Die beiden Seiten der Münze (German Edition)
Akku. Sie hatte vergessen, das Handy aufzuladen. Dafür war jetzt aber keine Zeit. Lynn schnappte sich das Ladekabel und machte sich auf den Weg.
Gabriela wartete schon auf sie: „Lynn, gut dass du da bist. Ich muss dir etwas erzählen. Ich habe heute in der Früh zufällig ein Telefonat des Chefs mitbekommen. Herr Burgholzer hat mit jemandem gesprochen und gesagt, dass es bei uns Personalkürzungen geben wird. Weißt du etwas darüber? Hast du eine Ahnung, wen das betreffen wird?“
Lynn hatte keine Ahnung und das sagte sie Gabriela auch. Ein wenig beunruhigt war sie schon. Sie war auf ihr Gehalt angewiesen. Ein Jobwechsel war immer mühsam. Man musste sich völlig umstellen, fremde Leute kennenlernen, die Arbeit war um nichts besser und wenn man Pech hatte verdiente man weniger oder der Anfahrtsweg war weit. Lynn hoffte, dass sie nicht betroffen war. Schließlich hatte Sven sie mit dem EDV-Projekt betreut, beruhigte sie sich selbst.
In ihrem Büro steckte sie zuerst ihr Handy zum Aufladen an und drehte ihren Computer auf. Es war still im Raum, Lynn glaubte ihren eigenen Herzschlag zu hören. Zu still. Sie beschloss, das Radio aufzudrehen. Vielleicht brachte die Musik ja etwas Schwung in ihren Arbeitstag. Sie las zuerst die seit gestern eingelangten Emails. Es war nichts Wichtiges dabei. Dann startete sie ihr Buchhaltungsprogramm und begann mit der Arbeit.
Dieses Mal schaffte Lynn es tatsächlich, sich länger als nur ein paar Minuten zu konzentrieren und merkte deshalb nicht, wie die Zeit verging. Sie stellte nach einem Blick auf die Uhr erstaunt fest, dass es schon Mittag war. Lynn überlegte, ob sie in den Supermarkt an der Ecke gehen und sich etwas zum Essen kaufen sollte oder, ob Sie sich lieber ein Joghurt, das sie noch im Kühlschrank hatte, einverleiben wollte. Wenn sie im Supermarkt in der Schlange an der Kassa stand, verging dabei fast die gesamte Mittagspause und sie musste sich beim Essen hetzen.
Sie war gerade am Grübeln als die Tür zu ihrem Büro aufging und Gabriela strahlend den Raum betrat. In der Hand hielt sie eine längliche Schachtel, die in rotes Geschenkpapier eingepackt war. Man konnte Gabriela ansehen, dass sie vor Neugier fast platzte: „Lynn, das hier wurde gerade für dich abgegeben.“ Lynn fragte: „Von wem?“ „Ich weiß nicht, das heißt abgegeben hat es ein Botendienst, aber ich habe natürlich keine Ahnung, wer dir das geschickt hat. Nach Buchhaltungsunterlagen sieht das nicht aus. Steht aber kein Absender darauf.“
Lynn nahm ihr das Paket ab. Gabriela blieb stehen, anscheinend wollte sie darauf warten, dass Lynn das Paket öffnete. „Von einem Verehrer?“ mutmaßte sie. Lynn wollte ihre Kollegin schnell loswerden und legte deshalb das Paket betont gleichgültig zur Seite. Enttäuschung breitete sich auf Gabrielas Gesicht aus. Da es nicht danach aussah, als ob Lynn das Paket in der nächsten Zeit öffnen würde, gab sie auf und ging.
Als die Tür wieder geschlossen war, nahm Lynn die verpackte Schachtel wieder in die Hand. Sie konnte sich nicht erklären was das sein konnte, sie hatte nichts bestellt. Eine normale Lieferung wäre außerdem nicht in dieser Verpackung gekommen. Schnell machte sie das Paket auf.
Im Inneren lag eine einzelne blutrote Rose. Lynn runzelte die Stirn. Sie nahm die Blume heraus und bemerkte dass darunter eine kleine Karte lag. Lynn öffnete sie.
„Ich habe dir ja geschrieben, dass ich mich melden werde. Bis bald, Cedric“
Lynn's Herz klopfte bis zum Hals. Sie war sehr aufgeregt, so etwas war ihr noch nie passiert. Sie holte ein Glas Wasser aus der Küche und steckte die Rose hinein. Sie las noch einmal die Karte. Es sah so aus, als hätte Gabriela gar nicht so unrecht. Lynn hatte einen Verehrer.
Am Nachmittag war ihre ganze Konzentration dahin. Sie starrte auf ihren Bildschirm ohne richtig zu begreifen was dort stand. Eigentlich lächerlich, es war nur eine Blume, nichts Besonderes. Das sollte sie nicht so aus der Fassung bringen. 'Arbeite, Lynn, arbeite weiter.' dachte sie und versuchte, sich wieder der Buchhaltung zu widmen, jedoch ohne Erfolg. Gegen drei Uhr Nachmittag gab sie auf.
Lynn hatte noch Gutstunden, die sie abbauen konnte und so packte sie ihre Sachen zusammen. Als sie das Büro verließ, bemerkte sie aus dem Augenwinkel, dass Gabriela sich in Richtung ihres Zimmers schlich, die Neugierde war anscheinend zu groß.
Lynn beschloss, sich ein paar neue Sachen zu kaufen.
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