Die Befreier von Canea
er über eine Wurzel stolperte.
»Jetzt guck nicht so erstaunt, Aleraner«, meinte Kitai. »Es war nicht schwierig, vorauszuahnen, was du unternehmen würdest. Du hast schon oft erfolgreich mit deinen Feinden verhandelt. Hast sie sogar zu deinen Freunden gemacht.« Ihre grünen Augen funkelten. »In manchen Fällen zu sehr engen Freunden.«
Tavi schüttelte den Kopf. »Du hast mich benutzt.«
»Ja.«
»Du hast mich benutzt !«, wiederholte Tavi.
Ihr Grinsen wurde breiter. »Und es ist alles bestens gelaufen. Du warst wirklich eine richtig gute Zugkuh für die Vord.«
»Pferd«, berichtigte Tavi sie müde. »Es heißt Zugpferd.«
Kitai legte den Kopf schief. »Glaubst du wirklich, irgendwer würde ein Pferd einer derartigen Gefahr aussetzen?«
Max und Durias lachten schallend.
Ein Vord-Cane kam zwischen einigen Kiefern hervorgesprungen und griff sie an. Varg erwischte das Vord mitten im Sprung mit solcher Wucht und Geschwindigkeit, dass er den Gegner in zwei Teile hieb.
»Tavar«, knurrte Varg, weiterhin wachsam den Wald absuchend. »Für diese Diskussionen ist jetzt keine Zeit.«
Tavi starrte kurz das noch zuckende Vord an, und sein Herz klopfte vor Schreck bis zum Hals. Er nickte Varg zu und brummte zustimmend. »Aber darüber reden wir noch«, sagte er und warf Kitai einen bösen Blick zu.
Die lächelte gelassen und erwiderte nichts, während sie das Chaos hinter sich ließen, das dieses Land nun genauso befallen hatte wie zuvor das Kroatsch .
36
Nachts, nachdem sich die Dunkelheit über die besetzte Stadt gesenkt hatte, kehrte Amara auf den Sklavenmarkt zurück. In den Straßen sah sie hier und da Elementarlampen: Die einzigen aleranischen Lichter, die geblieben waren, brannten, seit sie von den früheren Bewohnern von Ceres angezündet worden waren. Sie würden noch ein oder höchstens zwei Tage weiter leuchten. Im Augenblick jedoch erzeugte das Licht breite Schatten, die es Amara erleichterten, unsichtbar zu bleiben.
Das grünliche Licht des Kroatsch innerhalb der Stadt genügte, um die Gebäude der Umgebung zu bescheinen, und so hatte Amara keinerlei Schwierigkeiten, die Trümmerhaufen zu umgehen, die in den Straßen zum Sklavenmarkt lagen. Zweimal kamen Vord-Hüter vorbei, die ihre langen Beine wellenartig bewegten. Die durchscheinenden Panzer der spinnenartigen Wesen leuchteten ähnlich wie das Kroatsch von innen heraus. Einmal sah sie, wie eine dieser Kreaturen Kleckse von Kroatsch ausspuckte und sie auf einer Fensterbank glatt strich, wo die wachsartige Masse offensichtlich Wurzeln schlug und wuchs.
Ceres war zwar im Moment noch für Menschen bewohnbar gewesen. Aber die Vord hatten eindeutig die Absicht, das zu ändern.
Amara beschleunigte ihre Schritte.
Sie kam aus einer anderen Richtung als der, die Rook ihr gezeigt hatte. Die ehemalige Anführerin der Blutkrähen von Kalarus hatte offensichtlich einen gewissen Einfluss auf Brencis gewonnen. Der junge Mann, der allein in dieser fremden Welt stand, begrüßte sicherlich sowohl die körperliche als auch die emotionale Verbindung mit jemandem, den er kannte, und er hatte kaum Chancen, sich ihrer Fähigkeiten zu erwehren. Dennoch war Rooks Macht über Brencis so zart wie Spinnweben. Wenn er je begriff, welches Spiel sie trieb, würde er sich ihrer einfach entledigen, und falls Rook in den vergangenen Stunden entlarvt worden war, wäre sie vielleicht gezwungen gewesen, Amara zu verraten.
Und falls nicht, so hatte Vorsicht noch niemandem geschadet.
Der Sklavenmarkt wurde von Elementarlampen erhellt, dazu kam Licht von einem Berg Kroatsch , das wie eine Zyste aus dem Pflaster wuchs und mit den spinnenähnlichen Hütern bedeckt war. Ansonsten sah man mehr Vord hier als tagsüber. Waren sie vielleicht eher Wesen der Nacht? Oder gab es eine andere Erklärung für ihre Anwesenheit?
Das »Rekrutieren« ging in der gleichen Geschwindigkeit voran, wie sie das schon zuvor beobachtet hatte. Ein halbes Dutzend benommene Aleraner mit frischem Züchtigungsring lag auf dem Versteigerungspodest. Einige Sklaven mit verschlafenen Blicken hatten sich an sie geschmiegt, flüsterten ihnen zu und taten auch noch andere Dinge im Licht der tanzenden Elementarlampen. Amara schauderte und wandte den Blick ab.
Brencis saß an einem kleinen Tisch neben dem Podest und trank aus einer dunklen Flasche. Er stellte sie zur Seite und schlang Essen in sich hinein. Rook saß auf der Bank neben ihm, ihr Haar war zerzaust, und ihre Kleidung war auf verlockende Weise
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