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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dachte sie. »Wie ich Sie kenne, sind Sie doch ein Mann des Ausgleichs.«
    »Wie gut Sie mich kennen, gnädige Frau. Ich bin tatsächlich nicht dafür, so am Rande zu balancieren. Der Erfolg entspricht oft nicht dem Wagnis.«
    Das war deutlich. Herta nahm das Whiskyglas und stellte es hart auf die Rauchtischplatte. »Ihnen fehlt es doch sonst nicht an Courage.« Sie lächelte, und Hansen wandte unwillkürlich sein Gesicht ab. Er saß steif auf der Couch, aber noch bevor er antworten konnte, klappte die Tür des Zimmers. Sie hatten weder einen Wagen noch das Aufschließen der Haustür bemerkt.
    Dr. Hubert Färber warf seinen Mantel über die Lehne eines Sessels. Groß, breit, gesund, lachte er Hansen zu, der sein Glas auf den Tisch stellte.
    »Prost, Herr Kollege!«
    »Du bist schon zurückgekommen?« Hertas Stimme klang völlig unbefangen. Sie ging auf Färber zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuß. Ihr Mann ließ die Zärtlichkeit über sich ergehen. Ihm war es unangenehm. Herta kannte in Gegenwart anderer weniger Hemmungen.
    »Ich kam bei Ihnen vorbei, Herr Färber, um etwas zu erfahren.« Hansen erhob sich.
    Färber strich sich über die Haare, er schien noch etwas außer Atem zu sein. »Ich bin gespannt, Herr Kollege.«
    Färber stand am Schreibtisch, stutzte, sah den auf der Ledermappe liegenden Handzettel, sah zu Hansen hinüber, zu Herta, nahm das Papier und schob es wieder zurück in die Mappe.
    Hansens Gesicht war hart. »Über diesen Wisch, den Sie da gerade wegsteckten, wollte ich mit Ihnen sprechen, Herr Färber.«
    »Ach – Sie haben ihn auch bekommen?«
    »Nein. Ich bin vermutlich der einzige, der keine Kenntnis von diesem … Merkblatt oder wie Sie es nennen wollen hatte. Woher haben Sie es?«
    »Es kam mit der Post.« Färber steckte sich eine Zigarette an. Er nahm Hertas Glas und trank den Whisky aus. Hansen beobachtete ihn genau. Die Hand zitterte nicht ein bißchen. Entweder sprach Färber die Wahrheit, oder er hatte sich so in der Gewalt, daß er mit Eleganz lügen konnte. »Was da geschrieben ist, gehört doch zu den Binsenwahrheiten: Überweisungen an den Facharzt, wenn der Fall die eigene Praxis sprengt. Dafür sind wir ja da! Oder regt Sie dieser Artikel auch wieder auf, Herr Kollege?«
    »Er wurde in fünftausend Exemplaren nur in meinem Bezirk verteilt. Hier in der Stadt, in den ganzen umgebenden Gemeinden hat man nichts gelesen. Nur in meinem Praxisbezirk.«
    »Irgendwo muß man ja den Anfang machen.«
    »Wissen Sie, wer der anonyme Schmierer ist?«
    »Woher soll ich das wissen?!« Dr. Färber setzte sich auf die Tischkante. »Sie überschätzen einmal wieder die Dinge, Herr Hansen. Sie bringen sich noch in die Lage, bei einem Kollegen um Behandlung wegen Verfolgungswahn nachzusuchen.«
    Das klang alles sehr überlegen, sehr sicher. Zu sicher, fand Hansen. Das klang nach einer Unangreifbarkeit, hinter der die blanke Gemeinheit stand.
    »Es handelt sich um eine gezielte Aktion!« sagte er laut.
    Färber hob die Schultern. »Ich kann Sie nicht hindern, so etwas Törichtes zu glauben. Ich habe Sie ja auch nicht daran hindern können, Unheilbare zu behandeln.«
    »Leider war Herr Svensson, den Sie doch sicherlich meinen, nur ein Irrtum Ihrer Klinik.« Hansen sagte es ohne Spott, aber bei Färber traf es auf einen Nerv.
    »Sie wissen, daß ich eine neue Klinik baue?« fragte Hansen, bevor Färber antworten konnte.
    »Ja. Ich hörte davon. Sie wollen uns sicherlich mit Erfolgsreihen in die Knie zwingen. Warum eigentlich?« Färber drückte seine Zigarette aus.
    Färber hielt Herta sein Glas hin. Sie goß neuen Whisky ein, den er pur mit einem Schluck hinunterstürzte. »Hören Sie auf mit Ihrem Klinikbau, Hansen! Machen Sie Ihre Praxis weiter. Laden Sie sich nichts Unnötiges auf den Hals … wenn's brenzlich wird, Überweisung, und ab zum Facharzt. Und wenn es ganz nottut, Auto bestellt und ab ins Krankenhaus. Sie könnten doch ein so schönes, ruhiges und sorgloses Leben haben. Mit fünfzehnhundert Krankenscheinen …«
    »Mein Gott …«, Dr. Hansen ging mit raschen Schritten zur Tür. »Mein Gott, Färber, verstehen Sie denn nicht …«
    Dr. Färber nahm Herta die Whiskyflasche aus der Hand und schenkte sich selbst nach. »Schwer, Herr Kollege. Sie sind ein Idealist … Zwischen uns liegen Welten, die keine Brücke verbindet.«
    Die Klinik am Plöner See wuchs. Unten am Ufer wurde ein Badehaus gebaut. Auf der neuen Teerzufahrtstraße brachten Lastwagen die Einrichtungen

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