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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Sie starrte Amara noch kurz an, ehe sie den Kopf schüttelte. »Lebwohl, Gräfin. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, wird es sicherlich freundlicher zugehen.«
    Amara bekam vor Angst Herzklopfen. »Was meinst du damit?«
    Der Schrei der Vord-Königin hallte durch den Hof, und kurz darauf erfüllte das Tosen der Vord den Hof, die mit ihren grün-schwarzen Flügeln in den Himmel aufstiegen.
    »Brencis hat es ganz wunderbar gemacht, an meinen Rippen, meinen Lungen und meinem Bauch«, sagte Invidia. »Du brauchst also keine Angst zu haben. Er versteht sein Handwerk.«
    Brencis stand vor Rooks reglosem Körper, und sein Gesicht verriet nichts außer einer eigenartigen entrückten Hitze. Mit leerem Blick wandte er sich sehr langsam von der Leiche ab und Amara zu.
    »Brencis«, sagte Invidia, während sich die ringtragenden Aleraner um sie versammelten, um mit ihr in den Himmel aufzusteigen. »Leg ihr einen Ring an.«
    Amaras entsetzter Protestschrei ging im Heulen eines Dutzends Windströme unter, auf denen Invidia und ihre Eskorte das gefallene Ceres hinter sich ließen.

38

    Isana konnte es an ihren Fingern abzählen, wie oft sie in ihrem Leben Hosen getragen hatte. Dabei fand sie das eigentlich gar nicht so schlimm. Viele Frauen auf den Wehrhöfen trugen Hosen, besonders beim Kräutersammeln im Wald, bei der Arbeit mit Tieren oder auf den Feldern. Aber Isana bevorzugte einfach Kleider.
    Die lederne Fliegerkleidung fühlte sich seltsam an, besonders die Hose, aber sie war wenigstens warm. Das war wichtig, hatte Araris sie ermahnt, wenn man bei dieser Kälte eine Rüstung aus Metall trug. Das Metall konnte nämlich an der Haut festfrieren, und dazu genügte schon ein Tropfen Schweiß oder Speichel. Oder eine Träne.
    Oder Blut.
    Sie zitterte und rückte den Schwertgurt zurecht, der den langen gepanzerten Mantel zusammenhielt. Erneut überprüfte sie die Waffe, zog den Gladius ein Stück aus der Scheide und schob ihn wieder hinein. Auch die Waffe konnte festfrieren, wenn man nicht aufpasste.
    Aria stand neben ihr. »Da sind sie. Endlich.«
    Isana sah zum grauen Himmel hoch. »Er hat gehofft, das Wetter würde sich verschlechtern«, sagte sie. »In einem Schneesturm würde man ein öffentliches Duell nicht durchführen.«
    Aria seufzte. »Vermutlich.«
    Isana drehte sich nicht zur Schildmauer um. Wieder standen sie auf dem Treffpunkt, wo sie die Verhandlungen mit den Eismenschen geführt hatten. Der Schnee in der Umgebung hatte kleine Hügel oder kahle Stellen gebildet, wo ihr Wasserwirken mit seiner Heftigkeit die gewöhnlichen Schneewehen durcheinander gewirbelt hatte.
    »Aria«, sagte Isana. »Falls ich … Falls der heutige Tag nicht gut für mich ausgeht …«
    »Ach«, meinte Aria, »deshalb hast du mich als Sekundanten ausgesucht und nicht Araris.«
    »Ich glaube, er könnte sich nicht beherrschen. Ganz bestimmt würde er sich sofort auf Antillus stürzen.«
    »Und warum glaubst du, ich würde das nicht tun?«, fragte die Fürstin Placida seelenruhig.
    Isana warf einen Seitenblick auf ihre Begleiterin. Aria trug ein schlankes Schwert an der Seite.
    »Oh, nicht du auch noch«, seufzte Isana.
    Die Fürstin Placida lächelte Isana an wie ein Wolf. »Keine Bange. Ich werde seine Haut heillassen. Aber das Gewissen werde ich aus ihm herausprügeln.«
    Isana nickte. »Wenn es schon sonst nichts nutzt … Vielleicht bekommst du wenigstens die Gelegenheit, ihn von der richtigen Sache zu überzeugen.« Eine Bewegung am Rand der Bäume lenkte ihren Blick auf sich. Ein riesiger Schemen lag dort im Zwielicht der frühen Dämmerung – Wanderer, der Gargant. Doroga trat aus dem Schatten und lehnte sich, vielleicht hundert Schritt entfernt, auf seinen langen Stock. Er nickte langsam und voller Respekt. Isana nickte zurück.
    Aria seufzte. »Ich kann nicht glauben, dass es so weit gekommen ist. Der junge Mann, den ich einst kannte, hätte nie … so etwas getan. Raucus hat sich nach der Heirat mit Kalarus Dorotea verändert. Sie konnten sich überhaupt nicht leiden, aber ihre Väter haben die Ehe eingefädelt. Dadurch sollten die Städte des Nordens mit denen des Südens verbunden werden, weißt du.« Sie schüttelte den Kopf. »Da kommen sie.«
    Isana drehte sich langsam und ernst um und sah Fürst Antillus entgegen.
    Auf den Anblick, der sich ihr bot, war sie ehrlich nicht vorbereitet.
    Alle Angehörigen der Legion und ihres Trosses, so schien es, hatten sich auf der Mauer versammelt, um sich das Duell anzuschauen.

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