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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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sollte.
    »Jack?« Sie setzte sich auf und legte ihm die Hand auf den Arm. »Tut mir wirklich Leid – ich kann es dir auch erklären. Ich hab doch nur …«
    Er lächelte sie an, nahm ihren Kopf zwischen beide Hände und grinste blöde. Er wusste genau, wie lächerlich er erscheinen musste, doch das war ihm völlig egal. Er war nur müde. »Er ist tot.«
    »Wer ist tot?«
    »Penderecki.«
    »Tot?«
    »Er hat sich umgebracht. Ich glaube, er hatte Krebs. Hat sich in seinem Bad erhängt.«
    »Und du bist die ganze Nacht in seinem Haus gewesen?«
    »Ja.«
    »Scheiße!« Sie ließ den Kopf auf das Kopfkissen sinken und sah blinzelnd zur Decke hinauf. Für ein paar Sekunden ließ seine Depression nach, ja, er glaubte schon, dass sie genauso fertig war wie er – dass sie ihn verstand. Doch dann legte sie sich die Hand auf die Stirn, drehte den Kopf in seine Richtung, bis sie seinen Blick traf, und sagte: »Dann kannst du ja endlich hier ausziehen. Am besten, du lässt einfach alles stehen und liegen und verschwindest hier. Siehst du das auch so?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf und begriff augenblicklich, dass er sich getäuscht hatte, dass er noch immer allein war. »Nein, das geht nicht. Ich habe …« Er blickte aus dem Fenster. »Schließlich hab ich hier alles, was ich brauche.«
    Sie setzte sich wieder auf, nahm ihm die Zigarette aus der Hand und inhalierte tief. »Du meinst Ewan.«
    Er hatte keine Lust, darauf zu antworten.
    »Oh«, seufzte sie, »was denn sonst – natürlich meinst du Ewan.« Er spürte, wie sie seine Schulter berührte. Als er sich umdrehte, hielt sie ihm die Zigarette entgegen, ohne ihn anzusehen. »Du musst natürlich unbedingt weitermachen – dir reicht es nicht mal, dass dieser Penderecki endlich tot ist.«
    Er schwieg. Er nahm die Zigarette, ließ den Kopf sinken und betrachtete seinen schwarzen Fingernagel. Sie hatte Recht. Warum konnte er mit der verdammten Geschichte nicht endlich abschließen? Penderecki war tot. Von Ewan hatte er in dem Haus nicht eine einzige Spur entdeckt. Und auch sonst gab es nicht den geringsten Anhaltspunkt. Ja, wieso konnte er diese Sache nicht endlich auf sich beruhen lassen? Aber er wusste genau, dass er dazu nicht in der Lage war. Irgendwo muss Ewan doch schließlich stecken – vielleicht in einem alten Schuppen oder in einer Garage. Ja, warum nicht? Vielleicht hat Penderecki ja irgendwo eine Garage angemietet …
    Er stand müde auf, ging ins Bad und ließ dort die Wanne voll laufen.
     
    Roland Klare wusste jetzt, was zu tun war. Er hatte das Buch studiert und wusste endlich, wie sich die Blockierung der Kamera beheben ließ. Er brauchte eine sackartige Vorrichtung, in der er den Fotoapparat reparieren konnte, ohne das Filmmaterial zu belichten. Es dauerte zwar eine Weile, bis ihm eine Lösung einfiel, aber an Ideen hatte es Klare noch nie gemangelt: Also nahm er eine schmuddelige alte Bomberjacke, die er in einer Kleidersammelstelle in Tulse Hill aufgetrieben hatte. Zunächst reinigte er sie und heftete sie dann vorne mit einem Tucker sorgfältig zusammen, bis sie lichtdicht verschlossen war. Nicht sehr beeindruckend die Konstruktion, aber trotzdem nützlich.
    Dann setzte er sich mit dem merkwürdigen Sack auf dem Schoß auf das Sofa und schob die Kamera durch einen der Ärmel in das völlig abgedunkelte Innere der Jacke, wo er sie mit der anderen Hand in Empfang nahm. Dann streifte er im Innern des Sacks zwei breite Gummibänder über die umgestülpten Ärmel und vergewisserte sich, dass die Bänder sich so eng an seine Handgelenke schmiegten, dass kein Licht in seine Konstruktion eindringen konnte. Anschließend ertastete er die Kamera und drehte sie so lange in den Händen, bis sie sich schließlich in der richtigen Position befand.
    Klares Hände waren für diese Arbeit eigentlich zu groß und klobig, deshalb musste er ganz langsam vorgehen. Die Arbeit verlangte so viel Konzentration, dass er sich vor Anstrengung auf die Unterlippe biss und mit den Augen einen Punkt auf der Jalousie fixierte, um sich durch nichts ablenken zu lassen. Zunächst öffnete er die Rückwand der Kamera und tastete mit den Fingern vorsichtig über die innere Mechanik. Ja, es war tatsächlich ein Film eingelegt, der etwa zur Hälfte abgespult war. Dann suchte er behutsam weiter, bis er die Filmrolle gefunden hatte. »Sehr gut.« Erwartungsvoll beugte er sich nach vorne. Er musste die Finger in eine winzige Öffnung schieben, um sie oben auf die Rolle zu legen. Als dies

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