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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Mann schrill und voller Panik.
    »Sie ist doch bloß eine Hure«, knurrte Ranius. »Eine, die mal auf ihren Platz verwiesen werden muss. Du kannst sie haben, wenn ich mit ihr fert …«
    Man hörte das laute Knacken eines brechenden Knochens, gefolgt von einem schweren Plumpsen.
    »Oh, Krähen!«, schrie der erste Mann schrill.
    »Er ist wohl schon fertig, Falco«, sagte die Frau völlig gelassen und höflich. »Möchtest du auch mal?«
    »Nein. Nein, nein, nein, pass auf«, plapperte Falco mit bebender Stimme. »Ich habe nie Ärger mit dir gehabt. Ja? Ich habe dich immer in Ruhe gelassen und nie ein Wort gesagt, während du die … Gefangenen verhört hast.«
    Die Frau klang nun hart und verächtlich. »Diese Menschen sind für Alera gestorben. Wenigstens kannst du es laut aussprechen. Ranius und ich haben sie nicht verhört, Falco. Wir haben sie bis zum Tod gefoltert. Und du hast nichts gemacht. Verfluchte Krähen, du hast keinen Mumm.«
    »Ich will bloß nicht sterben!«
    »Jeder muss mal sterben, Falco. Da kannst du machen, was du willst, am Ende wirst du enden wie Ranius, gleichgültig, was du tust.«
    »Ihr hättet sie nicht umbringen sollen«, warf Ranius ein. »Ihr hättet sie einfach nicht umbringen sollen. Er wird wütend sein.«
    »Ihr Tod war hart«, sagte die Frau, »aber wenigstens viel gnädiger, als wenn wir sie hierher gebracht hätten. Viel gnädiger, als unser Tod sein wird.«
    »Warum hast du Ranius nicht zurückgehalten?«, greinte Falco. »Du hättest ihn daran hindern können. Schließlich weißt du genau, was mit uns passiert, wenn wir ihm erzählen, was mit den Kursoren geschehen ist. Du bist klug. Du hast gewusst …«
    Falco unterbrach sich und schwieg.
    »Du hast noch eine halbe Stunde«, sagte die Frau seelenruhig. »Vielleicht möchtest du jetzt lieber still sein.«
    »Du hast es absichtlich zugelassen«, platzte Falco heraus. »Du wolltest den Tod der Kursoren, damit sie nichts ausplappern können. Du hast ihn betrogen.« Er holte tief Luft, und plötzlich klang seine Stimme entsetzt. »Du betrügst sie .«
    Ein leiser Seufzer hallte durch den Tunnel. »Die Krähen sollen’s holen, Falco …«
    »Du hast ihn belogen«, fuhr Falco wie benommen fort. »Wie bei den verfluchten Krähen hast du ihn belogen?«
    »Das Leben ist doch ganz leicht«, erwiderte die Frau leise. »Die Menschen dazu zu bringen, das zu glauben, was du sie glauben machen willst, ist schon ein bisschen schwieriger. Es ist hilfreich, wenn man sie ein wenig ablenkt.«
    »Ach, bei den Krähen«, stöhnte Falco. »Weißt du, was mit uns passiert, wenn er es herausfindet?«
    Die Frau sprach ruhig, beinahe mitleidig, und jetzt erkannte Amara die Stimme endlich. »Er wird es nicht herausfinden.«
    »Bei den Krähen«, fauchte Falco, »natürlich werden sie das. Sie wissen immer alles . Ich werde mir nicht die Eingeweide rausreißen lassen, damit diese Dinger in mich hineinkrabbeln.«
    »Ja«, sagte sie. »Das ist wahr.«
    Falcos Stimme wurde wieder panisch. »Geh weg von mir!«
    Es folgten rennende Schritte. Dann ein Sirren – ein Messer, das durch die Luft geworfen wird, vermutete Amara. Falco stieß einen Schrei aus, und den Geräuschen nach stolperte er und stürzte. Dann hörten sie rasche, leichtfüßige Schritte und einen gurgelnden Seufzer.
    Amara eilte vorwärts, bis sie die Frau deutlich erkennen konnte.
    Sie war nicht gerade hübsch, sah aber mit ihren starken Zügen recht ansprechend aus. Auch war sie nicht besonders groß, hatte aber eine selbstbewusste Haltung und bewegte sich schnell und sicher. Ihre gesamte Erscheinung ließ vermuten, dass sie tüchtig sein und ihr Handwerk sehr gut verstehen musste. Sie trug eine Fliegerhose aus Leder und eine dunkle Bluse aus Seide, die zerrissen war und den Blick auf weiche Haut freigab. Die Augen hatten die Farbe von fruchtbarer Erde nach einem warmen Regen. Im Gesicht hatte sie Blutspritzer.
    Auf dem Tunnelboden lag die Leiche eines großen Mannes, dessen Kopf in unnatürlichem Winkel verdreht war. Seine Zunge hing aus dem reglosen Mund: Ranius. Ein zweiter Mann lag neben ihren Füßen. Er war eigentlich noch nicht tot, aber das Blut spritzte nur noch schwach aus dem Schnitt in der Kehle in eine Lache auf dem Boden. Ein Wurfmesser ragte ihm aus der einen Kniekehle, in die es bis zum Heft versunken war.
    Die Frau beugte sich über ihn und strich ihm über das Haar. »Tut mir leid, Falco«, sagte sie leise, »aber ich kann mich doch nicht von dir verraten lassen.

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