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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht mehr im Mittelalter!« sagte Dr. Hubert Färber laut in eine Fernsehsendung hinein, die sich Herta gerade ansah. Sie blickte sich um.
    »Was sagst du, Liebling?«
    »Nichts. Nichts. Nur ein lauter Gedanke.« Er starrte auf den Bildschirm. »Der Knabe singt gut. Wer ist das?«
    »Enrico Siengi. Den kennst du nicht?«
    »Woher? Ist von mir noch nicht operiert worden …«
    Es sollte ein Witz sein. Aber selbst Oberarzt Färber spürte plötzlich, daß die Worte Hansens einen Druck im Raum hinterlassen hatten.
    »Ihre Frau wird Dienstag entlassen.«
    »Schon? Das ging aber schnell. Ist sie ganz gesund, Herr Doktor?«
    »Fast gesund, lieber Herr Wottke. Was wir hier in der Chirurgie tun konnten, haben wir getan. Auch mit der Bestrahlung. Wenn Sie nun etwas besonders Gutes tun wollen, dann schicken Sie Ihre Frau in ein Sanatorium. Ich könnte Ihnen ein gut geleitetes und vor allem nicht so großes Haus empfehlen, wo Ihre Frau ganz individuell gepflegt wird.«
    »Und bezahlt das die Krankenkasse?«
    »Man müßte einen Antrag stellen.«
    »Und wenn sie nicht bezahlt …?«
    »Es geht um die Gesundung Ihrer Frau, Herr Wottke!«
    »Was … was kostet denn der Aufenthalt in diesem Sanatorium, Herr Doktor. So ungefähr …«
    »Genau weiß ich es nicht. Ich schätze um die dreißig Mark pro Tag.«
    »Das sind im Monat neunhundert Mark. Und achthundertzwanzig Mark netto verdiene ich ja bloß.«
    »Es wird schon einen Weg geben, Herr Wottke. Ich könnte ein Bett für Ihre Gattin frei machen.«
    »Danke, Herr Doktor. Vielen Dank. Ich … ich rufe Sie an, ja?«
    Die Krankenkasse erhielt mit dem Antrag Wottkes auch die Diagnose der Klinik. Sie lehnte selbstverständlich ab. Eine Krankenkasse ist dazu da, Heilverfahren zu bezahlen, aber nicht Unheilbare zu Tode pflegen zu lassen. Das ist ›hinausgeworfenes Geld‹. Für so etwas gibt es eine Krebsfürsorge, die zur ›Vermeidung sozialer Härten‹ die aussichtslosen Fälle in ihren Fürsorgeheimen sammelt, mit Morphium gegen Schmerzen behandelt und sie sterben läßt, weil man ›eben nichts mehr machen kann‹.
    Werkmeister Wottke sagte von der Ablehnung der Kasse, die ihre Haltung vornehm mit einer Reihe unverständlicher Paragraphen begründete, kein Wort, als er Erna am Dienstag abholte.
    Sie saß neben dem Bett, fertig angezogen, als er ins Zimmer kam. Ihre blonden Haare hatten wieder einen seidigen Glanz, die Haut war rosig … sie sah gut und satt aus, jünger fast, ausgeruht, voll nachholbereiten Lebens.
    Franz küßte sie lange. Dann nahm er den Koffer vom Boden, warf Ernas Morgenrock über den Arm und ging ihr voraus. Stämmig, glücklich, ohne viel Worte.
    Vor der Teeküche der Station packte er einige Tafeln Schokolade aus und gab sie den Schwestern.
    »Sie waren immer so nett zu meiner Frau«, sagte er. Dabei schämte er sich ein bißchen. Es war nicht seine Art, jungen Mädchen Schokolade zu schenken.
    Von den Ärzten sah er niemanden. Sie waren wieder im OP-Trakt.
    Etwas unsicher noch trippelte Erna ihrem Franz nach.
    »Sind die Kinder zu Hause?« fragte sie.
    »Ja.« Wottkes Augen glänzten. »Sie können es kaum erwarten.«
    Als sie aus dem großen Tor der Klinik traten, stand vor der Auffahrt ein Kleinbus. Vor ihm hatten sich sechs Kinder aufgebaut, Blumensträuße in den Händen. Tante Martha stand hinter ihnen und gab ihnen einen Stubs in den Rücken, als Erna in der Tür erschien.
    »Franz …«, sagte Erna. »Ach, Franz …« Dann weinte sie, legte den Kopf an seine Schulter und war so glücklich wie nie in ihrem Leben.
    Mit Geschrei stürmten die sechs ihre Mama. Sie hingen sich an sie, sie küßten sie ab, sie trugen sie zusammen mit Franz und Tante Martha fast zum Wagen. Dort war ein Sitz mit Kissen ausgelegt, eine Decke lag da, falls es ziehen sollte.
    »Ihr … ihr seid verrückt …«, stammelte Erna und ließ sich von Franz in den Wagen heben. »Was sollen denn die Leute denken …«
    Erna war es, als kehre sie in ein Leben zurück, wie es schöner nie gewesen sein konnte. Die Tür des Häuschens war umkränzt. Der Tisch war festlich gedeckt. Es blitzte alles vor Sauberkeit.
    »So«, sagte Franz Wottke. »Und jetzt erholst du dich erst einmal vom Krankenhaus. Martha bleibt noch hier, sie verpaßt ja nichts. Und in vierzehn Tagen kommst du in ein Sanatorium.«
    »Wohin?« fragte Erna. Sie trank Kaffee und aß Erdbeertorte. Es schmeckte köstlich. Jeder Bissen Torte mit Schlagsahne war ein Zurückfinden mehr in die vertraute, ersehnte Welt.
    »Ich

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