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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bleibe bei euch. Sanatorium! Wer soll das denn bezahlen? Dummheit, Franz. Ich bin doch jetzt gesund.«
    »Du fährst. Das mit der Bezahlung klappt schon. Laß das den Franz nur machen. Über diese vier oder sechs Wochen kommen wir auch noch 'rüber.«
    Am Abend waren sie endlich allein. Die Kinder träumten in ihren Betten. Tante Martha schlief im ausgebauten Bodenraum.
    Erna stand am Bett und zögerte, sich auszuziehen. Sie sah Franz zu, wie er den Schlips abband, das Hemd über den Kopf streifte und den muskulösen Oberkörper dehnte.
    Im Spiegel sah Franz Wottke das Zögern seiner Frau. Er verstand sie. Wortlos ging er ins Badezimmer, ließ das Wasser in die Wanne rauschen, wartete einige Minuten und drehte dann die Hähne wieder zu. Als er zurückkam, lag Erna bereits im Bett. Ihre Augen waren dunkel, fragend, ängstlich fast.
    »Es … es geht doch nichts über unsere Betten, Franz …«, sagte sie leise, nur, um etwas zu sagen.
    Er nickte und nahm sie wortlos in seine Arme.
    »Daß du endlich wieder da bist«, sagte er und küßte ihre Augen und die Grübchen in der Wange. »War verdammt einsam ohne dich.«
    »Ich hatte auch so Sehnsucht, Franz. Immer mußte ich an die Kinder denken …«
    Sie lagen nebeneinander, sie erzählten sich alles und doch gar nichts. Etwas Unausgesprochenes lag zwischen ihnen, eine unsichtbare Wand, die sie einreißen mußten, um ganz und vollends wieder gemeinsam zu sein.
    »Franz …«, sagte sie leise. »Es sieht nicht schön aus. Noch nicht. Die Schwestern sagen, in einem halben Jahr sieht man nichts mehr. Bloß noch die Narbe …«
    Franz Wottke schloß die Augen. Er drückte Erna an sich, als wolle man sie ihm entreißen.
    »Du bist da …«, stammelte er.
    Der Umbau bei Dr. Hansen ging langsamer, als man gedacht hatte. Wer baut, lernt die neue Weisheit, daß man Termine macht, damit sie nicht eingehalten werden.
    Schneller ging es bei Werkmeister Wottke.
    Nach der Ablehnung des Sanatoriumsaufenthaltes durch die Krankenkasse hatte Wottke eine längere Rücksprache mit seiner Sparkasse. Er nahm seine ganzen Hauspapiere mit, Grundbuchakten, bezahlte Rechnungen, Aufstellungen. Auch eine Bescheinigung Dr. Färbers hatte er bei sich, daß eine Nachbehandlung in einem Sanatorium angebracht sei.
    Wer Sicherheiten hat, bekommt Geld. Das ist eine Urformel des Kreditgeschäfts. Auch Franz Wottke erhielt ohne Zögern eine Hypothek auf sein schuldenfreies Häuschen in Höhe von DM 10.000. Er freute sich wie ein Kind, die Tränen standen ihm in den Augenwinkeln.
    Erna war gerettet! Erna konnte sich erholen. Und das Leben ging weiter, auch wenn man sich wegen der Zinsen etwas krumm legen mußte.
    Franz Wottke sprach darüber mit Dr. Hansen, der Erna Kräftigungspräparate verschrieben und gesagt hatte: »Das haben sie in der Klinik vorzüglich gemacht, Frau Wottke. Bald sieht man nichts mehr davon …«
    »In ein Sanatorium wollen Sie Ihre Frau bringen?« fragte er Franz Wottke. Er ahnte, wer hinter diesem Plan stand.
    »Ja, der Herr Oberarzt schlug es vor.« Wottke schien aus der Frage etwas herausgehört zu haben. Er neigte den Kopf zur Seite. »Oder soll ich nicht, Herr Doktor?«
    »Wenn Dr. Färber es vorschlägt, wird er seine Gründe haben.«
    »Sicherlich.« Wottke strahlte wieder. »Ich habe eine Hypothek aufgenommen. Zehntausend Mark, Herr Doktor. Für Erna tue ich alles, ich verkaufe, wenn's sein muß, sogar das Haus. Sie soll nicht sagen, wir hätten nicht alles getan. Meine Erna ist mir mehr wert als alle Häuser …«
    Dr. Hansen nickte. In seinen Akten lag die Abschlußdiagnose der Klinik. Sie war die Kapitulation vor dem Krebs. Unheilbar. Daß Dr. Färber die kleine Erna Wottke in ein Sanatorium verlegen lassen wollte, hatte keine therapeutischen Gründe mehr. Für ihn, den Kliniker, war Frau Wottke wissenschaftlich tot. Es gab nur einen Grund, für den Franz Wottke zehntausend Mark zu opfern bereit war: die Entziehung Erna Wottkes aus seinen vier Betten im Nebenhaus.
    »Wann reist Ihre Frau zur – Kur?« fragte Dr. Hansen.
    »In zehn Tagen.«
    »Dann wünsche ich ihr aus vollem Herzen Gesundheit.«
    »Danke, Herr Doktor. Vielen Dank …«
    Sofort nach dem Weggang Wottkes rief Dr. Hansen in der Klinik an. Dr. Färber schien darauf gewartet zu haben. Er war sekundenschnell am Apparat.
    »Ja, lieber Kollege?« Seine tiefe Stimme troff voll Freundlichkeit.
    »Sie haben für Frau Wottke ein Sanatorium besorgt?«
    »Eine bestens geleitete Rekonvaleszenzklinik, Kollege.«
    »Wie

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