Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
ehemalige Hohe Fürstin überragte die Königin um gut einen Kopf. Sie hatte die Haare zurückgebunden und trug das eng am Körper anliegende schwarze Chitin der Vord, daher sah sie schlanker aus als die mantelverhüllte, kleinere Gestalt neben ihr. Aus dieser Nähe erkannte Amara das Ding, das auf ihrer Brust hockte. Es erinnerte fast an eine Wachsspinne, war jedoch kleiner und in einen dunklen Panzer gehüllt. Die vielen Beine klammerten sich an den Oberkörper der Fürstin Aquitania, und entsetzt erkannte Amara, dass es die Spitzen der Krallen in die Haut der Fürstin gebohrt hatte. Aber noch schlimmer fand Amara die Mandibeln von Fingerlänge, die das Geschöpf in das Fleisch versenkt hatte, und zwar genau über dem Herzen. Dieses Wesen zitterte und pulsierte seltsam im Takt eines Herzens.
    »Herrin«, sagte die Fürstin glattzüngig.
    »Beurteile, welchen Fortschritt der männliche Fänger gemacht hat«, murmelte die Königin. Ihre Stimme klang wie ein Brummen und wirkte so unmenschlich wie die Augen, als würden viele junge Frauen gleichzeitig sprechen.
    Die Fürstin Aquitania neigte den Kopf erneut und wandte sich dem Sohn des vormaligen Hohen Fürsten von Kalare zu. Sie ging zu ihm, und ihre mit Chitin überzogenen Füße klickten laut in der Stille. Dann kniete sie bei Brencis, der sich ebenfalls auf den Boden geworfen hatte, und strich ihm mit den Fingern leicht durchs Haar.
    Brencis schauderte und blickte auf. In seinen Augen stand die gleiche innige, hoffnungslose Verehrung wie in denen der anderen Sklaven auf dem Platz.
    »Sag mir, wie viel du geschafft hast, lieber Junge«, murmelte die Fürstin.
    Brencis nickte. »Ich habe ohne Unterlass gearbeitet, Fürstin. Ich habe weitere Cives und Ritter rekrutiert, und zwar vor allem Erdwirker, wie du befohlen hast. Hundertzwanzig neue stehen bereit, um deine Befehle auszuführen, wann immer du willst.«
    »Sehr gut gemacht«, sagte die Fürstin lobend.
    Brencis zuckte zusammen, zitterte vor Freude und verdrehte die Augen kurz. Im nächsten Moment stotterte er: »Danke, Fürstin.«
    »Zehn Dutzend nur?«, fragte die Vord-Königin. »Zu langsam.«
    Die Fürstin Aquitania nickte. »Brencis«, sagte sie, »es wird Zeit, dass du mir zeigst, wie man den Ring anlegt.«
    Brencis schloss die Augen. Wieder zuckte sein Körper, diesmal jedoch nicht vor Lust. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse, und er presste durch die zusammengebissenen Zähne hervor: »Ich. Sage. Nichts.«
    »Brencis«, schalt die Fürstin, »du fügst dir so nur selbst Schmerzen zu. Erkläre es mir.«
    Der junge Mann knirschte mit den Zähnen und erwiderte kein Wort. Plötzlich rann Blut aus seinem einen Nasenloch.
    Die Fürstin Aquitania blieb eine Sekunde lang reglos. Dann erhob sie sich und sagte ruhig: »Also gut. Ein anderes Mal. Du kannst weiter schweigen.«
    Brencis keuchte und schien fast mit dem Boden zu verschmelzen. Einige Sekunden lang hörte man nur sein erleichtertes Schluchzen, weil der Schmerz aufgehört hatte.
    »Tut mir leid«, sagte die Fürstin Aquitania und wandte sich der Vord-Königin zu. »Der Ring, den ich ihm angelegt habe, ist nicht so stark wie das, womit er die Verbindungen zu den Sklaven beeinflusst. Ich kann ihn nicht zwingen, sein Wissen preiszugeben.«
    Die Vord-Königin legte den Kopf schief. Das dunkle glänzende Haar fiel in sanften Wellen aus der Kapuze. »Kannst du ihn nicht zwingen, sich selbst den gleichen Ring anzulegen?«
    Die Fürstin schüttelte den Kopf. »Er trägt bereits einen. Ein zweiter würde nicht mehr wirken.«
    Die Königin neigte den Kopf in die andere Richtung.
    »Es hätte einfach keine Wirkung bei ihm«, wiederholte die Fürstin.
    Die Königin blinzelte einmal. Dann blickte sie an dem schluchzenden Brencis vorbei.
    Zu Rook.
    »Warum hat sie sich gefreut, als er Widerstand geleistet hat?«, fragte die Königin. »Sie hat ein Lächeln verborgen. Das Gesichtsmerkmal von Freude, nicht wahr?«
    »Ja. Allerdings kann ein Lächeln sehr viele unterschiedliche Dinge bedeuten«, erklärte die Fürstin. Sie sah ebenfalls zu Rook, die auf dem Boden lag, das Gesicht zum Boden gerichtet. »Eine junge Frau. Vielleicht ist ihr Schicksal mit seiner Zukunft verbunden. Deshalb ermutigt sie ihn, Stillschweigen zu bewahren, damit er seine Macht aufrecht erhalten kann.«
    Die Vord-Königin dachte darüber einen Augenblick nach, ehe sie lautlos zu Rook ging und vor ihr stehen blieb. »Das wäre also zu ihrem eigenen Vorteil.«
    »Richtig.«
    »Einzelwesentum

Weitere Kostenlose Bücher