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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Gaius ging hinein. Amara blickte ihm einen Moment lang hinterher und presste die Lippen hart aufeinander. Eine leise und doch gewaltige Woge an Gefühlen schlug über ihr zusammen, als sie den Ersten Fürsten vor sich sah, seine Stimme hörte und seine unbekümmerte, tüchtige und entschiedene Ausstrahlung erlebte. Mit der gleichen entschlossenen Ruhe hatte er den großen Elementar Kalus auf das Volk von Kalare losgelassen und dabei Zehntausende unschuldiger Aleraner gemeinsam mit den Truppen des aufrührerischen Hohen Fürsten Kalarus getötet.
    Und sie hatte auf einem Berg nahe der Stadt gestanden und dem Sterben der Menschen zugeschaut.
    Dass er sie dazu gezwungen hatte, dafür hasste sie ihn am meisten.
    Bernard legte ihr seine große warme Hand auf die Schulter. »Liebste«, sagte er leise, »kommst du?«
    Amara schenkte ihrem Gemahl das beste Lächeln, das sie zustande bringen konnte, straffte sich und folgte Gaius in sein Arbeitszimmer.
    Wie der Rest der Zitadelle war auch dieser Raum reich und edel eingerichtet, ohne dabei übertrieben verschwenderisch zu wirken. Es gab einen breiten Schreibtisch aus grünschwarzem hartem Holz von einem Baum aus Rhodos, der in der Nähe des Fieberdorndschungels wuchs, an den Wänden standen entsprechende Regale, deren Böden sich unter der Last von Büchern jeder Art durchbogen. Amara hatte viele solcher Arbeitszimmer gesehen, in denen die Bücher eigentlich nur als Schmuck dienten. Hier jedoch war ohne Zweifel jedes Buch gelesen und bedacht worden.
    Gaius ging raschen Schritts zu einem Schränkchen, öffnete es, holte eine Flasche Wein und einen Becher heraus und bewegte sich kraftvoll und zielstrebig – bis Bernard die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    Danach ließ der Erste Fürst den Kopf und die Schultern einen Moment lang hängen. Er holte ein paar Mal tief Luft, und Amara hörte das Rasseln seiner Lungen. Daraufhin öffnete er die Flasche, die einen Duft wie von einem besonders scharfen Gewürzwein verströmte, unterdrückte den Husten und trank das Glas rasch in mehreren Schlucken leer.
    Amara blickte ihren Gemahl stirnrunzelnd an.
    Der Erste Fürst, so schien es, war ganz und gar nicht so stark und gesund, wie er die Civitas glauben machen wollte. Natürlich hatte Amara keine Zweifel, dass er ihnen absichtlich seinen wahren Zustand kundtat, und zwar aus ganz bestimmten Gründen. Oder vielleicht auch nicht. Schließlich hatten Amara und Bernard ihn auch in viel schlimmerem Zustand gesehen, als sie durch die Sümpfe von Kalare gewandert waren. Deshalb brauchte er sich keine Gedanken über mögliche Folgen zu machen, wenn er die Maske jetzt ebenfalls vor ihnen fallen ließ.
    Gaius füllte seinen Becher nach, ging hinüber zu seinem Schreibtisch, setzte sich vorsichtig und zuckte zusammen, als seine Gelenke knackten. »Erstens, Amara, möchte ich mich für die … ziemlich unnachgiebigen Befehle entschuldigen, die ich von den Rittern ausführen lassen musste, damit sie euch herbringen. Angesichts der Lage war ich gezwungen, das Feingefühl der Eile zu opfern.«
    »Natürlich, Majestät«, erwiderte sie steif. »Mir ist kein Mittel bekannt, das du jemals eingesetzt hättest, wenn du es nicht für gerechtfertigt hieltest.«
    Er nippte an seinem Wein, betrachtete sie, und als er den Becher von den Lippen nahm, enthüllte sich dahinter ein bitteres Lächeln. »Ja, das denke ich auch.« Er blickte von ihr zu Bernard. »Graf Calderon, bei unserer Unternehmung im letzten Jahr hast du mich mit deinem Elementarwirken, deinen Fähigkeiten und vor allem mit deinem Urteilsvermögen beeindruckt. Ich brauche erneut deine Dienste, und auch deine, Gräfin, wenn ihr beide dazu bereit seid.«
    Bernard neigte den Kopf, seine Miene blieb jedoch zurückhaltend und ausdruckslos. »Wie kann ich dem Reich dienen?«
    Wie kann ich dem Reich dienen? Nicht, wie Amara bemerkte, wie kann ich der Krone dienen?
    Wenn Gaius die Wortwahl aufgefallen war, so ließ er sich dies mit keinem Wimpernzucken anmerken. Er griff in eine Schublade seines Schreibtisches und rollte ein schweres Pergament auf – eine Karte des Reiches. Darauf sah man so ausführlich wie auf der Karte, die im Senatorium gezeigt worden war, die Ausbreitung der Vord.
    »Was ich der Civitas verschwiegen habe«, sagte Gaius leise, »ist der Umstand, dass die Vord auf irgendeine Weise die Fähigkeit entwickelt haben, Elementarkräfte zu verwenden.«
    »Das ist nicht neu«, knurrte Bernard. »Das ist auch schon in Calderon

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