Die Behandlung: Roman (German Edition)
Schreibtischplatte. »Marilyn. Wo steckt eigentlich Danni?«
»Sie hat gerade angerufen – wird ungefähr in fünfzehn bis zwanzig Minuten hier sein.«
»Okay. Kann ich Ihnen so lange Gummer überlassen? Vielleicht können Sie ihm einen Tee machen oder irgendetwas.«
»Ich werd ihm erst mal einen schönen Teller Gebäck verpassen. Und wohin wollen Sie?«
»Nach Brixton. Sagen Sie Danni, dass ich mich später melde.«
33. KAPITEL
Was für ein Geräusch hatte sie da aus ihrem langen tranceartigen Schlaf geschreckt? Eine Stimme? Ja, dachte Benedicte – eine murmelnde Männerstimme. Sie öffnete die Augen. Eine Schmeißfliege hatte sich in Smurfs Schnauze häuslich eingerichtet. Benedicte lag auf der Seite und starrte gedankenverloren auf das Insekt, wusste nicht recht, ob sie träumte oder ob sie wirklich unten in der Küche eine Männerstimme gehört hatte.
Hal? Ob das Hals Stimme war? Was ist hier eigentlich los? Sie hob den Kopf. Ob der Troll sich vielleicht endlich davongemacht hatte? Vielleicht sprach Hal ja mit Josh. Ja, richtig – der Troll ist weg, und ich hab nichts davon mitbekommen, weil ich geschlafen habe. Sie rollte sich auf den Bauch und legte die Hände auf die zersplitterten Bodendielen. Die Haut an ihren Händen war dünn wie Pergament. Sie hätte sich nicht gewundert, wenn sich die Adern darunter wie tiefschwarze Fäden abgezeichnet hätten. Ihre Kehle war so ausgedörrt, dass sie wie ein bleischwerer Klumpen in ihrem Hals zu stecken schien.
Hatte da nicht schon wieder jemand unten in der Küche gesprochen?
Hal?
Unter irrsinnigen Schmerzen rutschte sie ein Stück zur Seite und schob den Kopf über das Loch im Boden. Jede kleinste Bewegung kostete sie unendlich viel Zeit, und bei jeder noch so geringen Anstrengung fing das ganze Zimmer an zu tanzen, bis sie nur noch vage Konturen vor sich sah. Sie ließ die Hand in den Schacht in der Decke gleiten. Unten in der Küche brannte das Licht, das spürte sie, weil die Rosette ganz warm war. Dann schob sie die Kappe nach unten, bis diese mit einem leisen Geräusch an dem Kabel nach unten glitt und die Lampe leicht zu schaukeln anfing. Benedicte blieb einen Augenblick erschöpft liegen und keuchte. Ich bin krank, dachte sie. Das Schwein bringt uns um. Unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte schob sie ihr Gesicht über das Loch, und augenblicklich stieg ihr ein Geruch in die Nase, der an ein brünstiges Tier erinnerte.
Mein Gott, ist das miese Schwein immer noch da?
Und dann sah sie, was unten los war. Instinktiv wollte sie den Kopf aus dem Loch zurückziehen, blieb aber starr vor Entsetzen einfach liegen.
Hal lag nicht mehr an der Stelle, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte. Dort war jetzt nur noch ein großer dunkler Fleck zu sehen. Neben dem Flecken stand der Polstersessel, der sich vorher im Wohnzimmer neben dem Fenster befunden hatte. Mit dem Gesicht Richtung Wohnzimmer hockte nur drei Meter unter ihr der Troll wie ein Vogel in dem Sessel und machte sich mit den Händen zwischen den Beinen zu schaffen.
Sie atmete so leise wie möglich ein. Du hättest es wissen müssen – wie konntest du nur so naiv sein? In den beiden Räumen unten waren sämtliche Lichter eingeschaltet, die Vorhänge zugezogen. Auf dem Boden neben dem Troll lag eine Kamera. Er hatte nicht gehört, wie sich die Rosette von der Decke gelöst hatte, weil er gebannt auf etwas starrte, das sich außerhalb ihres Blickfelds im Wohnzimmer abspielte. Sein Gesicht war völlig verzerrt und vor Aufregung gerötet, und an seiner Unterlippe hing ein Speichelfaden. Als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass er den Gürtel gelöst und die Hose oben geöffnet hatte und sich mit einer Hand selbst massierte. O Gott . Eine Welle der Übelkeit ergriff von ihr Besitz. O Gott – dieses elende Schwein . Er hörte kurz auf zu masturbieren und spuckte sich in die Hand, und Benedicte erhaschte einen Blick auf seinen kleinen schlaffen Penis.
»Los, mach schon«, brummte er. »Fang endlich an.«
Was beobachtet das dreckige Schwein da nur? Wohin glotzt die miese Sau? Hoffentlich kann Josh ihn nicht sehen.
»Los, mach schon«, sagte er. »Los, tu es endlich.« Seine Unterlippe hing schlaff nach unten, und aus seinem Mund rann Speichel, während er sich mit seiner klebrigen Hand an sich selbst zu schaffen machte. Mit wem spricht er eigentlich? Ben schloss die Augen und sah auf ihrer Netzhaut zuckende Blitze. Ob das alles vielleicht nur eine Halluzination ist? Kann es sein, dass ich träume? Mein
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