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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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konnte Isana das Gesicht von Aria nicht erkennen, doch entging ihr nicht, wie die Fürstin überrascht und vor Sorge zusammenzuckte.
    Der Wind erstarb, und wie aus heiterem Himmel standen neun Eismenschen in lockerem Kreis um sie herum.
    Isana spürte, wie sich Araris und Aria von jeweils einer Seite an sie drängten, so dass sie zu dritt ein nach außen gerichtetes Dreieck bildeten. Araris ließ sich nichts anmerken – keine Anspannung, kein Unbehagen, keine Angst: Sie spürte nur die Zuversicht und Entschlossenheit eines meisterhaften Metallwirkers, der ganz eins mit seinen Elementaren geworden ist und alle Gefühle verdrängt, um sich gegen die Bedrohung zu wenden.
    Unter den Eismenschen gab es Unterschiede, das erkannte Isana auf den ersten Blick. Sie trugen nicht alle den gleichen Stil von Waffen und Verzierungen wie die Gruppe um Große Schultern, sondern jeder der neun hatte andere Kleidung an.
    Große Schultern war wieder dabei, in Fell und Leder. Er hielt einen handgefertigten, doch offensichtlich trotzdem gefährlichen Speer in der Hand. Der Eismensch neben ihm war wenigstens einen Fuß größer und weitaus dünner, und sein weißes Fell hatte einen kaum wahrnehmbaren Orangeton. Er trug eine große Keule, die, wie es schien, aus dem Oberschenkelknochen eines Riesentieres hergestellt war; obwohl Isana sich fragte, bei welchem Tier der Knochen tatsächlich sechseinhalb Fuß lang werden konnte. Das Fell um den Kopf war mit Muscheln verziert, die durchbohrt waren, damit man sie wie Perlen auffädeln konnte.
    Der Eismensch auf der anderen Seite von Große Schultern war kleiner als Isana, wog aber vermutlich drei bis vier Mal so viel wie sie. Er trug einen Mantel und einen Brustpanzer aus Haihaut, jedenfalls sah es so aus, und in einer Hand hielt er eine mit Widerhaken versehene, breite Harpune aus Knochen. Über der Schulter hatte er einen Köcher hängen, der wie eine kleine Ausgabe der Waffe aussah.
    Wanderer schnaubte wie eine Trompete, zum Gruß und zur Warnung, und Doroga nickte Große Schultern zu. »Guten Morgen.«
    »Freund Doroga«, sagte Große Schultern. Er deutete auf den orangefarbigen Eismenschen neben sich und sagte: »Sonnenuntergang.« Mit einer ähnlichen Geste zeigte er auf den Harpunenträger zur anderen Seite: »Rotes Wasser.«
    Doroga nickte beiden zu und erklärte Isana: »Sonnenuntergang ist der Älteste unter den Friedenshäuptlingen. Rotes Wasser ist der Älteste der Kriegshäuptlinge.«
    Isana runzelte die Stirn. »Es gibt verschiedene Anführer?«
    »Es gibt unterschiedliche Anführer bei den Aufgaben im Frieden und denen im Krieg«, berichtigte Doroga sie.
    Die Gegenwart der höchsten Anführer sowohl im Frieden als auch im Krieg war eine Verlautbarung, erkannte Isana. Die Eismenschen waren auf jeden möglichen Ausgang gleichermaßen vorbereitet. Einerseits sollte sie vielleicht nicht spüren, wie sehr sie weitere Kämpfe ablehnten, andererseits wollten sie möglicherweise von vornherein alle Gespräche über Waffenstillstand zugunsten fortgesetzter Feindseligkeiten verhindern. Oder aber sie waren vielleicht einfach nur ehrlich.
    Isana seufzte leise und öffnete die Schutzmauer, mit der sie sich ständig vor den überwältigenden Gefühlen anderer abschirmte. Sie wollte alles über die Eismenschen erfahren, was möglich war.
    Fürstin Arias schwache, streng beherrschte Sorge nahm sie plötzlich schmerzhaft wahr, ebenso wie Dorogas gedämpfte, aber anhaltende Angst um seine Tochter. Hinter sich spürte sie schwach die Aleraner auf der Schildmauer, die sich mit sanftem Elementarwirken gegen die Kälte schützten. Die Mauer strahlte ein stilles, beständiges und ausdauerndes Gefühl aus, ein Gefühl an der Grenze zwischen Zorn und Hass. Und es war nicht ganz klar, ob es diese Grenze überschreiten würde oder nicht.
    »Der Junge hat gesagt, du bist hier, weil du um Frieden bitten möchtest«, sagte Sonnenuntergang leise, aber in verständlichem Aleranisch mit starkem Akzent.
    Isana zog eine Augenbraue hoch und nickte ihm zu. »Das stimmt.«
    Obwohl sich niemand bewegte oder andere Reaktionen zeigte, spürte Isana eine kleine Welle des Misstrauens und des Unbehagens bei den Eismenschen.
    Sie holte tief Luft und packte Araris am Handgelenk, damit er blieb, wo er war, ehe sie vortrat und sich darauf konzentrierte, ihre Gefühle ganz klar und deutlich zu zeigen. Sie ging auf Sonnenuntergang zu und bot ihm die Hand an.
    Es gab einen Ausbruch von Misstrauen und Zorn, und Rotes Wasser stand

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