Die Befreier von Canea
dient unseren Zwecken nicht!«, sagte die Königin ruhig. Dann verschwamm ihre Gestalt, und Amara sah, wie grün-schwarzes Chitin an den Spitzen ihrer hellen Finger hervortrat. Sie riss Rook einfach die Kehle heraus.
Amaras Herz wäre angesichts dieses brutalen und unvermittelten Vorgehens beinahe stehen geblieben. Nur mit Mühe konnte sie einen Schrei unterdrücken, und damit den Drang, der verwundeten Frau zur Hilfe zu eilen und sie zu verteidigen.
Rook gab einen Laut von sich, der einem pfeifenden Keuchen glich. Sie rollte sich halb auf eine Seite und zuckte schwach mit Armen und Beinen. Blut strömte aus der klaffenden Wunde an ihrem Hals.
Die Vord-Königin stand vor der sterbenden Frau und betrachtete sie mit mildem Interesse, ohne auch nur einmal zu blinzeln.
»Was«, fragte die Königin, »ist Mascha?«
Die Fürstin wirkte unbeteiligt. Trotzdem wandte sie den Blick von der Sterbenden ab, als sie antwortete: »Ein Mädchenname. Vielleicht ihre Schwester oder ihr Kind.«
»Aha«, sagte die Vord-Königin. »Und was ist Gräfin Amara?« Sie legte den Kopf schief, und ihre abscheulichen Facettenaugen glitzerten im Licht der Elementarlampen. »Eine Frau. Unverheiratet.«
Die Fürstin fuhr zu der Königin herum. »Was?«
Die Königin blickte sie ausdruckslos an. »Ihre Gedanken. Kurz vor dem Tod denken sie mehr.«
Die Fürstin eilte zu Rook, drehte ihr Gesicht leicht zur Seite und riss die Augen auf, als sie Rook erkannte. »Verfluchte Krähen.« Sie sah zu Brencis und fauchte: »Eine Heilwanne, aber schnell!«
Dann drückte sie die klaffende Wunde in Rooks Hals zusammen. »Du hast … bei den Krähen, die Wunde ist …« Sie sah auf und brüllte: »Brencis!«
»Was machst du denn?«, fragte die Königin mit höflicher Neugier.
»Die Frau ist eine Spionin von Gaius Sextus«, sagte die Fürstin knapp. »Sie könnte uns vielleicht Dinge mitteilen, die …« Schaudernd unterbrach sie sich.
»Tot«, sagte die Vord-Königin ohne die geringste Anteilnahme. Um das Wort zu unterstreichen, hob sie das blutige Fleisch, das sie noch in der Hand hielt, an den Mund und biss davon ab. Ein Tropfen von Rooks heißem Blut dampfte in der kühlen Nachtluft, nachdem er das Kinn der Königin verschmiert hatte.
»Was hast du über diese Amara erfahren?«, fragte die Fürstin Aquitania.
»Warum?«
»Weil es wichtig sein könnte«, sagte die Fürstin, die ihre Wut und Enttäuschung verbergen musste.
»Warum?«
»Weil sie ebenfalls eine Spionin von Gaius ist«, sagte die Fürstin und erhob sich ein wenig unsicher. »Sie und Rook haben schon einmal gemeinsam gearbeitet, und …« Plötzlich kniff sie die Augen zusammen. »Amara muss hier sein.«
Der Schreck, der Amara durchfuhr, gesellte sich zu der hilflosen Wut und dem entsetzlichen Mitleid in ihrer Brust, und sie schob beide zur Seite, um Cirrus zu rufen. Sie lieh sich Geschwindigkeit von dem Windelementar, holte aus und warf das Steinmesser auf die Fürstin Aquitania. Die Waffe erzeugte ein scharfes Knacken wie eine Peitsche, als es mit beinahe träger Anmut in kreisenden Bewegungen davonflog.
Amara hatte gut gezielt. Das schwere Steinmesser traf die Fürstin mitten in der Brust, genau dort, wo das zitternde Vord- Ding saß. Die Klinge, die aus schwerem Granit gewirkt war, stellte ein eher unpraktisches Werkzeug für den alltäglichen Gebrauch dar, doch für die Aufgabe, das Fleisch eines einzigen Opfers zu spalten, war sie durchaus geeignet. Allein das Gewicht ließ die Spitze so tödlich wirken wie die eines Pfeils oder einer Stahlklinge, besonders bei der Geschwindigkeit, die Amara ihm verlieh. Das Messer durchbohrte dieses Vord so leicht wie einen faulen Apfel und stieß weiter in das Fleisch darunter vor. Ein Knochen brach mit lautem Knacken, und die Fürstin Aquitania wurde von den Füßen gerissen und landete auf dem Boden.
Amara knirschte mit den Zähnen. Jetzt lief alles überhaupt nicht mehr nach Plan, aber nun konnte sie daran nichts mehr ändern. Brencis war unterwegs, um eine Heilwanne zu holen, und er war nirgendwo zu sehen, während die Fürstin Aquitania – nein, Invidia , dachte Amara wütend, denn eine aleranische Civis war diese Frau nicht mehr – Amaras Schleier gelüftet hatte. Bevor Invidia also ganz auf dem Boden lag, hatte sich Amara schon umgedreht und war in die Luft gesprungen, nachdem sie Cirrus gebeten hatte, sie in die Höhe zu tragen.
Ihre Füße befanden sich vielleicht sieben Fuß über dem Boden, als sie einen eisernen Griff
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