zurückschlagen, der im Tal Einzug gehalten und so viel Leid und Zerstörung verbreitet hatte.
    Aber Rache würde ihr keines der Opfer zurückbringen. Ihrem Drang nach Taten freien Lauf zu lassen, würde dem Ersten Fürsten nicht helfen, die Vord aufzuhalten. Gleichgültig, wie richtig es ihr erschien. Sie musste kühl bleiben, vernünftig, genau wie Fidelias es ihr beigebracht hatte. Oder es jedenfalls versucht hatte. Die Krähen sollen ihm die Verräteraugen auspicken!
    Sie nahm die Hand vom Schwert. Schließlich hatten sie eine Aufgabe zu erledigen.
    »… und du weißt, was sie sagen wird, wenn wir zurückkommen«, schnauzte der eine Mann vor ihnen. Bernard und Amara waren nun nahe genug, um die Unterhaltung verstehen zu können. »Dass du sie alle zurückbringen solltest, damit sie behandelt werden können.«
    »Die Krähen sollen diese hochgeborene Hure holen«, fauchte die Stimme eines anderen Mannes in der Gruppe vor ihnen. »Sie hat gesagt, wir sollen herausfinden, was die Kursoren vorhatten. Davon, sie zu rekrutieren, war nicht die Rede.«
    Die Stimme des ersten Sprechers klang jetzt flehend und ängstlich. »Kannst du es ihm erklären? Ehe wir alle wegen seiner Unfähigkeit sterben müssen?«
    Die Stimme einer Frau, einer, die Amara kannte, die sie aber im hallenden Tunnel nicht gleich einordnen konnte, antwortete: »Mir ist es so oder so einerlei. Er wird euch beide umbringen. Ich muss ihm etwas anderes anbieten.«
    »Hure«, rief der zweite Mann.
    »Den Hurenberuf kann man aufgeben«, erwiderte die Frau kühl, »die Dummheit bleibt ein Leben lang, aber in eurem Fall wird das ja nur noch eine halbe Stunde dauern.«
    »Vielleicht sollte ich mir dann noch ein bisschen Spaß gönnen, solange ich kann«, gab der Mann in boshaftem Ton zurück. Man hörte ein Klatschen von Haut, dann schnelle Schritte und schließlich das Reißen von Stoff.
    »Ranius!«, schrie der erste

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