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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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vorbei und blieb hinter Invidias Stuhl stehen.
    Invidia setzte sich zurecht, lehnte sich an und fasste mit den schwachen Fingern die Armlehnen. »Gräfin«, sagte sie, »wie immer rasch mit einem Urteil zur Hand.«
    »Vielleicht hast du recht«, sagte Amara. »Du hast sicherlich einen hervorragenden Grund, warum du vor den Feinden des Reichs kriechst und unsere Cives ermordest und versklavst. Jeder mit ein bisschen Verstand im Kopf wird dir alles vergeben können. Ganz gewiss.«
    Invidia kniff die Augen zusammen. »Sieht es so aus, als hätte ich eine Wahl, Gräfin?«
    »Ich sehe keinen Ring an deinem Hals, Invidia «, erwiderte Amara.
    Zum ersten Mal schien die andere Frau zu bemerken, dass Amara den Titel nicht verwendete. Ihre Miene zeigte zunächst Überraschung, dann beleidigte Wut, und schließlich, wenn auch nur für einen Moment, ein gewisses Bedauern.
    »Die Menschen hier, die du gebrochen hast, die hatten keine Wahl. Du hast sie ihnen genommen.«
    Die Vord-Königin legte Invidia die Finger auf den Hals. Die Spitzen der grün-schwarzen Krallen gruben sich in die zarte Haut an der Kehle der früheren Hohen Fürstin. Sie zitterte und wogte entsetzlich hin und her, als hätte sich ein anderes Wesen im Schlaf unter ihre Haut geschlichen. Die Finger griffen zu, und winzige Rinnsale aus Blut liefen über Invidias blasse Haut.
    »Nachdem mich dein Mentor verraten hatte«, sagte Invidia und verzog den Mund zu einer Schnute, »und mich blutend liegen gelassen hat, mit Garic-Öl in meinen Wunden, bin ich geflohen und wurde von meiner neuen Lehnsherrin gefunden.« Sie deutete mit dem Kopf leicht in Richtung der Vord-Königin. »Die hat mir ein Angebot gemacht: mein Leben gegen meine Treue.«
    »Das klingt, als wäre es ein Tauschhandel gewesen«, murmelte die Königin, deren Facettenaugen halb hinter geschlossenen Lidern verborgen waren. »Es war kein Tausch, sondern eine Vereinbarung, die weiterhin gilt.« Dann schloss sie die Augen und zitterte erneut. Ihre Bewegungen wirkten fremdartig, und Invidia verstummte.
    Amara schauderte und sah voller Ekel und Faszination zu, während sie mit ihren Gedanken kämpfte.
    Die Vord-Königin lächelte milde, seufzte leise und öffnete die dunklen weichen Lippen. Zwischen ihnen schoben sich lange, spinnenähnliche Beine hervor. Sie schienen zu wachsen wie die Äste einen Baumes, nur viel schneller. Nachdem sie etwa einen Fuß lang waren, begannen sie sich zu bewegen und schwankten wie Schilf am Ufer eines Sees.
    Die Königin öffnete den Mund weiter, und ein knollenartiger Körper drängte sich heraus und bildete seine Form aus, bis er so aussah wie dieses Ding, das zuvor auf Invidias Brust gesessen hatte, wenn auch ein wenig kleiner.
    Die Vord-Königin hob die Hand und nahm sich dieses Wesen so vorsichtig aus dem Mund, als habe sie es mit einem Neugeborenen zu tun. Langsam umfasste sie Invidias Leib und hielt das Wesen der Aleranerin vor die Brust. Das Ding streckte die Beine aus und ließ sie leichtfüßig über Invidias Oberkörper gleiten, um dann plötzlich mit allen, ungefähr einem Dutzend Beinen wie eine Schlange zuzustoßen. Das Wesen klammerte sich an Invidia, rammte den Kopf nach vorn und grub die langen Mandibeln in das Fleisch der Aleranerin.
    Invidia schloss kurz die Augen, schauderte, regte sich aber nicht und wehrte sich nicht gegen das Wesen. Es schien seinen richtigen Platz zu suchen, ehe es die Krallen an jedem Bein in die Haut senkte und weiter dunkle Flüssigkeit aus ihr sog.
    Binnen Sekunden bekam Invidia wieder eine gesündere Hautfarbe, und sie seufzte tief. Blinzelnd schlug sie die Augen auf. »Oh, danke.«
    Die Vord-Königin starrte Invidia einen Moment lang nur an. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Amara zu.
    »Also«, sagte Invidia, »wo waren wir stehen geblieben, Gräfin?«
    »Fidelias«, sagte Amara. Sie kämpfte darum, mit ruhiger Stimme zu sprechen, doch das gelang ihr nicht. Die Kälte hatte ihre nasse Kleidung durchdrungen, und sie begann zu zittern. Ihre Stimme bebte.
    »Ja«, sagte Invidia, und ihre Stimme wurde mit jedem Wort fester. »Der liebe Fidelias. Du weißt nicht zufällig, wo er sich herumtreibt?«
    »Meines Wissens nach war er in deiner Gesellschaft«, sagte Amara. »Ansonsten sollte er tot sein.«
    »Tatsächlich?«, fragte Invidia. »Das mag ich gar nicht glauben. Du hast ihm sehr nahe gestanden. Schließlich war er dein Patriserus .«
    Amara biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten. »Er war ein Verräter.«
    »Sogar

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