Die Befreier von Canea
rechtmäßigen Herrn, er hat sogar versucht, einen Waffenstillstand mit den Eismenschen zu verhindern, weil er danach keine Ausrede mehr gehabt hätte, sich dem Willen des Ersten Fürsten zu widersetzen. Falls er dieses Duell vermeiden will, muss er seine Legionen und seine Militia sofort nach Süden in Marsch setzen, damit sie das Reich verteidigen können.«
Doroga grunzte. Er nickte Antillus zu. »Jetzt du.«
»Meine oberste Pflicht gilt meinem Volk, nicht Gaius Sextus oder der Krone, die er trägt«, knurrte Antillus. »Ich habe nicht den Wunsch, dieses Duell auszutragen. Aber ich werde meine Pflichten nicht vernachlässigen.« Er deutete mit einer Hand auf die Mauer hinter sich und die Leute, die darauf standen. »Du willst wissen, warum ich kämpfe? Ich kämpfe für sie.«
»Ihr kämpft beide für sie, Raucus«, sagte Aria leise und traurig. »Du bist nur zu starrsinnig, um es zu begreifen.«
Doroga schüttelte den Kopf. »Isana, möchtest du von deiner Herausforderung zurücktreten?«
»Nein«, sagte Isana. Sie unterdrückte das Beben in ihrer Stimme, allerdings nur mit Mühe.
»Wie steht es mit dir, Antillus?«
»Nein«, antwortete Raucus.
Doroga öffnete sein Futteral, holte ein zusammengerolltes Stück Papier heraus und las darin, ehe er nickte und sagte: »Seid ihr beide sicher?«
Beide bejahten.
Doroga las das Papier noch einmal sorgfältig, wobei er die Lippen bewegte, und nickte. »Richtig. Ihr beide dreht euch um und geht zehn Schritte, während ich zähle.«
»Tut mir leid«, sagte Raucus. Er wandte Isana den Rücken zu.
Isana drehte sich ebenfalls um, antwortete jedoch nichts. Ihre Beine zitterten, als sie den ersten Schritt machte, und Doroga zählte laut vor. Dann drehte sie sich wieder zu Raucus um.
Der Marat-Häuptling hob den Stock über den Kopf. »Wenn ich den Stock senke«, sagte er, »ist mein Anteil an diesem Ritual vorbei. Dann kämpft ihr zwei.«
Mit einer geübten Bewegung legte Antillus Raucus, der gefährlichste Mann in Alera, geschmeidig und unversöhnlich die Hand auf sein Schwert.
Isana schluckte und tat es ihm nach, obwohl sie dabei im Vergleich eher unbeholfen wirkte. Ihre Hand zitterte und fühlte sich schwach an.
Doroga senkte den Stock auf den eisigen Boden …
… und Antillus Raucus rauschte so schnell auf sie zu, dass sie den Bewegungen seiner Gliedmaßen kaum folgen konnte. Es war einfach nur dunkles Leder und blanker Stahl, die auf sie zurasten, ehe Isana ihr kleines Schwert auch nur halb aus der Scheide gezogen hatte.
Er will es schnell hinter sich bringen, gnädigerweise, dachte sie. Zu dem Zeitpunkt war Raucus nur noch einen langen Schritt entfernt, und sein Schwert glänzte in der aufgehenden Sonne. Sie hatte die Hand gehoben und rief Bächlein.
Schnee und Eis unter Raucus’ Füßen erhoben sich zu einem kleinen Hügel, oder genauer gesagt zu einer eisigen Rampe. Isana gab ihren zitternden Beinen nach und ließ sich auf den Boden fallen, während der rutschige, schräge Boden Raucus’ Geschwindigkeit gegen ihn wandte. Der Hohe Fürst flog mit rudernden Armen über sie hinweg.
Isana zog ihr Schwert und erhob sich wieder auf die Füße, wobei sie Raucus’ Flug genau beobachtete, denn der Fürst begann tatsächlich zu fliegen und ließ sich von einem Windstrom tragen, ehe er auf dem Boden landete. Er zog einen weiten Kreis und vollführte eine Geste. Kaum einen Fuß vor ihrem Gesicht flammte eine Feuerkugel auf.
Isana reagierte ohne nachzudenken, sammelte Schnee vom Boden und schirmte das heiße, weiße Feuerwirken ab. Sie duckte sich und ließ weiter Schnee aufsteigen, der die Feuerkugel einhüllte wie ein kleiner weißer Fluss. Dampf wallte auf und hätte sie eingeschlossen, wenn sie nicht immer weiter Schnee auf das Feuer hätte wirbeln lassen, bis die Kugel erlosch. Der Dampf gefror zum Teil wieder, ein anderer Teil stieg in die Höhe auf.
Sie sah Raucus erst kommen, als er in einem heulenden Wind durch die Säule aus Dampf und Schnee schoss. Eis und Schnee sprühten in alle Richtungen.
Stundenlange Übungen mit Araris hatten ihre Reflexe geschult, und zwar weitaus besser, als ihr das bislang bewusst gewesen war. Sie riss das Schwert hoch, weil sie den Hieb abwehren wollte, den sie erwartete, doch sie wollte nicht gleich zum Gegenangriff ansetzen, da sie glaubte, sich mit der Kraft eines Hohen Fürsten nicht messen zu können. Die Klingen trafen sich. Hellblaue Funken regneten hernieder, und Raucus’ Schwert schnitt einen Streifen Metall
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