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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Schließlich gelang es ihr mit blutenden Fingern, ein Stück aus der Diele herauszubrechen und unter den Fußboden zu schauen. Sie bückte sich und spähte in den gut zwanzig Zentimeter tiefen – mit warmer Luft angefüllten – Hohlraum. Unten sah sie Rohre und Drähte, die an einem Balken entlangliefen. Die Luft, die aus der Öffnung drang, roch nicht etwa muffig, sondern nach frischem Holz und nach Harz. Sie richtete den Oberkörper wieder auf und riss das restliche Brett aus seiner Verankerung, dann spähte sie abermals in den Hohlraum.
    Und jetzt? Direkt vor sich sah sie einen elektrischen Verteilerkasten, aus dem in alle Richtungen weiße Kabel herausführten. Eine der Leitungen führte in einen schwarzen Zylinder hinein, der aus dem Unterbodenputz ragte. Ben brauchte ein paar Sekunden, bis sie begriff, dass sie den Metallsockel der Küchenlampe vor sich hatte, der wie ein großer Becher durch ein rundes Loch in die Decke geschoben war.
    Mein Gott , solche Zylinder wurden ohne Verschraubung oder irgendeine Art der Fixierung einfach durch den Deckenputz geschoben, das wusste sie ganz genau. Sie erinnerte sich noch gut, wie Ayos Mann Darren damals in Kennington in der Küche eines der Dinger aus der Decke gezogen hatte, um etwas zu reparieren. Der Blechzylinder hatte einfach an der Leitung gebaumelt.
    Sie legte sich auf den Bauch, drückte beide Hände oben auf den Zylinder und schob ihn nach unten. Er gab mit einem schmatzenden Geräusch nach, wie wenn er in eine dicke Fettschicht eingelassen wäre, und rutschte an der Leitung ein Stück nach unten, während durch das Loch plötzlich helles Tageslicht zu Ben heraufdrang. Sie holte tief Luft. Die Lampe schaukelte wie ein Pendel unter der Decke hin und her. Als nichts passierte – als niemand die Treppe heraufgestürzt kam und die Tür aufriss, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und schob sich über das Loch. Sie wollte unbedingt wissen, ob sie unten in der Küche etwas erkennen konnte.
    Also legte sie sich wie ein Schulmädchen im Schwimmunterricht mit ausgestreckten Armen auf den Boden, hielt krampfhaft beide Daumen umklammert und musste plötzlich an Josh denken, der erst vor wenigen Tagen nach dem Schwimmkurs in das Auto geklettert war und gefragt hatte: »Mami, was ist das – Aquadynamik?« Plötzlich fing die Gipsdecke unter ihrem Gewicht an zu knirschen. Sie fuhr entsetzt hoch und zog den Kopf aus dem Hohlraum zurück. »O mein Gott, o mein Gott …«
    Sie hockte einige Sekunden keuchend da und befürchtete, dass jeden Augenblick die Decke einbrechen könnte. Doch als nichts passierte, wurde ihr Herzschlag wieder etwas ruhiger. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und beugte sich ganz langsam und vorsichtig wieder hinunter. Diesmal passte sie besser auf. Sie stützte sich wie ein Gecko mit den Händen auf den Bodendielen ab und schob ihren Kopf ganz langsam in den Deckenzwischenraum, bis sie schließlich durch das Loch blicken konnte, in dem vorher der Zylinder gesteckt hatte.
    Unten in der Küche war es strahlend hell. Drei Meter unter ihr lag Hal auf dem Boden. Auf dem Rücken – das Gesicht fast genau unter dem Loch.
    »O mein Gott …«
    Seine Füße hingen in der Luft und waren einzeln an dem gro ßen Griff des Backofens festgekettet. Seine Hände waren nach hinten ausgestreckt und mit Elektrokabeln an die Füße der Waschmaschine gefesselt. Der Eindringling hatte ihm zunächst die Shorts abgestreift und die Hose dann mit einer Beinöffnung über beide Beine gezogen. Außerdem hatte er die Beine noch mit dem orange-blauen Bungee-Seil vom Dach des Daewoos zusammengebunden. Hals Mund war mit braunem Klebeband verschlossen. Um ihn her bildeten seine Exkremente am Boden einen dunklen Flecken. Plötzlich bemerkte Ben, dass er schnarchte, als ob ihn die ganze Situation irgendwie langweilte, als ob er gut zu Abend gegessen hätte und dann vor dem Fernseher eingenickt wäre.
    Sie presste ihr Gesicht auf die Öffnung in der Decke und sagte flüsternd: »Hal?«
     
    Seit der Effra-Fluss im vergangenen Jahrhundert in den Untergrund verbannt worden war, folgte die gleichnamige Straße parallel zum Brixton Hill seinem unterirdischen Lauf und verband die mondänen Brixtoner Wohnlagen mit den städtischen Mietblöcken in Streatham. DC Logan kämpfte sich in der Gluthitze des Sommertages zu Fuß den Hügel hinauf und war schweißgebadet. Der Boden war so stark aufgeheizt, dass sich an manchen Stellen die Pflastersteine angehoben hatten. In den Vorgärten

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