Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
herrliche, fast tropische Nacht. Der Geruch des Wassers der vier Teiche unten im Park stieg ihm in die Nase. Das Summen der Baustellenscheinwerfer klang fast wie Grillengezirpe. Er tat so, als ob er sich gründlich im Garten umsah. »Hmmm … Er ist wirklich weg, weit und breit nichts zu sehen. Möchtest du selbst mal nachschauen?«
    Josh wischte sich mit dem Ärmel des Pyjamas die Nase ab und blinzelte zum Fenster hinüber.
    »Möchtest du?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Na gut.« Hal machte das Fenster wieder zu und wollte gerade den Griff umlegen, als er kurz zögerte. Er öffnete das Fenster wieder und betastete von außen die Scheibe.
    »Hal?«
    Keine Antwort. Auf seiner Stirn erschienen kurz ein paar Falten, dann zog er das Fenster wieder zu, ließ den Griff gründlich einrasten und schloss die Vorhänge.
    »Siehst du, Josh, weit und breit nichts zu sehen.«
    Doch Hals Gesichtsausdruck gefiel Benedicte überhaupt nicht. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Sie beugte sich rasch zu Josh hinab. »Gibst du Mami einen Kuss auf die Nase?« Aber Josh zierte sich wie ein Mädchen und machte ein böses Gesicht. »Wie du meinst – dann gute Nacht, Liebling.«
    Sie stand an der Tür und wartete, während Hal dem Jungen noch einmal den Kopf kraulte, dann schaltete sie das Licht aus, schloss die Tür und bedeutete Hal, ihr nach unten zu folgen. In der Küche schlüpfte sie in die schmutzigen Turnschuhe ihres Mannes und trat dann mit der Taschenlampe in den Garten hinaus. Hal trottete in seinen Slippern hinter ihr her. »Was ist denn?«, zischte er. »Was ist denn los?«
    Sie ließ den Strahl der Taschenlampe im Garten umherwandern und hielt auf dem Rasen Ausschau nach Spuren. »Was hast du gesehen, Hal?«
    »Hm?«
    »Ich meine, oben am Fenster.« Sie drehte sich um und leuchtete mit der Taschenlampe an der Mauer zu Joshs Fenster hinauf.
    »Ach, nichts. Nur einen Handabdruck.«
    Benedicte sah ihn bestürzt an. »Einen Handabdruck ?«
    » Pssst . Ich möchte nicht, dass der arme Junge noch mehr Angst bekommt.«
    »Augenblick mal«, zischte sie, »du hast mir gerade einen wahnsinnigen Schrecken eingejagt.« Sie trat näher an die Mauer heran und richtete die Taschenlampe in das Blumenbeet. »Josh glaubt, dass er was gesehen hat, und jetzt erzählst du mir, dass du an der Fensterscheibe einen Handabdruck entdeckt hast. Also …«
    »Ben.« Er blickte an der Mauer hinauf. »Das Fenster befindet sich in sieben Metern Höhe – da müsste man ja fliegen können.«
    Sie inspizierte die Mauer von oben bis unten. Ja, Hal hatte Recht – jedenfalls brauchte man dazu eine Leiter, und sie konnte in dem Beet nichts entdecken. Keine Fußabdrücke – absolut nichts Ungewöhnliches.
    »Ben, jetzt beruhige dich wieder.« Hal fing in seinem Pyjama an zu frieren. »Wahrscheinlich hat einer der Bauarbeiter den Abdruck beim Einsetzen der Scheibe hinterlassen.«
    Sie stand auf dem Rasen, kaute auf der Unterlippe und kam sich irgendwie blöde vor.
    »Bestimmt war es einer von den Bauarbeitern, Ben, wir haben die Fenster von außen nicht geputzt. Und außerdem …«
    »Außerdem, was?«
    »Der Abdruck war verkehrt herum.«
    »Was?«
    »Ja, verkehrt herum, deshalb muss er schon vor dem Einsetzen der Scheibe da gewesen sein.«
    Benedicte seufzte. Oh, wie sie diese Ängste hasste, von denen sie neuerdings nachts manchmal heimgesucht wurde. Sie fand es einfach schrecklich, dass der Park so nahe war – gleich hinter dem Zaun -, ja, im Grunde genommen verübelte sie dem kleinen Rory Peach sogar, dass er entführt und umgebracht worden war. Sie konnte es kaum erwarten, endlich nach Cornwall zu fahren. Sie ließ den Strahl der Taschenlampe noch ein wenig in dem umzäunten Garten umherwandern. In Joshs Planschbecken spiegelte sich der Mond, sonst war alles ruhig. Okay – aber es ist doch kein Wunder, dass man allmählich durchdreht . Widerstrebend knipste sie die Taschenlampe aus, ging hinter Hal die Stufen hinauf, schloss die Tür hinter sich ab und zog die kleine Gardine zu. Hal war inzwischen hellwach, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, stützte sich dann mit der Hand auf die Arbeitsplatte und sah sie an.
    »Ich kann dich ja verstehen«, sagte er unvermittelt. »Ich hab nämlich diesen Alek Peach im Park gesehen.«
    »O Gott.« Benedicte fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht und setzte sich auf das Sofa. »Wann?«
    »Heute Abend, als ich zusammen mit Josh und dem Hund unterwegs war. Ich hab extra nichts davon gesagt, weil ich dich nicht

Weitere Kostenlose Bücher