Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
Mutter als Nachhilfelehrerin gefeuert wurdest. Ich hoffe, Dir geht’s gut und Du wurdest nicht wieder von Autos angefahren oder von Hockeybällen getroffen. Ich hoffe, Du hast keine allzu großen Schuldgefühle Du-weißt-schon-weswegen. Hat Deine Schwester der Zeitung noch mehr von Euren Geheimnissen erzählt?
Ich habe eine neue Nachhilfelehrerin, die mir das Multiplizieren von Brüchen beigebracht hat. Aber ihre Geschichten sind langweilig. Du fehlst mir.
Deine Freundin Cassandra
Als es Zeit war, zum Ball zu fahren, kam Norrie in ihrem weißen Kleid die Treppe herunter. Sie sah so schön und erwachsen aus. Es war, als würde sie heiraten, nur dass wir nicht zur Hochzeit eingeladen waren. Miss Maura verkündete, wir würden zu Hause bleiben und unseren eigenen Cotillon feiern – den Fondue Cotillon –, nur sie und Jane und Takey und ich. Wir würden am Kamin sitzen und erst Käse-, dann Schokoladenfondue essen.
Jane und ich waren bei Matt Bowie zur »Scheiß auf den Cotillon«-Party eingeladen – Entschuldigung, Almighty, so hieß sie nun mal. Sie war für diejenigen, die nicht am Ball teilnahmen. Matt begleitete Phoebe Fernandez-Ruiz, aber seine Brüder Philip und Sean waren nicht eingeladen. Es war geplant, gegen später die Party zu sprengen, die nach dem Cotillon im Country Club stattfand. Takey drohte, uns das Hirn rauszupusten, wenn wir hingingen, denn er wollte nicht allein mit Miss Maura zu Hause bleiben. Er ist immer allein mit Miss Maura zu Hause.
Aber nachdem wir uns mit diesem ganzen Fondue vollgestopft hatten, wollten Jane und ich nur noch raus aus dem Haus. Jane war ja schon eine Weile von der Schule suspendiert und hatte lange Zeit keine ihrer Freundinnen gesehen.
Als Takey im Bett lag, fuhren Jane und ich mit dem blauen Mercedes zur Farm der Bowies. Nächstes Jahr, wenn Norrie aufs College geht, bekommt Jane den Mercedes. Dann ich. Mal sehen, ob er bis zu Takey durchhält.
Sobald wir den Expressway verlassen hatten und über dunkle Landstraßen fuhren, lehnte sich Jane im Sitz zurück und lenkte mit einem Finger. Wir sahen das Lagerfeuer aus ungefähr einem Kilometer Entfernung über Zäune und Pferdekoppeln hinweg. Manchmal, wenn wir zur Farm der Bowies fahren, versuche ich, Dich mir als Mädchen in meinem Alter vorzustellen, das zu einer Party bei der Großmutter der Bowies unterwegs ist.
Das Feld neben dem großen Haus war mit Autos vollgestellt. Wir parkten in einer weit entfernten Reihe und liefen zum Lagerfeuer. Ich hatte Aisha und Lula eine SMS geschrieben und sie hatten versprochen, zu kommen, waren aber noch nicht da.
Das große Haus war weihnachtlich geschmückt, rings um die Fenster hingen weiße Lichterketten und an jeder Tür ein duftiger Kranz aus Immergrün. Der Teich war zugefroren und wurde von Scheinwerfern angestrahlt. Ein Mädchen drehte Pirouetten auf dem Eis, während sechs Jungs um einen Hockeypuck rangelten und mit Holzstöcken nacheinander schlugen. Am Lagerfeuer verteilte Katie, Philip Bowies Freundin, Marshmallows zum Rösten und schenkte aus einer großen Thermoskanne heiße Schokolade aus.
Janes Freundin Bridget Planlos kam herüber und sagte zu ihr: »Endlich bist du da. Keiner redet mit mir. Komm, wir gehen rein und schauen, ob Sean hier ist.«
Jane sah mich an. »Willst du mitkommen? Und schauen, ob du Lula findest?«
»Schick sie raus, wenn du sie siehst«, sagte ich. Ich wollte draußen sein und ins Lagerfeuer starren. Ich spießte zwei Marshmallows auf einen langen Stock, den ich über die Flammen hielt, bis sie Feuer fingen. Dann pustete ich die Marshmallows aus und aß die angekokelten Überreste. Ich lief zum Teich hinüber, um den Schlittschuhläufern zuzusehen. Es war lustig, wie die Schlittschuh laufenden Jungs um das Mädchen herumfuhren, das sich zu einer imaginären Musik drehte und so tat, als wäre sie ganz allein auf dem Eis. Anschließend ging ich ins Haus. Lula und Aisha mussten mittlerweile eigentlich angekommen sein.
So war es auch. Sie tranken Cider vor dem großen Steinkamin. »Weißt du noch, wie du in dieses Loch bei mir zu Hause gefallen bist?«, fragte Lula. Das Haus war vor ein paar Monaten fertig geworden und dieser bodenlose Raum hat mittlerweile auch einen Boden. Er ist ein Musikstudio mit Spezialakustik und es gibt sogar ein paar Aufnahmegeräte. Lulas kleine Schwester nimmt ihr Flötenspiel sehr ernst.
»Das war so krass«, sagte Aisha.
»Ich erinnere mich«, sagte ich.
»Kommt mir vor, als wäre es ewig her«,
Weitere Kostenlose Bücher