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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Schade, dass du so lange Angst haben musstest, doch im Prinzip hat dein Leben schon vor einigen Wochen geendet.«
    Der Mann auf dem Boden gab ein Stöhnen von sich, das sich in ein Röcheln verwandelte. Dieser Laut barg eine entsetzliche Endgültigkeit in sich.
    Die Frau stand einen Moment so gebeugt da, ehe sie die Hand zurückzog und feierlich leise sagte: »Es gibt Schlimmeres, als ein Feigling zu sein. So leicht hätten sie dir den Tod bestimmt nicht gemacht.«
    Damit begann sie, das blutige Messer in ihrer Hand an ihrer Kleidung zu säubern. Nachdem das erledigt war, zog sie das Wurfmesser aus der Leiche und reinigte es ebenfalls. Sie erhob sich munter – und erstarrte plötzlich.
    Amara hatte weder ein Geräusch verursacht noch sich bewegt, trotzdem packte die Frau das Messer fester und wandte sich im Tunnel um, in Amaras Richtung. Sie duckte sich leicht und holte mit der kleinen Waffe aus, um sie jederzeit werfen zu können. Mit zusammengekniffenen Augen suchte sie den Gang ab. Dabei hielt sie den Kopf ein wenig schräg, ein Ohr nach vorn gewandt, und die Nasenlöcher waren weit aufgeblättert, als wollte sie Witterung aufnehmen.
    Eine Sekunde lang fand Amara es lustig. In jedem anderen Tunnel außer einem, der zu Sklavenpferchen führte, wäre Amaras Geruch nach der langen Zeit unterwegs vermutlich längst aufgefallen und hätte sie verraten. Sie legte ihrem Gemahl eine Hand auf die Brust, um ihn zurückzuhalten, trat zwei Schritte vor, wobei sie die Füße laut auf den Steinboden aufsetzte und den Schleier langsam senkte.
    Die Frau erstarrte, ehe sie die Augen aufriss. »Gräfin Amara?«
    »Hallo, Rook«, erwiderte Amara leise. Sie trat vor, hob die leeren Hände und sah die frühere Führerin der Blutkrähen des verstorbenen Hohen Fürsten Kalarus an, die Herrin seiner persönlichen Meuchelmörder. Als Rook sich von ihrem Fürsten abgewandt und anschließend mit der Krone zusammengearbeitet hatte, hatte sie damit maßgeblich zum Sturz von Kalarus beigetragen.
    Aber was machte sie hier?
    Nach einem Augenblick fragte Amara: »Willst du das Messer werfen?«
    Rook senkte die Waffe, kam aus der geduckten Stellung ein wenig hoch und atmete tief durch. Dann steckte sie die Waffe ein und wandte den Blick ab. »Sag lieber nichts.«
    »Ist schon in Ordnung«, meinte Amara langsam. »Ich bin auch Kursor. Daher verstehe ich, was du getan hast. Ich weiß, du gehörst nicht zum Feind.«
    Rook gab ein bitteres Krächzen von sich, das vielleicht als Lachen gemeint gewesen war. Dann hob sie das Kinn, ohne Amara anzusehen, und zog den Kragen ihrer zerrissenen Bluse vom Hals zurück.
    Dort glänzte ein schlichter, stählerner Reif, das bekannte Werkzeug eines Sklavenhalters.
    Ein Züchtigungsring.
    »Ich fürchte, da irrst du, Gräfin«, gab Rook zurück. »Ich gehöre zum Feind.«

28

    Zwei Tage später traf sich Isana mit den Stammeshäuptlingen der Eismenschen, und zwar an der gleichen Stelle, an der sie mit Große Schultern gesprochen hatte.
    »Das ist doch lächerlich«, sagte die Fürstin Placida und schritt im Schnee auf und ab. Sie zitterte unter mehreren Schichten von Mänteln. »Ehrlich, Isana. Meinst du nicht, irgendwer müsste es im Laufe der Jahrhunderte bemerkt haben, wenn die Eismenschen Wasserwirker wären?«
    »Lass dich von der Kälte nicht beirren«, sagte Isana, die selbst dagegen ankämpfen musste. Mit Wasserkräften konnte man die Kälte vertreiben, indem man den Blutfluss in den eigenen Gliedern aufrecht erhielt und indem man Schnee und Eis dazu überredete, nicht so kalt an der Haut zu liegen wie sonst. In Kombination mit einem guten Mantel genügte das, damit sie sich einigermaßen wohl fühlte. Aria hingegen war sicherlich nie zuvor in die Verlegenheit gekommen, solche verschiedenen Maßnahmen zu kombinieren, und obwohl ihre Fähigkeiten wahrscheinlich größer waren als Isanas, musste die Hohe Fürstin auf- und ablaufen.
    »Es ist nur ein bisschen einfache Feldkraft«, erwiderte Aria zitternd. Mehrere Strähnen ihres roten Haares waren unter der grünen Kapuze hervorgerutscht und tanzten im kalten Nordwind vor ihrem Gesicht. »So einfach, dass es jeder Legionare im Norden beherrscht. Und man braucht schon jemanden von deinen Wasserkräften, um überhaupt zu bemerken, dass es in fünf Fuß Entfernung angewandt wird. Sicherlich willst du aber nicht behaupten, dass die Eismenschen nicht nur über Elementarkräfte verfügen, sondern auch noch so gut damit umgehen können wie aleranische Cives,

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