Die beiden Nachtwächter
Ammer-
stadt auch so einen?“
„Den kenne ich; das ist ja der alte Bottich, in dem die
Schweden ’mal den Kaplan ersäuft haben! Heiliger Knie-
riem, wie komme ich denn eigentlich nach Wummers-
hausen?“
„Das wird Er am Besten wissen!“
„Freilich, nun kann ich mirs denken. Aber Er, wie
kommt denn Er hierher?“
„Ich? Na, bei Euch rappelts wirklich ganz gewaltig. Ich
wohne ja hier!“
„Aber Er war ja vorhin in Ammerstadt, und ich habe Ihn
arretirt!“
„Arretirt? Mich? Da ist Er wohl betrunken gewesen und
hat solch dummes Zeug geträumt!“
„Nicht? Nun hört mir aber Alles auf, ja, gradezu Alles.
Das geht mir im Kopfe herum wie eine Häckselmaschine!“
„Da weiß man doch nun wenigstens, was er im Kopfe
hat. Aber jetzt mache Er mir keine Sperenzien mehr, und
komme Er mit! Er verschlimmert sich nur seine Lage.“
Das war dem auf seine gute Amtsführung so stolzen
Hillmann zu viel. Er knickte zusammen und legte sich aufs
Bitten. Bachmann schritt lange neben ihm her, ohne eine
Antwort zu geben. Endlich aber blieb er vor einem Hause
stehen, zog einen Schlüssel hervor und öffnete die Thür.
„Da kommt herein! Ich wohne hier, und wir wollen die
Sache besprechen!“ Unter der Stubenthür blieb er über-
rascht stehen: Am Tische saßen seine Frau, Minna und
Eduard beim Kaffee. Die Erstere sprang sofort empor und
kam auf ihn zugeeilt.
„Aber sag mir doch um aller Welt willen, Mann, wo
steckst Du denn? Nach Vier sollst Du kommen, und jetzt
ist es fast um Sieben!“
„Amtsgeschäfte, Amtsgeschäfte, Mutter; konnte beim
besten Willen nicht eher!“
Auch Hillmann blieb an der Thür stehen und betrach-
tete mit weit aufgerissenem Munde und zornblitzenden
Augen die Anwesenden. Er schien erst gar nicht glauben zu
wollen, was er sah, dann aber trat er mit raschen Schritten
zum Tische und rief:
„Kerl, was machst denn Du in Wummershausen — und
hier in dieser Stube?“
Eduard war so erschrocken, daß er nicht augenblick-
lich zu antworten vermochte. Aber das war auch gar nicht
nothwendig, denn Bachmann nahm für ihn das Wort:
„Hört ’mal, Vater Hillmann, setzt Euch nieder und laßt
ein verständiges Wort mit Euch reden!“
„Ach was da — ich mag Euer verständiges Zeug ja gar
nicht hören! Der Junge gehört nicht hierher, und aus der
Geschichte wird nichts, ein für Allemal!“
„Ein für Allemal? Bedenkt wohl, was Ihr sagt!“
„Ein für Allemal!“ klang die bestimmte Antwort.
„Gut! Dann nehmt Eure Mütze wieder und kommt mit.“
Er griff nach dem Spieße und schritt dem Ausgange zu.
Hillmann blickte ihn verlegen an.
„Aber, Bachmann, ich denke, wir wollen die Sache be-
sprechen, wie Ihr vorhin sagtet!“
„Ganz richtig; aber da Ihr ‚mein verständiges Zeug gar
nicht hören wollt‘, so sehe ich nicht ein, weshalb ich Euch
nicht in Arrest bringen soll. Vorwärts marsch!“
„Arrest! Was ist denn los?“ riefen die Andern er-
schrocken.
„Das ist unsre Sache,“ antwortete Bachmann, „und geht
Euch Nichts an. Ich sage aber so viel: wenn er in fünf Minu-
ten nicht seine Einwilligung gegeben hat, daß aus Eduard
und Minna ein Paar wird, so stecke ich ihn ohne Gnade
und Barmherzigkeit ins Loch!“
Mit dem Spieße drohend, schritt er in energischer Hal-
tung in der Stube auf und ab und declamirte — natürlich
nun mit anderer Anwendung — das Selbstgespräch, wel-
ches Hillmann vorhin im Omnibus gehalten hatte:
„Na, freue Dich, Dreizehnter, wenn Dich nachher der
Vierzehnte durch die Gassen führt. Und ins Blatt kommen
muß der Spaß, gedruckt werden muß er, das thue ich gar
nicht anders, und wenn ichs selbst bezahlen sollte!“
Jetzt wurde es dem guten Hillmann doch etwas schwühl
unter dem Kamisol. Er sah, daß jetzt Ernst gemacht wurde
und er nun wirklich Gefahr lief, ganz schrecklich blamirt zu
werden. Das Wort wollte nicht heraus; es würgte und würgte,
brannte ihn auf der Zunge, aber endlich kams doch:
„Heiliger Knieriem, ist das eine Noth. So habe ich mein
Lebtage nicht in der Tinte gesteckt; aber wenns denn nun
sein muß, so mögen sie sich einander in drei Teuf – na, in
Gottes Namen heirathen. Aber das bitte ich mir aus: Von
der Omnibusgeschichte darf kein Mensch ’was hören!“
„Einverstanden!“ rief Bachmann und hielt ihm die
Hand hin. „Topp, schlag ein, Bruderherz. Du sollst sehen,
daß ich das Maul halten kann — natürlich nur so lange,
als ich mit Dir zufrieden bin. Schreib Dir
Weitere Kostenlose Bücher