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Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Titel: Die beiden Seiten der Münze (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Ladan
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wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, eigentlich fand sie nichts an ihrem Leben wissenswert.
     
    „Was tut sich so in deinem Kopf?“ „Was soll sich da tun?“ Lynn war nicht sicher, worauf er hinauswollte. „Ich will wissen, was da drin ist.“ Er tippte leicht gegen ihre Stirn.
     
    Lynn erinnerte sich plötzlich an eine Vorstellung, die sie in ihrer Kindheit gehabt hatte. „Mir fällt da etwas ein, jetzt wo du so fragst. Als ich ein kleines Kind war, bevor meine Eltern sich getrennt haben, habe ich mir da in meinem Kopf eine Art Rückzugsort geschaffen. Da konnte ich hin und da hat mich niemand gefunden.“ Lynn lachte nervös „Das ist kindisch und blöd.“ „Erzähl mir trotzdem davon“ forderte er sie auf.
     
    Sie fühlte sich unbehaglich.  Es widerstrebte ihr, mit einem Fremden über so private Dinge zu reden, aber es kam ihr so vor als bohrte sich sein Blick in ihren Kopf. Wie eine Marionette die an Fäden gezogen wurde, begann sie zu sprechen:
     
    „Stell dir vor, in meinem Gehirn befindet sich ein kleiner Raum. In diesem Raum gibt es zwei runde Fenster, durch die ich meine Umgebung sehen kann – also meine Augen. Wenn ich mich dorthin zurückziehe, dann sitze ich in einem Schaukelstuhl und sehe als völlig Unbeteiligte dem Geschehen draußen zu. Ein kleines Bücherregal mit meinen Lieblingsbüchern ist da und ein Flickenteppich auf dem Boden. Der einzige andere Gegenstand ist eine alte Truhe. In dieser sind alle meine Gedanken, die niemand sonst sehen darf.“
     
    „Ich würde diese Truhe gerne öffnen und sehen, was da drin ist. Das ist sicher spannend.“
     
    Lynn verzog das Gesicht: „Sei froh, dass du da nicht hineinschauen kannst, das würde dir nicht gefallen.“ „Wenn du das glaubst...“ Er ließ den Satz unvollendet, dann wechselte er plötzlich das Thema.
     
    „Magst du Rotwein?“ Cedric starrte ihr wieder in die Augen. „Komm mit zu mir.“ Ein anzügliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
     
    Lynn hatte auf einmal ein unangenehmes Bauchgefühl, als ob ihr Fluchtinstinkt ihr zurufen würde: „Lauf weg!“

 
     
    Sie stand auf und meinte: „Es ist schon spät und ich muss morgen früh wieder aufstehen. Vielleicht ein anderes Mal.“ Cedric zuckte mit den Schultern „Okay, dann nicht. Bis dann.“ Und weg war er, verschwunden in der Dunkelheit. Lynn war völlig perplex. Keine Verabschiedung, kein Angebot, sie noch ein Stück zu begleiten.
     
    Je näher sie ihrer Wohnung kam, desto ärgerlicher wurde sie. Was bildete sich
     
     
    der Kerl eigentlich ein? Ein Fall für ein Telefonat mit Therese. In ihrer Wohnung angekommen, w ählte sie die Kurzwahltaste für Therese's Nummer und wartete. „Hallo“ meldete sich ihre Freundin. „Kannst du reden oder ist dein kleiner Schatz noch nicht im Bett?“ wollte Lynn wissen. „Keine Sorge, der schläft schon“ antwortete Therese. „Was gibt’s denn? Quält Martin dich schon wieder?“
     
    „Nein, das ist es nicht.“ Lynn setzte Therese über die Ereignisse seit Samstag ins Bild. „Du hast einen Typ kennengelernt“ kreischte Therese fast vor Vergnügen. „War schon an der Zeit, endlich.“
    „ So ist das nicht. Er ist irgendwie... eigenartig.“ „Was meinst du damit?“ „Schwer zu sagen. Eigentlich ist er gar nicht mein Typ. Dunkle Haare, zu dünn und nicht groß genug. Er sieht irgendwie vernachlässigt aus, zerrissene Kleidung und so. Außerdem ist er zeitweise schrecklich unhöflich und scheint es gewohnt zu sein, seinen Willen durchzusetzen. Der ist unter Garantie nicht der Richtige für mich. Vergiss es.“ Lynn war sich da sicher. Und doch... sie konnte ihn gedanklich nicht so beiseite schieben, wie sie sollte.
     
    Der Gedanke daran, warum das so war, gefiel ihr gar nicht. Der Satz: „Du hast schöne Augen“ hatte sich in ihr Gehirn eingebrannt. Lynn war offensichtlich für Schmeicheleien empfänglicher als sie gedacht hatte. Ein Kompliment konnte schließlich nicht den Rest aufwiegen. Und der Rest passte ganz und gar nicht.
     
    „Lynn?“ Therese war noch immer am Telefon. „Bist du eingeschlafen?“ Lynn riss sich zusammen: „Nein, tut mit leid, war ein langer Tag. Und ich weiß nicht was ich von Cedric halten soll.“ „Wenn du an den Märchenprinzen glaubst, dann schminke dir das besser gleich ab. Den gibt es nicht. Gib der Sache doch erst einmal eine Chance. Du wirst ja sehen, wie sich alles entwickelt.“
     
    „ Vielleicht, ich weiß nicht. Ich sollte jetzt schlafen gehen, okay?“

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