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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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zu Minute elender und schwächer. Jetzt, da der Troll das Haus verlassen hatte, war es ihr völlig egal, wie viel Lärm sie machte. Zunächst lösten sich nur feine Splitter aus dem Holz, dann immer größere Stücke. Alle paar Minuten musste sie innehalten und Luft holen, dann machte sie sich wieder mit der Nagelleiste an dem Brett zu schaffen. Zwischendurch drehte sie sich zur Seite, umschloss mit den Lippen das Heizungsrohr und sog gierig ein paar kümmerliche Wassertropfen in ihren ausgedörrten Mund. Obwohl sie zusehends schwächer wurde, hatte sie keinesfalls die Absicht, aufzugeben.
    Sie brauchte etwa drei Stunden, um eine fünf Millimeter tiefe Rinne in den Boden zu sägen. Schließlich brach am Rand des Brettes ein kleines Stück Holz aus der Diele, sodass ein zirka zwei Finger großes Loch entstand. Sie legte die Nagelleiste beiseite und schob den BH-Draht so in die Öffnung, dass die Spitze durch das Astloch wieder zum Vorschein kam und sich als Griff verwenden ließ. Dann stützte sie sich mit den Füßen an der Wand ab, um sich mehr Stabilität zu verschaffen, ergriff die beiden Enden des Drahtes und zog mit aller Kraft daran. Die Blutgefäße in ihrem Kopf weiteten sich vor Anstrengung: Hoffentlich platzt mir keine Ader im Kopf , dachte sie, bitte nicht .
     
    London war der reinste Glutofen. Im Brockwell Park hatten sich im Boden bereits tiefe Risse gebildet, und die Brixtoner Mädchen waren lediglich mit Denim-Shorts und Bikini-Oberteilen bekleidet und hatten das Haar mit rosa Bändern zurückgebunden. Fisch Gummer stand müde am Rand des dampfenden Schwimmbeckens. Seit seiner Begegnung mit diesem Inspector Caffery war er äußerst reizbar. Von mir werden die Bullen nie mehr was erfahren. Am Beckenrand standen die Acht- bis Neunjährigen, die an diesem Tag zum Schwimmunterricht erschienen waren. Er musterte mit zusammengekniffenen Augen die Kinder, die mit ihren bunten Schwimmflügeln wie Pinguine in einer Reihe standen. »Sind wir vollzählig?«
    Die Kinder beugten sich vor und schauten neugierig nach rechts und links durch die Reihe.
    »Josh.« Einer der Jungen präsentierte ihm grinsend seine Zahnlücken.
    Josh Church. Der Junge war neu in der Gruppe. Er war bisher nur zweimal da gewesen und vorne am Eingang aus einem gro ßen gelben Wagen gestiegen. »Hat er gesagt, dass er nicht kommt? Hat er zu einem von euch gesagt, dass er heute nicht erscheinen wird?«
    Die Kinder sahen einander an und zuckten die Schultern. Josh war so neu in der Gruppe, dass ihn noch niemand richtig kannte. Für die anderen Kinder gehörte er noch nicht wirklich dazu.
    »Also gut.« Er blies in seine Pfeife. »Wer möchte, kann sich zuerst abkühlen – und dann ab ins Wasser.«
     
    Detective Constable Logan stand mit einer Tasse Kaffee an der Hand in der Eingangstür des Großraumbüros und inspizierte seinen Schlips, als ob er befürchtete, sich bekleckert zu haben. Als Caffery neben ihm stehen blieb, ließ er die Krawatte wieder fallen und sah ihn schuldbewusst an: »Alles klar?«
    »Wie viele Häuser haben Sie bei der Haus-zu-Haus-Befragung geschafft?«
    »Ach so – also … Ich hab versucht, sehr gründlich vorzugehen.«
    »Umso besser …« Caffery schob die Hände in die Taschen, trat ein wenig näher an Logan heran und murmelte ihm ins Ohr: »Ich hab gerade Ihre Überstundenmeldung gesehen und mit der Anzahl der Befragungen verglichen, die Sie diese Woche gemacht haben, und dabei hat sich für mich ein Problem ergeben …« Er drückte das Kinn herunter und hob die Augenbrauen.
    Logan wusste genau, was Caffery meinte. Er senkte den Blick.
    »Vergessen wir’s, ich gebe Ihnen die Chance, Ihren Fehler wieder gutzumachen«, murmelte Caffery. »Ich hab da einen kleinen Job für Sie.« Er blickte über die Schulter. Danni hatte ihre Füße auf den Schreibtisch gelegt und telefonierte. »Sie finden in meinem Fach eine Straßenkarte und genaue Anweisungen. Und zwar werden Sie noch vor Sonnenuntergang an zwanzig Türen klingeln. Nur damit Sie Bescheid wissen.«
    Logan stand mit schlaff herabhängenden Armen da, bis Caffery sich zum Gehen wandte. Dann strich er seine Krawatte gerade und sah Kryotos an: »Was, zum Teufel , ist denn in den gefahren?«, maulte er.
    Kryotos zuckte die Schultern und beschäftigte sich wieder mit den Papieren auf ihrem Schreibtisch.
     
    »Na endlich.« Inzwischen mühte sie sich bereits annähernd fünf Stunden ab, doch endlich spürte Benedicte, wie das Holz unter ihren Händen krachte.

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