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Die beiden Nachtwächter

Die beiden Nachtwächter

Titel: Die beiden Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die
    Motten, die unglückseligen Motten, die haben den Amts-
    pelz der Hillmänner von jeher zu ihren Sommerlogis ge-
    macht, und da sie immer eine besondere Vorliebe für die
    untere Parthie desselben hatten, so waren dort regelmäßig
    mit Anfang Dezember die Haare verschwunden, der zer-
    fressene Streifen mußte abgeschnitten werden, der Pelz
    wurde von Jahr zu Jahr kürzer und stieg endlich an der
    langen Gestalt seines jetzigen Besitzers so weit in die Höhe,
    daß zwischen seinem untern Saume und der Hosenschnalle
    ein zärtliches Verhältniß entstand, welches bei den Ange-
    hörigen des Nachtwächters ein solches Aergerniß erregte,
    daß sie sich entschlossen, dem Gatten und Vater einen
    neuen Pelz zum heiligen Christe zu geben.
    Da aber waren sie schön angekommen, denn der Be-
    schenkte erblickte in der Liebesgabe eine Realinjurie auf
    das bisher so heilig gehaltene Erb-Mottenquartier und be-
    fand sich eben jetzt dabei, diesem Letzteren eine feurige
    Lobrede zu halten.
    „Ja ja, so gehts! Zwölf Hillmanns, hört Ihrs, ein ganzes
    Dutzend Hillmanns sind hinter einander Nachtwächter ge-
    wesen und haben den Schafpelz getragen und in Ehren ge-
    halten; Keinem ist er zu kurz gewesen, und mir auch nicht,
    denn was ihm eigentlich an der Länge fehlt, das habe ich
    zu viel, und nun plötzlich soll er nicht mehr gut genug sein.
    Heiliger Knieriem, ich weiß schon, worauf das hinzielt!“
    „Worauf anders solls denn hinzielen,“ sprach die Frau,
    welche am Tische saß und strickte, „als daß Du des Nachts
    nicht mehr so frieren sollst!“
    „Frieren? Wer hat Euch denn weiß gemacht, daß michs
    friert, mich, den dreizehnten Hillmann? Nichts da — mich
    macht Ihr nicht dumm! Weil der Bachmann, der Groß-
    thuer, vor’m Jahre von seinem Mädel einen neuen Pelz ge-
    kriegt hat, soll ich nun auch mich mit einem so unnützen
    und theuren Dinge in der Welt herumschleppen. Heiliger
    Knieriem, daraus wird nichts! Euch zu Liebe will ich ihn
    heut noch einmal anziehen, dann aber ists ab!“
    „Ich weiß gar nicht, was Du nur immer mit dem Bach-
    mann hast! Der wohnt in Wummershausen und Du in Am-
    merstadt; Ihr geht Euch einander nichts an, und — — “
    „Thu doch nur nicht, als ob Du nichts wüßtest! Aber
    Ihr sollt Euch alle Beide doch verrechnet haben mit
    Euern saubern Plänen, die Ihr da hinter meinem Rücken
    schmiedet!“
    „So! Was wären denn das wohl für Pläne?“
    „Höre, bringe mich nicht in die Wolle zum zweiten Feier-
    tage! So eine Frau thut, als könne sie kein Wässerchen trü-
    ben, und dabei hat sie es hinter den Ohren und hilft dem
    Jungen noch in seinen Dummheiten.“
    „Aha, jetzt komme ich auch an die Reihe!“ klang es vom
    Fenster her, wo der Sohn Hillmanns, ein hübscher, kräfti-
    ger, etwa zweiundzwanzig jähriger Bursche stand.
    „Ja freilich kommst Du auch noch an die Reihe, du Tau-
    genichts — oder willst Du mir etwa sagen, von wem Du
    die schönen gestickten Hosenträger gestern geschenkt be-
    kommen hast?“
    Der junge Mann konnte eine leichte Röthe nicht ver-
    bergen, welche sein Gesicht überzog, und verzichtete auf
    eine Antwort.
    „Nun? warum wirst Du roth? Warum stehst Du nicht
    Rede und Antwort? Nicht wahr, ich habs getroffen? Denkst
    Du denn, ich hätte das M. B. nicht gesehen, was mit drauf-
    gestickt ist, und wüßte nicht, daß das ‚Minna Bachmann‘
    heißen soll?“
    „Aber was hast Du denn eigentlich gegen das Mädchen?“
    fragte der Sohn.
    „Gegen das Mädchen? Heiliger Knieriem, nicht nur gegen
    das Mädchen habe ich was, sondern die ganze Sippschaft
    kann mir gestohlen werden! Ihr Alter bildet sich Wunder
    ’was darauf ein, daß er der vierzehnte Bachmann ist und
    ich erst der dreizehnte Hillmann; ein einziger Bachmann
    wäre ebenso viel werth wie zehn Hillmänner, hat er gesagt,
    und über meine neue Schnarre hat er sich auch sehr lustig
    gemacht und mich deshalb einen Bretzeljungen genannt.
    Soll ich das etwa ruhig hinunterschlucken? Uebrigens
    sind schon zur Zeit des starken August die Hillmänner
    den Bachmännern nicht grün gewesen; im siebenjährigen
    Kriege haben zwei neben einander gedient und sich we-
    gen eines Mädchens bald todtgeschlagen; nachher, als die
    Franzosen gekommen sind, ists wieder so gewesen; da ist
    in der Schlacht bei Leipzig ein Hillmann — und das war
    der Großvater, Gott habe ihn selig — mit übergegangen,
    und ein Bachmann — das war auch dem Jetzigen sein
    Großvater — bei Napoleon geblieben, und das hat

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